Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Abend Ihre ach so große Macht reflektieren.
Manche Ihrer politischen Freunde und Wegbegleiter sagen, Sie hätten Ihre politische Karriere generalstabsmäßig geplant, angefangen mit Ihrer Wahl zum Bezirksvorsitzenden in Oberfranken.
|148| Das ist Quatsch, das geht gar nicht. Die erste Erkenntnis, die man in diesem Geschäft gewinnt, lautet: Politik ist nicht planbar. Ich bin damals, als ich für den oberfränkischen Bezirksvorsitz kandidiert habe, nicht davon ausgegangen, dass ich die Wahl gewinnen kann. Ich habe mir gesagt, ich habe nichts zu verlieren. Außerdem bin ich der Meinung, dass die Demokratie Alternativen bieten muss. Und da sich keine Alternative geboten hat, habe ich gesagt, dann mache ich das selber.
Macht es etwa keinen Spaß, so eine Wahl zu gewinnen?
Selbstverständlich macht einem das Freude, obwohl die Auseinandersetzungen zuweilen hart geführt werden. Aber man fragt sich auch sofort: Welche Konsequenzen hat das jetzt, welche Verantwortung muss ich tragen? Kann man der Verantwortung gerecht werden? Wird man nicht möglicherweise überschätzt? Das ist etwas, was einen ständig begleitet. Deswegen ist der Spaßfaktor schon außerordentlich begrenzt. Wenn ich gefragt wurde, ob mir mein Amt Spaß mache, habe ich deshalb immer gesagt: Von Spaß kann angesichts der Verantwortung nicht die Rede sein. Aber es gibt gewisse Elemente, die einem Freude machen.
Kann man das denn ohne Spaß durchhalten?
Ohne Humor geht es nicht, aber ohne Spaß geht es schon.
Sind Sie eigentlich wirklich so selbstbewusst oder pfeifen Sie oft einfach nur im Wald?
Das, was andere als Selbstbewusstsein wahrnehmen, kann manchmal auch nur Professionalität sein, das ist schon richtig. Es gibt Momente, in denen Sie den Eindruck |149| hinterlassen müssen, Sie sind einer Aufgabe gewachsen, obwohl Sie wissen, dass Sie noch nicht jede Verästelung einer Aufgabe verstanden haben.
Herr zu Guttenberg, Sie sehen anders aus als früher.
Ausgeschlafener.
Vielleicht, aber ich meine etwas anderes. Ich vermisse die ganze Zeit Ihre Brille, ich kenne Sie gar nicht ohne.
Böse Zungen werden sagen, jetzt ist er so eitel, dass er sich auch noch seine Augen hat richten lassen.
Sie sehen aber auch wirklich überall Fallen.
Faktisch war es so, dass es einer reizenden indischen Ärztin in den USA bedurfte, die festgestellt hat, dass ich ohne Brille vollkommen ausreichend sehen kann.
Wie ist das möglich?
Ich habe überhaupt erst seit sieben oder acht Jahren eine Brille getragen. Irgendwas in unserer Familiengeschichte muss über die Jahrhunderte dazu geführt haben, dass ich auf dem linken Auge extrem kurzsichtig bin und auf dem rechten Auge relativ weitsichtig …
… ideale Voraussetzungen für einen Berufspolitiker!
Ja, aber ganz schlecht, wenn man beide Augen gleichzeitig braucht. Jedenfalls hat sich das viele Jahre lang wunderbar ausgeglichen, ist aber während der politischen Laufbahn schlechter geworden. Nach meinem Rücktritt hat es sich wieder gebessert, so dass mir die erwähnte Ärztin gesagt hat, ich brauche keine Brille. Deshalb trage ich nur noch beim Autofahren eine. Da ist es schon besser, wenn man mit dem linken Auge etwas |150| mehr sieht als nur schwarze Klumpen, die einen überholen.
Wie kommt es, dass sich Ihr Sehvermögen wieder verbessert hat?
Man hat mir gesagt, dass sich die Augen im Alter tatsächlich verbessern können. Das war mir bisher vollkommen fremd, ich dachte, es wird immer alles nur schlechter. Von daher nehme ich das dankbar an. Und es hat nichts mit Eitelkeit zu tun: Die meisten Menschen meinen, dass mir die Brille besser steht. Das sagt meine Frau auch.
Mal abgesehen von der Brille: Ich finde, Sie sehen auch älter aus. In Ihr Gesicht schleicht sich hin und wieder ein harter Zug ein.
Ja, die vergangenen Jahre haben durchaus zu mancher Verbitterung geführt. Vor allem die letzten beiden Jahre haben Spuren hinterlassen. Das muss ich alles erst mal ergründen und verarbeiten, das wird noch eine Weile dauern. Auch auf die Gefahr hin, dass ich deswegen gleich wieder angegriffen werde: Ich bin durch das, was sich in diesem Jahr abgespielt hat, auch schwer gezeichnet. Die Erinnerung daran fällt mir nicht leicht.
|151| Kapitel 3
Politik und Parteien
»Viele kennen noch nicht einmal das kleine Einmaleins« – Wirtschafts- und Finanzpolitik
Sie arbeiten neuerdings am »Center for Strategic and International Studies«, einem Think-Tank in Washington. Passt das gut in Ihre aktuelle
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