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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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der sie mit ihm zusammen war. Das lag nicht nur an der Pistole in seinem Halfter, es lag an dem Mann selbst: groß, stark, selbstbewußt, mit harten, blitzenden Augen. Oh ja, er war hart, und sie zweifelte keine Sekunde daran, daß er auch gemein sein konnte, wenn es die Situation erforderte.
    Mit ihr war er jedoch sehr sanft umgegangen. Zuvorkommend. Höflich. Im Bett mit ihr hatte er natürlich erotische Worte benutzt; sie schloß die Augen, als sie an ein paar Dinge dachte, die er gesagt - und getan - hatte. Erregung breitete sich langsam in ihrem Unterleib aus, und sie preßte unwillkürlich die Beine zusammen. Ein Schauder überlief sie, und sie stöhnte laut auf.
    Wie bei seinem ersten Anruf spulte sie auch jetzt das Band zurück und hörte sich seine Nachricht noch mal an. Sie zuckte zusammen, als seine wutentbrannte Stimme in ihren Ohren klingelte. Sie war vor ihm davongelaufen, als hätte er sie vergewaltigt, eine Beleidigung, nachdem er sich so für sie eingesetzt hatte, egal, was er persönlich von ihr halten mochte. Da er ein Cop war, hatte er wahrscheinlich auch versucht, sie zu erwischen, um sicherzugehen, daß alles in Ordnung war. Sie war nicht mal so höflich gewesen, seinen Anruf auf dem Flughafen entgegenzunehmen. Kein Wunder, daß er fuchsteufelswild war; sie war ja selbst nicht gerade gut auf sich zu sprechen. Sicher, sie hatte ein paar ziemlich harte Tage hinter sich, ein hartes Jahr, wenn man es so betrachtete, aber das war keine Entschuldigung. Nein, überhaupt keine.
    Sie nahm den Telefonhörer und wählte, bevor sie sich noch kindischer anstellen und auf den Gedanken kommen konnte, sich etwa zu drücken.
    »Hier spricht Chastain. Hinterlassen Sie eine Nachricht.«
    Die Voice Mail. Schon wieder die verdammte Voice Mail. Karen biß enerviert die Zähne zusammen. Er verdiente eine persönliche Entschuldigung, und sie war auch bereit, sich noch ein paar Verwünschungen anzuhören, aber es konnte Tage dauern, bis sie ihn in seinem Büro erreichte. »Hier spricht Karen. Ich bin wieder zu Hause. Tut mir leid, daß ich heute früh einfach so davongelaufen bin. Es war kindisch, und ich - ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht hab, aber - ach, was soll’s. Ich hab mich richtig blöd benommen, und es tut mir leid.«
    Sie wußte nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Karen biß sich auf die Lippen und hängte auf. Sie hatte einen kalten Klumpen im Magen. Vielleicht rief er ja an, um ihr zu sagen, wie idiotisch sie sich benahm, doch wahrscheinlich würde sie nie wieder etwas von ihm hören.
    Impulsiv nahm sie die Mikrokassette aus dem Anrufbeantworter und legte sie in eine Schublade. Auch wenn er sie auf dem Band verwünschte, so war es zumindest seine Stimme. Sie konnte sie sich gelegentlich anhören, um sich daran zu erinnern, was für ein Riesenblödmann sie doch war.
    Sie legte eine neue Kassette ein und erhob sich dann unschlüssig. Sie konnte herumsitzen und darauf warten, daß das Telefon klingelte, oder sie konnte die Wäsche machen, ein paar andere Dinge erledigen und versuchen, ein wenig Schlaf nachzuholen. Sie mußte heute nacht arbeiten und hatte die Nacht zuvor nicht allzuviel Schlaf bekommen. Marc war die meiste Zeit auf ihr und in ihr gewesen.
    Sie schloß die Augen und holte tief Luft, als die Erinnerungen an ihrem geistigen Auge vorbeiglitten. Egal, was auch passierte, es war eine Nacht gewesen, die sie nie vergessen würde. Sie bedauerte eine Menge, aber für ein paar Stunden hatte sie das höchste Glück, das höchste Entzücken erfahren. Marc hatte ihr mehr davon geschenkt, als sie sich je hätte vorstellen können. Das konnte sie einfach nicht bereuen.
    Und sie liebte. Sie, die immer gedacht hatte, sie könnte alle Liebe, bis auf die zu ihrer Mutter, vollkommen abblocken, mußte nun feststellen, daß sie überhaupt nichts abgeblockt hatte. Sie liebte ihren Vater, trotz allem, was geschehen war. Und es war direkt eine Erleichterung, sich das endlich einzugestehen, sich nicht länger anstrengen zu müssen, um sich vor allem zu verschließen. Sie liebte ihn und trauerte um sein verschwendetes Leben, um die Liebe, die er von sich gewiesen hatte. Sie war ihm ähnlicher, als sie vermutet hätte, was ihre Reaktionen betraf, ihre Anstrengungen, sich vor anderen zu verschließen. Andererseits glich sie ihrer Mutter mehr, als sie vermutet hätte. Wie ihre Mutter liebte auch sie, und da hatten all ihre Mühen nichts genützt.
    Sie fürchtete, daß dies bedeutete, daß sie Marc nun für

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