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Vor Vampiren wird gewarnt

Vor Vampiren wird gewarnt

Titel: Vor Vampiren wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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nicht, doch seine Anspannung wuchs merklich. Alexej sah den alten Römer an. Nach einem langen Schweigen nickte Appius Livius dem Jungen zu. »Aber vergiss deine Manieren nicht, Alexej«, fügte er leise hinzu. Alexej nickte einmal kurz.
    Da er nun offiziell die Erlaubnis hatte, ging der Zarewitsch von Russland zusammen mit dem Vorarbeiter einer Straßenbautruppe hinaus, um einen Tisch auf die Ladefläche eines Pick-ups zu hieven.
    Als ich allein war mit Eric und seinem Schöpfer, spürte ich einen Anflug von Furcht. Das Gefühl strömte geradewegs durch die Blutsbande, die mich mit Eric verbanden. Ich war also nicht die Einzige hier, die beunruhigt war. Die Unterhaltung der beiden Vampire schien einen toten Punkt erreicht zu haben.
    »Entschuldigen Sie, Appius Livius«, sagte ich vorsichtig. »Da Sie oft zur richtigen Zeit im richtigen Imperium waren, haben Sie da eigentlich auch Jesus gesehen?«
    Der Römer starrte in Richtung Diele, als wollte er Alexej wieder herbeizaubern. »Den Zimmermann? Nein, den habe ich nicht gesehen«, erwiderte Appius, und ich bemerkte, dass er sich bemühte, höflich zu sein. »Der Jude starb um die Zeit, als ich zum Vampir wurde. Sie werden verstehen, dass ich da mit einer Menge anderer Dinge beschäftigt war. Ich habe den ganzen Mythos sogar erst viel später gehört, als die Welt sich infolge seines Todes zu verändern begann.«
    Es wäre wirklich aufregend gewesen, sich mit jemandem zu unterhalten, der den lebenden Gott gesehen hatte ... selbst wenn er seine Geschichte einen »Mythos« nannte. Und dann kehrte auch meine Furcht vor dem Römer zurück, nicht wegen dem, was er mir oder Eric angetan hatte, oder sogar Alexej, sondern wegen dem, was er uns allen antun könnte , wenn er sich dazu entschloss. Ich hatte mich stets bemüht, nach dem Guten im Menschen zu suchen. Doch das Beste, was ich über Appius sagen konnte, war, dass er zumindest immer einen guten Geschmack bei der Auswahl seiner Vampirkinder bewiesen hatte.
    Während ich vor mich hin grübelte, erzählte Appius Eric, wie einfach es für ihn im Keller des Ipatjew-Hauses in Jekaterinburg gewesen war. Alexej hatte durch seine Wunden schon fast alles Blut verloren, und so musste er dem Jungen nur noch einen großen Schluck seines eigenen Blutes geben - mit blitzartiger Geschwindigkeit und deshalb unsichtbar für das Erschießungskommando. Dann beobachtete er aus den Schatten heraus, wie die Leichen in einen Wald geschafft und dort in eine Senke geworfen wurden. Am nächsten Tag wurde die Zarenfamilie dort jedoch wieder herausgeholt, da die Mörder einen Aufruhr befürchteten und die Spuren ihrer Tat noch gründlicher beseitigen wollten.
    »Ich folgte ihnen, sobald am nächsten Tag die Sonne untergegangen war«, sagte Appius. »Sie hatten eine Grube ausgehoben, um sie wieder zu verscharren. Alexej und eine seiner Schwestern ...«
    »Maria«, ergänzte Alexej leise, und ich fuhr zusammen. Er war völlig lautlos wieder ins Wohnzimmer gekommen und stand hinter Appius. »Es war Maria.«
    Kurz herrschte Schweigen. Appius wirkte sehr erleichtert. »Ja, natürlich, mein lieber Junge«, sagte er, und es gelang ihm sogar, sich den Anschein von Anteilnahme zu geben. »Deine Schwester Maria war schon richtig tot, aber in dir glühte noch ein winziger Funke.« Alexej legte seine Hand auf Appius Livius' Schulter, und Appius Livius tätschelte sie.
    »Sie hatten mehrmals auf ihn geschossen«, erklärte er Eric. »Zweimal in den Kopf. Ich gab mein Blut direkt in die Schusswunden.« Er drehte sich nach dem hinter ihm stehenden Jungen um. »Mein Blut wirkte so gut, weil du schon so viel von deinem verloren hattest.« Es klang, als würde er sich an glückliche Zeiten erinnern. Unglaublich, oder? Dann drehte der Römer sich wieder zu Eric und mir um. Er lächelte stolz. Aber ich konnte Alexejs Gesicht sehen.
    Appius Livius sah sich tatsächlich als Alexejs Retter. Ich war mir allerdings nicht so sicher, dass Alexej das genauso sah.
    »Wo ist Ihr Bruder?«, fragte Appius Livius plötzlich, und ich zählte sofort eins und eins zusammen und sprang auf, um nach ihm zu sehen. Erics Schöpfer wollte sichergehen, dass Alexej Jason nicht das Blut ausgesaugt und ihn draußen im Hof liegen gelassen hatte.
    Doch in diesem Augenblick kam auch Jason ins Wohnzimmer zurück; er stopfte gerade sein Handy in die Hosentasche. Unsere Blicke trafen sich. Jason war nicht der Typ Mann, dem Subtilitäten auffielen, doch es blieb ihm nicht verborgen, wenn ich mir

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