Vor Jahr und Tag
nachzugehen, als er dies gewöhnlich tun würde. Erstmal wollte er rausfinden, wo dieser Typ die Glock 17 herhatte. Ungereimtheiten wie diese brachten ihn nämlich einfach auf die Palme.
5
»Wie sind Sie die Leiche losgeworden?«
»Haben seinen Mietwagen rüber nach Mississippi gefahren, ihn reingesetzt, alles abgewischt. Wir haben’s so hingedreht, daß es wie’n Raubüberfall aussieht. Man wird ihn in ein, zwei Tagen finden.«
»Waas?« Der Mann, der in einem massigen Ledersessel saß, der wohl so viel gekostet haben mußte wie ein durchschnittliches Auto, beugte sich fassungslos vor. »Warum zum Teufel haben Sie ihn nicht in irgendeinen Bayou geworfen, wo ihn die Krokodile kriegen können?« Er war wild erzürnt.
Der vor ihm stehende Mann schüttelte geduldig den Kopf. »Sie wollen doch nicht, daß den Schnüfflern einer der Ihren abgeht und sie überall die Nase reinstecken. Da sind schon die seltsamsten Dinge passiert, glauben Sie mir.«
»Medina gehörte zum CIA, und die Agency hat im Inland nirgends ihre Nase reinzustecken.«
Theoretisch ja, aber waren Gesetze nicht dazu da, um übertreten zu werden, dachte der zweite Mann müde. Sicher, die Agency durfte nicht innerhalb der Staatsgrenzen operieren, aber wußte nicht jeder, der nicht total naiv war, daß es trotzdem passierte? Natürlich nur inoffiziell. Er machte sich nicht die Mühe, auf einen solchen Blödsinn zu antworten, und sagte nur: »Nach Medina zu suchen ist nicht dasselbe, wie eine Operation durchzuführen. Und Medina war ein Vertragsagent, er gehörte nicht wirklich zur Company, sondern hat auch noch für andere Leute gearbeitet. Nein, die CIA macht mir keine Kopfzerbrechen. Lassen Sie sie die Leiche finden, damit sie wissen, was mit ihm passiert ist. Sie sagen, Medina wäre ein richtig gemeiner Hurensohn gewesen, aber soviel ich gehört hab, konnte er seinem Sohn nicht das Wasser reichen. Also den Junior möchte ich lieber nicht rumschnüffeln haben.«
»Ich hab nie was von einem Sohn gehört«, meinte der erste stirnrunzelnd. Er warf einen Blick auf das gerahmte Foto auf seinem Schreibtisch, auf die lieben, lachenden Gesichter. Seine Familie ging ihm über alles. Als junger Mann hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als seinen Vater stolz auf sich zu machen. Von Rick Medinas Sohn durfte er nicht weniger erwarten.
»Das haben die wenigsten. Ich selbst hab auch nur ein paar Gerüchte hinter vorgehaltener Hand gehört, und das, weil ich in der Branche zu tun hatte.«
»Können Sie rausfinden, wo er lebt, wie er aussieht?«
»Nichts zu machen.« Der zweite Mann schüttelte den Kopf. »Dazu fehlen mir die nötigen Kontakte, und selbst wenn ich sie hätte, würde mich eine solche Anfrage innerhalb einer Stunde das Leben kosten. Ich sag Ihnen, lassen Sie die Sache von jetzt an auf sich beruhen. Tun Sie nichts, das Aufmerksamkeit auf uns lenken könnte.«
»Und wenn Sie nun einen Fehler gemacht haben, einen Fingerabdruck übersehen oder etwas Derartiges?«
»Hab ich nicht. Wir alle trugen Handschuhe, haben uns der Waffen entledigt, unsere Sachen verbrannt. Es gibt nichts, das uns mit Medina in Verbindung bringen könnte. Wenn Sie so nervös deswegen sind, hätten Sie einen anderen für den Anschlag auf Whitlaw nehmen sollen.«
»Kein anderer kam auch nur annähernd an ihn ran. Er war einfach zu gut. Ich brauchte jemanden, der genausogut war.« Und dieser Jemand war Rick Medina gewesen. Zu schade. Ein Mann ohne familiäre Bindungen wäre viel einfacher gewesen - niemand, der sich um ihn scherte, nicht mal die Cops. Medina bedeutete Komplikationen, aber dagegen konnte man nun mal nichts machen, besonders jetzt nicht mehr. Wenigstens hatte er den Job über die Bühne gebracht, etwas, das all die anderen Clowns nicht bewerkstelligt hatten. Er hatte sich eine gute Story ausdenken müssen, um Medina auf Whitlaws Fährte zu hetzen, aber sobald letzterer einmal aus dem Weg geräumt war, mußte leider auch Medina dran glauben, denn falls er je herausgefunden hätte, daß er benutzt worden war - also dann hätte man sich auf ziemlich häßliche Dinge gefaßt machen müssen.
Der erste Mann erhob sich seufzend und trat langsam an die deckenhohen Fenster, von wo aus man einen weiten Blick über den makellosen englischen Rasen hatte. Nichts an diesem Besuch war geeignet, unnötiges Interesse zu erregen, denn es war normal, daß er einen dauernden Strom von Besuchern empfing, ein ständiges Kommen und Gehen, Leute, die ihn um einen Gefallen
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