Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
Badewanne und die letzte Nacht, in dieser Reihenfolge. Ich wollte ihn fragen: »Ich zum Beispiel?« Aber ich hatte zu viel Angst, dass er antworten würde: »Zur Hölle, Nein!« Gefolgt von: »Willst du mich auf den Arm nehmen?« Also drang ich lieber nicht weiter in ihn.
»Und was machst du dann?«
»Ich dusche kalt, oder ich hole mir einen runter wie alle anderen Typen.«
»Du bist so verfickt poetisch«, sagte ich. »Und du willst mir wirklich erzählen, dass du nicht ein einziges Mal …« Ich versuchte, den Satz zu beenden, aber ich konnte es nicht. Ich sah ihn einfach nur mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Nicht, wenn ich es vermeiden kann. So steht es im Vertrag.«
Natürlich stand es in dem beschissenen Vertrag. Ich wollte anklagend mit dem Finger auf ihn zeigen und
Siehst du, da haben wir’s
sagen. Doch ich sagte nur: »Dann hast du also in dieser ganzen Zeit keinen Sex gehabt?«
»Das habe ich nicht gesagt«, antwortete er. »Klar habe ich gevögelt – vielleicht nicht so oft, wie ich gewollt hätte. Aber nicht mit meinen Klientinnen. Fertig.«
»Du hast nie mit einer von ihnen geschlafen?«, bohrte ich weiter. »Bist nie den ganzen Weg gegangen, hast dich nie dafür bezahlen lassen? Oder hast es nie umsonst gemacht?«
»Ich hab‘s dir doch gesagt, nie.«
»Mit wem dann?«
»Mit Frauen, die ich in Clubs oder Galerien oder auf Partys getroffen habe, wenn ich nicht arbeite.«
Konsterniert wendete ich den Blick ab. Wann hatte er es dasletzte Mal gemacht? War es vor Kurzem gewesen, und er hatte mir nichts davon gesagt? Wie mochte sie wohl aussehen?
»Rufst du diese Frauen am nächsten Tag an?«
»Normalerweise nicht. Nur manchmal.«
»Rufen sie dich an?«
»Eigentlich ist es immer klar, dass es nichts Längerfristiges ist.«
»Erzählst du ihnen, dass du ein Callboy bist?«
»Manchmal.«
»Und was sagen sie dazu?«
»Es turnt sie an.«
Ich höhnte: »Kann ich mir vorstellen.«
Als er im
Borders
ein Buch über van Gogh durchblätterte, beugte ich mich über ihn.
»Küsst du deine Klientinnen manchmal?«, fragte ich ihn.
»Ich fange nicht damit an, falls du das meinst«, antwortete er, ohne von dem Buch aufzusehen.
»Aber du lässt es zu. Du gibst ihnen Zungenküsse.«
»Klar, wenn es das ist, was sie wollen.«
»Und warum hältst du mich dann davon ab?«
»Mit dir ist es etwas anderes.«
»Warum?«
»Ist einfach so.«
»Das ist eine blöde Antwort.«
»Es ist die einzige, die du kriegen wirst«, sagte er verärgert.
Frustriert suchte ich die Frauenromane ab, während er van Gogh zur Seite legte und einen Band über Mondrian in die Hand nahm.
Als wir später im
Café Dante
saßen, stellte ich ihm bei meinem Mochaccino noch eine Frage.
»Und wann hattest du deine letzte ernsthafte Liebesbeziehung?«
»Vor ein paar Jahren, glaube ich. Bevor das mit der Selbstständigkeit losgegangen ist. Seitdem habe ich nicht viel Zeit für ein Privatleben.«
»Du schaufelst dir Zeit für mich frei.«
»Das ist etwas anderes.«
»Inwiefern?« Dieses Mal stellte ich die Frage nachdrücklicher.
»Wir sind nicht zusammen.«
Er hatte ja recht, auch wenn es mir fast den Boden unter den Füßen wegzog. Ich musste den Blick senken, um meine Enttäuschung zu verbergen. Es war fast, als hätte er mir eine Ohrfeige gegeben.
»Wo ist der Unterschied?«, fragte ich ihn.
»In einer Liebesbeziehung steckt mehr Arbeit«, meinte er. »Man braucht dafür mehr Zeit und Energie. Ich liebe es, meinen Klientinnen Vergnügen zu bereiten, aber manchmal erschöpft es mich physisch und psychisch. Manche von ihnen brauchen so viel. Sie sind vernachlässigt worden, entweder von sich selbst oder von ihren Ehemännern oder von wem auch immer. Das Nacht für Nacht anzuhören und sie zu berühren, und sich dann einer Freundin zu widmen? Und überhaupt, welche Freundin würde meine Arbeit schon akzeptieren? Wie sollte sie mich denn ihrer Familie vorstellen?«
»Als einen Kleinunternehmer in der Dienstleistungsbranche?«
Er zog eine Augenbraue hoch.
»Na komm schon, Dev, du bist ja nicht so stigmatisiert, wie ich es wäre, wenn ich als Playgirl arbeiten würde.«
»Willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Und wer stigmatisiert dich?«
»Meine Familie zum Beispiel. Die sprechen schon kaum noch mit mir wegen meiner Arbeit. Zur Hölle, mein Vater ist davon überzeugt, dass ich Zuhälter oder Drogendealer bin.«
Das beunruhigte mich schon sehr, trotzdem löcherte ich ihn kaltherzig weiter.
»Aber alles in allem
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