Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)
den Verletzten vor dem Zimmer des Gastwirts Richter im ersten Stock stehen. Er suchte Herrn Richter, aber der war in der Kirche.
Ich sah, daß der Verletzte sich kaum mehr auf den Füßen halten konnte. Ich nahm ihn auf der einen Seite am Arm, und Franz Pauer, der Diener des Ingenieurs, der in der Osteria wohnte, half von der anderen Seite. So führten wir ihn nach oben in sein Zimmer und setzten ihn aufs Kanapee.
Diesmal sah ich ein Messer mitten im Zimmer auf dem Fußboden liegen. Ich hob es aber nicht auf, sondern ging in den 1. Stock hinunter. Ich war nur besorgt, daß endlich der Chirurgus käme.
Vor dem Zimmer von Herrn Richter sah ich auf dem Fußboden einen blutigen Strick. Ich hob ihn auf, um zu sehen, ob er ins Haus gehörte. Da kam schon der Bargello und nahm mir den Strick aus den Händen.›»
«Befragt, ob er den Grund wisse, warum die Person aus Nr. 9 die Person in Nr. 10 verletzt habe, antwortete er: ‹Ich weiß den Grund nicht genau, aber alle Leute sagen, daß der Mann, der den anderen verletzt hat, dessen Geld wollte, und als der ihm das nicht geben wollte, habe er ihm eine Schlinge um den Hals geworfen und ihn verletzt.›
Dem Zeugen wurden das Messer und die Schlinge gezeigt. Was er dazu zu sagen habe.
Der Kellner Andreas Harthaber sagte: ‹Das Messer, das ich sehe, ist dasselbe, das ich im Zimmer des Ermordeten auf dem Fußboden liegen sah. Ebenso ist die Schlinge dieselbe, die ich vor dem Zimmer von Herrn Gastwirt Richter auf dem Fußboden fand und die mir der Bargello abgenommen hat.
Ich muß dem Gericht noch etwas sagen. Am Abend des Tages, an dem die Person ankam, die dann in Zimmer Nr. 10 wohnte, rief mich die Person aus Zimmer Nr. 9 und befahl mir, drei Tassen Kaffee in das Zimmer Nr. 10 zu bringen. Aber der Herr in Zimmer Nr. 10 sagte zu mir, daß er keinen Kaffee wünsche und keinen Kaffee bestellt hätte.›»
«Aufgefordert, die Person des Mörders zu beschreiben, sagte der Kellner: ‹Ich könnte ihn nicht anders beschreiben als einen Mann Ende 30, eher dick als mager, der seine eigenen schwarzen Haare trug, einen Mann mit schwarzen Augenbrauen und dunklen Augen, pockennarbigem Gesicht, aufgestülpter Nase, niedriger Stirn.›»
Francesco Arcangeli, wie der Angelis mit richtigem Namen hieß, wurde auf dem Weg nach Laibach in Planina festgenommen, weil er keinen Paß besaß. Man führte ihn nach Postumia und fragte ihn, ob er ein Deserteur sei oder den Mord in Triest begangen habe. Er gestand den Mord. Jetzt wurde er nach Triest gebracht.
«Am Nachmittag des 15. Juni legte der Bargello dem Gericht einen schriftlichen Bericht vor: Etwa 3 ½ Uhr dieses Nachmittags sei er zur Großen Stadtwache befohlen worden, um einen Arrestanten in Empfang zu nehmen. Es sei ihm dort derselbe Mann übergeben worden, der am 8. dieses Monats das grausame Verbrechen an Gioanni Winckelmann begangen habe. Der Mann heiße Francesco Arcangeli, gebürtig aus Zampilli, einem Ort im Staate Florenz. Er sei in Zelle 2 des Kerkers gebracht worden.»
«Daraufhin befahl das Gericht, den Angeklagten vorzuführen.
Beschreibung: Es handelt sich um einen Mann von mittlerer Größe und entsprechendem Körperbau, mit braunem pockennarbigen Gesicht, bleich, mit eigenen nach Schwarz gehenden und hinten zum Zopf geflochtenen Haaren, schwarzen Brauen, niedriger Stirn, bekleidet mit einem Hemd von gewöhnlicher weißer Leinwand, darüber einer Weste aus hellblauer Wolle, darüber einem knielangen Matrosenmantel, alt und von grauer Farbe, einer Hose aus helltabakbraunem Tuch, Strümpfen aus grobem weißen Garn und groben alten Schuhen ohne Schnallen; in den Händen hält er einen alten schmutzigen Hut.
Zu seinen Personalien sagte der Inquisite u. a.: ‹Ich stamme aus dem Dorf Campiglio im Florentinischen. Mein Vater war an drei Schiffen in Livorno beteiligt. Als seine Geschäfte fehlgeschlagen waren, kam er nach Campiglio zurück und bearbeitete seine Ländereien. Wir waren fünf Kinder, vier Jungen und ein Mädchen. Ich bin jetzt ungefähr 38 Jahre alt. Meine Frau heißt Gioanna geborene Rachaelli. Sie ist in Venedig. Ich habe keine Kinder, bin von Beruf Koch, römisch-katholischer Religion. Nach Triest bin ich gereist, um zu sehen, ob ich hier zu einem Stück Brot kommen könnte.
Ich schloß Freundschaft mit einem gewissen Herrn Gioanni, dessen Familiennamen ich nicht weiß oder, besser gesagt, der mir nicht erinnerlich ist. Da er in der gleichen Osteria wie ich wohnte, im zweiten
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