Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
es nicht dürfen, nur weil das so vertraglich festgehalten ist? Glaub mir, sie verlieben sich – sie zappeln an der Angel, aber sie haben zu viel Angst, das zuzugeben, denn insgeheim hoffen sie verzweifelt, dass du dich in sie verliebst und alles andere vergisst. Wenn du etwas anderes glaubst, bist du naiv.«
»Ich glaube, sie bleiben, weil sie dem Ganzen etwas abgewinnen. Sie bekommen etwas für ihr Geld.«
»Und was bekommst
du
für dein Geld?«, fragte ich. »Klar, du kannst in deinen Boxershorts herumtanzen, aber hast du je einer Frau erzählt, wie dein Verhältnis zur Kunst ist oder zu deinem Vater oder wie es sich anfühlt, älter zu werden? Oder über irgendetwas anderes? Hast du je einer Frau deine verletzliche Seite gezeigt, oder ihr gesagt, wenn du Angst hattest oder verletzt warst oder ärgerlich?«
»Mann, Andi«, entgegnete er. »Du redest dich um Kopf und Kragen! Sieh dich doch an. Du bist doch eine von diesen bedürftigen Frauen! Du bist meine Klientin!
Zeig mir, wie ich eine bessere Geliebte sein kann, Devin. Ich will nicht mehr so verklemmt sein, Devin. Männer lehnen mich ab, Devin. Ich werde nicht begehrt.
Glaubst du denn, nur weil du kein Geld bezahlt hast, nur weil unsere Vereinbarung intellektueller war, dass du irgendwie besser bist als sie? Wenn du nicht so verdammt selbstgefällig wärst und dich nicht so überlegen geben würdest, könntest du einen Mann auch an dich binden. Und wenn wir schon davon sprechen, wann war denn das letzte Mal, dass dich irgendjemand flachgelegt hat, ganz ohne Batterien? Und trotz deines Selbstbewusstseins und deiner neuen Klamotten und deines schlankeren Körpers sehe ich keine Männer, die dir die Tür einrennen. Wie kommt das wohl? Vielleicht hat dein Problem gar nichts mit Sex zu tun, Andi. Vielleicht hat es gar nichts mit deinem Körper oder deiner Erziehung zu tun. Vielleicht war Andrew einfach nicht so in dich verliebt. Schließlich hat er eine andere geheiratet, oder etwa nicht? Also sitz nicht einfach da und predige mir über Beziehungen. Geh erst mal selber eine ein, die hält.«
Wir sahen uns verstört an.
Ich konnte nicht anders, ich musste weinen, stand auf und rannte aus dem Café. Meine Jacke hatte ich, aber meine Handtasche nicht. Ich musste einfach heulen. Devin rannte laut nach mir rufend mit der Handtasche hinter mir her. Ich wollte nicht anhalten, ich wollte ihn nicht ansehen, aber ich brauchte meine Handtasche, um zurück auf die Insel zu kommen. Also hielt ich an und drehte mich um, aber als ich die Hand ausstreckte, sah ich auf den Boden.
»Es tut mir so leid«, sagte er.
»Gib mir einfach die Handtasche.« Ich hob den Kopf hoch genug, um sie ihm abzunehmen, dann wandte ich mich um und ging schnell davon, ohne mich umzusehen. In meinerHandtasche suchte ich nach einem Taschentuch. Er rief mindestens einmal hinter mir her, und dann schob sich die Gleichgültigkeit Manhattans zwischen uns.
Er hatte recht, und das wusste ich. Aber ich auch. Ich hatte angebissen, und ich hatte es irgendwie geschafft, mich vorher immer herauszureden.
Ich lehnte mich an das Zugfenster und weinte. Long Island nahm keine Notiz von mir.
Wie ich Neuengland im Herbst vermisste.
Kapitel siebzehn
Am nächsten Morgen lag eine weiße Rose zwischen zwei Dutzend roter Rosen vor meiner Türschwelle und auf der Karte stand:
Andi –
gestern bin ich tiefer gesunken als Walscheiße auf den Meeresboden. Heute umspannt mein Kummer die Ränder des Universums. Bitte vergib mir.
Devin
Seine Metaphern waren unfassbar kitschig, aber ich konnte nicht anders, ich musste lächeln. Später schrieb ich ihm eine SMS ohne Abkürzungen:
Alles vergeben
.
Da wusste ich noch nicht, dass er an dem Tag und für die nächsten Tage seinen Klientinnen abgesagt hatte.
Eine der Rosen ließ den Kopf über den Vasenrand hängen. Sie war die erste, die ich entfernte.
Kapitel achtzehn
DREI MONATE SPÄTER
Januartage sind grau. Grauer Himmel, graues Gras, graue Bäume. Die Überreste von grauem Salz und Sand liegen an grauen Straßenrändern, und Berge von dreckigem grauen Schnee türmen sich auf grauen Parkplätzen. Die Sonne versteckt sich unter grauen Decken. Dunkle, leere, graue Morgen gehen in dunkle, leere, graue Nachmittage über, die schnell zu dunklen, leeren, grauen Nächten werden.
Januartage sind grau.
An einem dieser Tage kam ich aus der Penn Station und lief die uncharakteristisch leere Thirty-fourth Street hinunter zur diesjährigen Language Arts Conference im New
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