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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Charles
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Sommernachtsball sehr sorgfältig geplant und gearbeitet worden, und ganz besonders im Haus Seeblick.
    Es wurde natürlich beschlossen, daß Colette als irgendeine französische Figur gehen sollte. Die dunklen Augen und Haare des Mädchens brachten Adele auf die Idee, Colette würde als Josephine sehr reizend aussehen.
    Colette aber lehnte es entschieden ab, als Josephine zu dem Ball zu gehen. Zwar stimmte es, daß Napoleon Josephine geheiratet hatte, und daß diese Heirat auch kirchlich durch einen Papst sanktioniert worden war. Aber das war in Colettes Augen lediglich Theater.
    »Josephine«, erklärte sie, »war nichts weiter als eine kleine Freundin.« Und damit hatte sich der Fall. Adele mußte nachgeben, aber sie stand dennoch vor einem Rätsel. Es war nicht das erste Mal, daß sie vor diesen bürgerlichen Ansichten Colettes kapitulierte. Diese Vorurteile waren bei Colette unumstößlich. Colette selbst wollte als Marie Antoinette gehen, aber Adele konnte sie davon überzeugen, ihre schlanke, kleine Figur und ihr Engelsgesicht würden sich besser in dem Kostüm einer Revolutionärin machen. So kam es, daß Colette mit nackten Beinen durch das kleine Zimmer lief, klein und zierlich, und mit einer Schlägermütze im Nacken, auf die eine Kokarde aufgenäht war.
    Sie sah einfach hinreißend aus.
    Bernies Kostüm war ein Staatsgeheimnis. Niemand wußte, wie es aussehen würde, bis er endlich in das Wohnzimmer hineinstürzte, in einer kurzen Tunika, Golfsocken, die an Sockenhaltern befestigt waren, und einen Helm mit zwei gewaltigen Hörnern auf dem Kopf. In seiner rechten Hand hielt er einen silbern angestrichenen Krikettschläger.
    Er rief: »Ich bin Thor.«
    »Wirklich, Liebling?« fragte Adele geistesabwesend, während sie ihr eigenes Kostüm zurecht zupfte. »Es ist kalt draußen. Die Salbe ist im Badezimmer.«
    Bernie trottete aus dem Zimmer. Sein Auftritt war hin.

    Colette betrachtete sich im Spiegel.
    »C’est bon«, meinte sie und lächelte glücklich.
    Ja, alles war bon. Und Colette hatte ganz persönliche Gründe für den Wunsch, besonders hübsch auszusehen. Michael Redfern würde dort sein und die Kostüme beurteilen. Sie wollte Michael besonders beeindrucken. Die Dinge entwickelten sich in dieser Beziehung nämlich bisher ganz und gar nicht nach ihren Vor-
    Stellungen. Er war zwar sehr nett zu ihr und lud sie auch oft zu Spazierfahrten in seinem knallroten Jaguar ein. Er küßte sie weitaus erfahrener, als Richard dies jemals getan hatte, aber irgendwie gediehen die Dinge nicht weiter, und sie hatte das merkwürdige Gefühl, er sei nicht dazu bereit, sich einfangen zu lassen. Unerwünscht überkam sie oft die Erinnerung an einen großen, schlanken, scheuen jungen Mann mit einer Brille, an den Spaß, den sie gemeinsam gehabt hatten, und vor allem daran, wie er sie ohne jedes Vorurteil wirklich gerne gehabt hatte. Die Charltons waren sehr gut zu ihr, aber in ihrem Kreis fühlte sie sich immer fremd, denn sie wußte, daß sie an diesem Leben nicht wirklich teilhatte. Auch bildete sie sich ein, die Charltons hätten insgeheim etwas gegen sie.
    Richard Widderby dagegen akzeptierte sie so, wie sie war.
    Sie sagte zu dem Spiegel: »Er ist nett. Aber er taugt nichts. Er ist arm, und Michael ist reich. Aber wenn ich Richard heute abend sehe, werde ich nett zu ihm sein.«

    Die Charltons und Denningtons gingen gemeinsam zum Ball. Sie teilten sich die Kosten für ein riesiges Taxi, das bei anderen Anlässen auch als Leichenwagen benutzt wurde.
    Bernie öffnete schwungvoll eine Tür und half Helen, Colette, Susan, Barbara und Ann auf den Rücksitz. Dann folgte Jan.
    Adele kam den Pfad heruntergelaufen, und Bernie, der galante Ehemann, half auch ihr beim Einsteigen.
    Er fragte: »Mit Andy alles in Ordnung?«
    »O ja«, lächelte Adele, »er hat den Babysitter gerade in das linke Ohr gebissen.«
    Bernie setzte sich auf den bequemen Vordersitz, dann folgte ihm noch der Pfarrer.
    Der Pfarrer von Dymstable war ein sanfter Mann.
    Er öffnete die Türe und kletterte schnell aus dem Wagen.
    Er hob Bernies Kopfbedeckung auf und überreichte sie ihm. Er sagte: »Bitte, setzen Sie in Zukunft diese diabolischen Hörner doch auf den Kopf.«
    »Entschuldigung, Herr Pfarrer«, sagte Bernie.
    Das Taxi setzte sich in Richtung auf das Gutshaus in Bewegung. Als sie in die Toreinfahrt einbogen, sahen sie, daß jedes der vielen Fenster des Herrensitzes hell erleuchtet war.
    Colette schwebte am Arm von Jan in den Ballsaal.
    Zwanzig

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