Vor Jahr und Tag
sie beide angeblich auf derselben Seite standen, spielte keine Rolle; Vinay ließ sich von niemandem zu unüberlegten Äußerungen bewegen. Sobald er wußte, was der Senator wollte, würde er auch wissen, wie er sich zu verhalten hatte.
Unglücklicherweise redete Senator Lake gerne um den heißen Brei herum, bevor er zum Kern einer Sache kam. »Also, das ist der heißeste Sommer, so weit ich mich erinnern kann«, sagte er und lehnte sich in seinen butterweichen Ledersessel. »Eine schreckliche Hitze. Normalerweise mache ich im August Urlaub -«
Als ob das nicht jeder von diesen Politikheinis täte, dachte Vinay.
»- um vielleicht ein bißchen Forellenangeln zu gehen. Angeln Sie eigentlich, Frank?«
»Schon seit Jahren nicht mehr.« Er war viel zu sehr damit beschäftigt, einige von diesen ekelhaften ismen in Schach zu halten, wie Kommunismus und Terrorismus.
»Sie sollten wirklich versuchen, ein wenig mehr rauszukommen. Das Fischen bringt einen wieder in Kontakt mit der Natur. Man bekommt ein paar unberührte Fleckchen zu sehen und erinnert sich wieder daran, daß der Großteil der Amerikaner auf dem Land lebt, nicht in den großen Städten. Unsere Medien sind so mit den Problemen der Städte beschäftigt, daß man ganz die Sorgen der kleinen Leute auf dem Land vergißt.«
Vinay machte schon den Mund auf, um ihm zuzustimmen, doch der Senator winkte ab. »Und hier sitze ich und schwätze, wo ich doch weiß, was für ein vielbeschäftigter Mann Sie sind. Also, lassen Sie uns zur Sache kommen. Einer meiner Assistenten hat mich darüber informiert, daß einer ihrer Vertragsagenten in Mississippi getötet wurde. Bitte sagen Sie mir, daß er nicht für Sie gearbeitet hat, und bitte speisen Sie mich nicht mit der alten Kamelle ab, die CIA dürfe nicht innerhalb ihrer Staatsgrenzen agieren, denn wir beide wissen, daß ein Verbot und dessen Einhaltung zwei verschiedene Dinge sind.«
Vinay reagierte mit gespielter Verblüffung, innerlich jedoch kochte er. Die einzige Art, wie die Assistenten des Senators von Rick Medina erfahren haben konnten, war aus einer Quelle innerhalb seines eigenen Departments. »Senator, es gibt keine Einsätze innerhalb unserer nationalen Grenzen, Punktum. Falls ein Vertragsagent getötet wurde - und ich habe nichts dergleichen gehört -, dann sicher in einer Sache, die mit uns nichts zu tun hatte.«
»Sie haben nichts davon gehört?« Jetzt wirkte der Senator verblüfft. »Aber -«
»Wir beschäftigen eine Menge Vertragsagenten. Diese Leute sind auch für andere Länder tätig, wie Sie sicher wissen, wenn sie nicht für uns arbeiten. Vielleicht hatte diese Person ja einen Auftrag, dann aber sicher nicht von uns, und falls das der Fall war, dann habe ich auch keine Informationen darüber. Was ist’s also?«
»Was ist was?«
»Handelt es sich um einen Mann oder um eine Frau?«
»Oh - um einen Mann. Sie haben wirklich nichts davon gehört?«
»Wie ich schon sagte, wenn es die Agency nicht betrifft, gibt es auch keinen Grund für mich, darüber informiert zu
sein.«
»Man hat mir gesagt, der Sohn dieses Mannes ist einer Ihrer Leute.«
Der Senator hatte zu verdammt viel gehört, dachte Vinay grimmig. Und falls er tatsächlich erwartete, daß Vinay einen seiner Top-Agenten preisgeben würde, dann erwartete er auch zu verdammt viel. »Ist möglich, aber solange der Tod nichts mit einem unserer Einsätze zu tun hat -« Er zuckte mit den Schultern, um zu zeigen, wie unwichtig der Tod eines Vertragsagenten für ihn war.
Senator Lake warf einen Blick in eine Akte. »Der Agent hieß Rick Medina. Kommt Ihnen der Name irgendwie bekannt vor?«
»Rick Medina!« Vinay markierte glaubwürdig den Schockierten. »Sind Sie da ganz sicher?«
»Meine Quelle ist sehr zuverlässig«, entgegnete der Senator ein wenig steif. Er war es nicht gewohnt, daß man sein Wort in Frage stellte.
»Ich habe Rick seit Jahren gekannt - nicht sehr gut, das tat niemand, aber er war einer unserer zuverlässigsten Vertragsagenten. Verdammt!«
»Kennen Sie seinen Sohn auch?«
»Rick hatte keine Familie«, log Vinay. »Er war der typische Einzelgänger.«
»Aha.« Aus irgendeinem Grund schien diese Antwort Senator Lake zu verwirren. »Also gut.«
Vinay erhob sich. Er war mit seiner Geduld am Ende. Und er war froh, daß Medina tatsächlich nicht für die Agency im Einsatz war, als er getötet wurde, daß er zumindest hier die Wahrheit hatte sagen können, aber der Senator wußte dennoch viel zuviel, hätte Informationen,
Weitere Kostenlose Bücher