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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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umsteigen müßten. »Aber es geht mir gut; die Beerdigung war gestern, und ich bin heute früh wieder hier angekommen.«
    »Wirklich? Ich hab die Todesanzeigen überflogen, aber nichts gefunden.«
    »Ich habe ihn in Louisiana begraben lassen. Ich hatte keine Grabstelle hier für ihn, und einer der Detectives schlug vor, ihn vorläufig dort zu begraben. Mom hätte sicher an seiner Seite begraben werden wollen, aber neben ihr ist kein Platz mehr, also muß ich mir eine andere Grabstelle suchen und beide verlegen lassen -« Ihre Stimme verklang. Sie war ein wenig überrascht über sich selbst. Sie mochte Judy, ja betrachtete sie als eine Freundin, aber es war so gar nicht ihre Gewohnheit, mit anderen über ihre Privatprobleme zu sprechen, nicht mal mit Piper, und die war ihre engste Freundin. Aber offenbar brachte sie die bloße Erwähnung von Marc schon so durcheinander, daß sie nicht mehr richtig denken konnte; ihr Herzschlag legte den Renngang ein, ihr Magen zog sich zusammen, ihre Brüste verhärteten sich, und ihr Mund wurde wässrig. Eine Mischung aus Panik und sexueller Erregung lautete ihre Diagnose, genau dieselben Symptome, mit denen sie heute morgen in seinem Bett aufgewacht war.
    »Mensch, das ist ganz schön hart«, bemerkte Judy mitfühlend. »Ah, es tut mir leid, daß ich dich danach fragen muß, aber hast du vielleicht eine Kopie der Todesurkunde oder einen Ausschnitt der Todesanzeige aus einer der Zeitungen von New Orleans? Eins davon bräuchte ich, damit du für die zwei Tage Sonderurlaub deinen Lohn kriegst.«
    »Ich hab ’ne Kopie von der Todesurkunde.« Marc hatte sie für sie besorgt. Sie wußte nicht, wie lange es normalerweise gedauert hätte, aber er hatte jemandem in der Verwaltung der Pathologie Honig ums Maui geschmiert, damit die Sache beschleunigt wurde. Ihr Herzschlag machte einen zweiten Sprint. Honig ums Maul zu schmieren wäre gar nicht nötig gewesen, bei ihm genügte es, wenn er mit seiner herrlichen Mitternachtsstimme darum bat, und wenn es sich bei dem Büroangestellten um eine Dame handelte, dann würde das Gewünschte im nächsten Augenblick auf dem Tisch liegen.
    »Gut. Das erspart uns eine Menge lästigen Ärger. Bist du sicher, daß du schon wieder arbeiten kannst?«
    »Ja, ganz sicher.«
    »Also gut, dann kann ich dich heute abend wirklich gebrauchen. Komm zur gewohnten Zeit.«
    Nachdem das geklärt war, blickte sich Karen nach etwas anderem um, das sie erledigen konnte. Als sie das Wohnzimmer betrat, blinkte ihr das rote Lämpchen am Anrufbeantworter beharrlich entgegen. Sie ignorierte es und ging statt dessen in die Küche, um sich ein Sandwich zu machen. Dann tat sie etwas, wozu sie nur in den seltensten Fällen Zeit hatte: Sie setzte sich vor den Fernseher und legte die Füße hoch. Auf dem Discovery Channel lief eine Sendung über Innendekoration. Da ihrem Apartment ein wenig Innendekoration wirklich guttäte - Auspacken zum Beispiel wäre ein Anfang -, sah sie sich die Sendung an, während sie ihr Sandwich aß.
    Sie war davongelaufen, einfach davongelaufen. Wie der größte Feigling, den es gab, hatte sie sich aus der Wohnung geschlichen, während Marc unter der Dusche war. Ihr taten die Füße immer noch weh von dem neun Block langen Sprint zum Hotel in den hochhackigen Pumps. Sie hatte ihre Sachen einfach in den Koffer gestopft, in der Lobby unten angerufen, um sich telefonisch abzumelden, und war dann aus dem Zimmer gehetzt, wobei sie inständig hoffte, daß er nicht unten in der Eingangshalle auf sie wartete. Sie konnte ihm einfach nicht ins Gesicht sehen; nie im Leben hatte sie sich so geschämt. Natürlich konnte es gut sein, daß ihm ihr Verschwinden völlig egal war, ja daß er vielleicht sogar erleichtert war, sie los zu sein, aber sie hatte lieber nichts riskieren wollen.
    Sie war im oberen Parterre aus dem Aufzug gestiegen und hatte ihren Koffer lieber die letzte Treppe herunter geschleppt, als Gefahr zu laufen, ihm vor den Aufzügen im Erdgeschoß in die Arme zu laufen. Das Hotel hatte sie dann durch einen Seitenausgang, der zum großen Parkplatz führte, verlassen und war in ein Taxi gestiegen, das ihr ein freundlicher Hotelpage herangewinkt hatte.
    Sie hatte Glück; er wußte nicht, mit welcher Fluglinie sie flog. Und außerdem mußte er zur Arbeit. Und dennoch, als die Lautsprecherstimme ertönte und eine Miss Karen Whitlaw bat, an eins der kostenfreien Flughallentelefone zu kommen, tat sie es nicht, weil sie fürchtete, er könne doch hier sein anstatt

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