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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Shannon das Rauschen der Dusche. Er wollte das Gebäck nicht zu früh in den Toaster stecken, also trat er hinaus auf den Balkon. Sein Auto stand direkt unter ihm am Gehsteigrand. Links von ihm drang Licht aus einer zweiten Balkontür, also nahm er an, daß dort Chastains Schlafzimmer war.
    Shannon mußte an seine eigene Wohnung denken, an die schmutzige Kleidung, die überall auf dem Boden herumlag, an das benutzte Geschirr im Spülbecken und die dicke Staubschicht auf Regalen und Schränken. Wenn er mal ein Mädchen erwartete, mußte er immer rasch Kleidung unters Bett oder in den Schrank stopfen, das schmutzige Geschirr im Backrohr verstecken und den schlimmsten Staub wegblasen, und er brauchte eine ganze Dose Luftverbesserer, um den Gestank seiner Socken wenigstens für eine Weile aus der Wohnung zu bekommen. Chastain konnte jederzeit ’ne Puppe mitbringen, ohne sich Gedanken über den Zustand seiner Bleibe machen zu müssen.
    Mann, so müßte man leben. Nichts Luxuriöses, alles war alt wie Methusalem, aber er würde wetten, daß Chastain die Puppen anzog wie Speck die Mäuse. So, wie er sich anzog, wie er lebte... die Weiber liebten so was. Shannon lehnte sich nachdenklich an die Balkonbrüstung. Er mochte sich ja keine Wohnung im Viertel leisten können, aber er konnte seine Wohnung in Ordnung bringen, ein wenig aufräumen, sich vielleicht ’n paar Pflanzen zulegen. Es brauchte ja keiner zu wissen, daß er sie selbst gekauft und nicht von ’ner Freundin geschenkt bekommen hatte. Und er brauchte unbedingt ’n paar neue Klamotten; nichts Auffälliges wie die Drogendealer, bloß ein paar gute Hemden, ein, zwei nette Jacketts. Und einen Küchencomputer. Teufel noch mal, warum nicht?
    Er war so sehr in seine Pläne vertieft, daß er nicht hörte, wie die Dusche abgestellt wurde. Ein paar Minuten später zuckte er überrascht zusammen, als Chastain auf den Balkon trat, frisch rasiert, das kurzgeschorene schwarze Haar noch feucht von der Dusche. Er knöpfte sich gerade ein kurzärmliges weißes Hemd aus hauchdünnem Stoff zu.
    »Ach verflucht«, sagte Shannon ungehalten. »Ich hab den Kuchen vergessen.«
    »Hab ich schon erledigt«, meinte Chastain.
    Shannon war so verlegen, daß er sich zu einer Erklärung genötigt fühlte. »Ich hab bloß - Mann, ich find’s richtig toll hier, weißt du? Das Haus und all das. Und ich hab gesehen, wie du mit den Augenzeuginnen umgegangen bist, als ob du sie jeden Augenblick in den Arm nehmen und >ist ja schon gut< sagen wolltest. Weiber mögen so was, stimmt’s? Ich mein, dreißig Sekunden von dem Mist, und die Heulsuse hat den Hahn abgedreht und zu plappern angefangen. Ich dachte schon, sie würd sich dir jeden Moment an den Hals werfen.«
    »Sie hatten ein wenig Fürsorge verdient«, erklärte Chastain ruhig. »Sie haben nichts angestellt und waren ziemlich außer sich. Sie sind es nicht gewöhnt, Dinge wie diese zu sehen, etwas, das für uns schon fast Normalität ist.« Drinnen entledigte sich der Toaster geräuschvoll seines Inhalts, und die beiden Männer gingen hinein.
    Chastain holte zwei Tassen aus einem Oberschrank und schenkte sie mit Kaffee voll. Er hatte ihn stark gemacht, so wie es in New Orleans üblich war, und in der ganzen Küche duftete es nach dem bitteren Aroma. Dann legte er die beiden Küchlein auf zwei Tellerchen, bestäubte sie mit Puderzucker und reichte sie Shannon, während er zwei Gabeln aus einer Schublade holte. Shannon stellte die Tellerchen auf den Holztisch. »Die sind aber nicht gekauft«, rutschte es ihm heraus.
    »Eine Freundin -«
    »- macht sie für dich«, ergänzte Shannon seufzend.
    »Yep. Sind ’n verdammt guter Ersatz, wenn ich keine Zeit für ein richtiges Frühstück hab.«
    »Wie viele Freundinnen hast du denn?«
    »Ich habe eine Menge weiblicher Freunde, aber ich gehe nicht mit allen von ihnen aus.«
    Shannon verstand die Botschaft. Ein Gentleman prahlt nicht mit seinen Liebschaften.
    Diese wenigen Stunden mit Chastain waren die reinste Offenbarung für Shannon. Ihm bei der Arbeit zuzusehen, zu beobachten, wie er mit Augenzeugen umging, wie er lebte, sich kleidete und benahm - genau so mußte ein Mann sein. Diese Erkenntnis traf Shannon wie ein Blitzschlag. »Ich wette, du machst Frauen die Tür auf, stimmt’s?«
    »Natürlich.«
    Natürlich. Da war’s wieder. Das war sie, die Einstellung. Die richtige Einstellung war alles. Shannon war fasziniert. Wenn er sich nur ein wenig änderte - ja, er konnte die Weiber schon Schlange

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