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Vor Vampiren wird gewarnt

Vor Vampiren wird gewarnt

Titel: Vor Vampiren wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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ihr Schokoladenkuchenrezept der Stadt vermacht«, sagte er und lächelte. »Ein verdammtes Rezept. Und weißt du was? Als ich es den Zeitungsfritzen brachte, waren sie so aufgeregt, als wäre Weihnachten und ich hätte ihnen die Wegbeschreibung zu Jimmy Hoffas Leiche geschenkt.«
    »Es wird in der Zeitung veröffentlicht?«, fragte ich genauso begeistert, wie ich war. Ich hätte wetten mögen, dass an dem Tag, an dem das Rezept in der Zeitung erschien, in Bon Temps mindestens hundert Schokoladenkuchen in den Ofen geschoben würden.
    »Siehst du, du bist genauso aufgeregt«, meinte Andy und klang plötzlich um fünf Jahre jünger.
    »Andy, das ist wirklich toll«, versicherte ich ihm. »Aber jetzt muss ich erst mal weiter und etwas zurückbringen.« Mit diesen Worten eilte ich über den Friedhof bis zu Bills Haus. Ich legte die CD, natürlich mit dem kleinen Post-it-Zettel drauf, oben auf den Stapel, von dem ich sie heruntergenommen hatte, und dann haute ich schleunigst wieder ab.
    Nun machte ich mir doch Vorwürfe, und das nicht nur ein- oder zweimal, nein, drei-, vier- und fünfmal. Im Merlotte's arbeitete ich wie auf Autopilot und konzentrierte mich ganz darauf, die Lunch-Bestellungen nicht zu verwechseln, alles zack, zack zu erledigen und auf die Wünsche meiner Gäste sofort zu reagieren. Mein besonderer Sinn sagte mir allerdings, dass sie trotz all meiner Effizienz nicht sonderlich froh waren, wenn ich an ihren Tisch kam. Und das konnte ich ihnen nicht mal verdenken.
    Trinkgeld gab's kaum. Tja, die Leute sind eher bereit, Ineffizienz zu verzeihen, solange man beim Trödeln nur ein Lächeln im Gesicht hat. Meine ernste Miene und mein rasches Hantieren gefiel ihnen nicht.
    Sam vermutete schon (und das bekam ich mit, einfach weil er es so oft dachte), dass ich Streit mit Eric hatte. Holly dachte, ich hätte wohl meine Tage.
    Und Antoine war ein Informant.
    Unser Koch war in eigene Grübeleien versunken, jetzt erst fiel mir auf, wie sehr er sich meinen telepathischen Fähigkeiten sonst widersetzte. Solange er es nicht vergaß. Ich wartete gerade an der Küchendurchreiche darauf, dass eine meiner Bestellungen fertig wurde, sah zu, wie Antoine einen Burger wendete, als ich direkt von ihm hörte: Ich mach doch hier nicht schon wieder früher Schluss, um mich mit dem Arschloch zu treffen. Das kann der sich sonst wohin stecken. Ich erzähl dem gar nichts mehr. Dann legte Antoine, den ich in letzter Zeit wirklich zu schätzen gelernt hatte, den Burger auf die bereitliegende Brötchenhälfte, machte alles fertig und drehte sich mit dem Teller in der Hand zu mir um. Und sah mir direkt in die Augen.
    Oh Mist , dachte er.
    »Lass uns reden, bevor du irgendwas tust«, sagte er, und jetzt war ich mir sicher, dass er ein Verräter war.
    »Nein«, erwiderte ich und marschierte umgehend zu Sam, der hinter dem Tresen Gläser abwusch. »Sam, Antoine ist irgendeine Art Spitzel der Regierung«, flüsterte ich ihm zu.
    Sam fragte nicht mal, woher ich das wissen wolle, er zweifelte keine Sekunde an meiner Aussage. Sein Mund wurde ganz schmal. »Wir reden später mit ihm«, sagte er bloß und: »Danke, Sook.« Inzwischen tat es mir leid, dass ich Sam nicht von der Werwolfleiche auf meinem Land erzählt hatte. Anscheinend tat es mir immer leid, wenn ich Sam etwas nicht erzählte.
    Ich holte mir den Teller mit dem Burger, ohne Antoine noch einmal anzusehen, und brachte ihn an den richtigen Tisch.
    An manchen Tagen hasste ich mein besonderes Talent wirklich. Und heute war so ein Tag. Als ich Antoine noch für einen neuen Freund gehalten hatte, war ich doch viel glücklicher gewesen (auch wenn das im Rückblick ziemlich naiv war). Ich fragte mich, ob irgendeine der Geschichten darüber, wie er im Louisiana Superdome den Hurrikan Katrina überlebt hatte, stimmte, oder ob das auch alles Lügen waren. Ich hatte solches Mitleid mit ihm gehabt. Und bislang hatte ich nicht den kleinsten Hinweis darauf aufgeschnappt, dass Antoine uns etwas vorspielte. Wie konnte das sein?
    Nun, zum einen lese ich nicht jeden einzelnen Gedanken jedes Menschen. Im Allgemeinen blocke ich eine Menge ab, und vor allem versuche ich, mich aus den Köpfen meiner Kollegen herauszuhalten. Zum anderen denken die Leute über heikle Themen in den seltensten Fällen auf unmissverständliche Weise nach. Ein betrogener Mann würde nie denken: Ich hole jetzt die Pistole, die unter dem Fahrersitz meines Pick-ups liegt, und schieße Jerry in den Kopf, weil er meine Frau gevögelt

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