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Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Titel: Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Lorello
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Meer. Wir unternahmen oft Ausflüge nach Boston, ans Cape Cod, nach New Hamshire und Vermont.
    Am Ende des zweiten Semesters fragte Sam mich, ob ich ihn heiraten wollte, und ich sagte Ja.
    Und dennoch – trotz meines großen Glücks vermisste ich Devin manchmal.
    So oft dachte ich daran, ihn anzurufen, ihm einen Brief zu schreiben und auch wirklich abzuschicken, um mich für die Art und Weise zu entschuldigen, wie es an diesem Tag damals mit uns beiden in East Meadow zu Ende gegangen war. Und ich dachte oft an die Dinge, die wir miteinander gemacht hatten. Es kam mir vor, als wäre es in einem anderen Leben gewesen, und wenn ich ihn mir mit seinen Klientinnen vorstellte, zog sich mein Bauch nicht mehr vor Eifersucht zusammen. Ich hatte mir tatsächlich Devins Sichtweise zu eigen gemacht: Es war einfach ein normales Geschäft. Er hatte Sex mit diesen Frauen. Er hatte vielleicht keinen Geschlechtsverkehr mit ihnen im engeren Sinn, aber er hatte Sex mit jeder von ihnen. Entweder er verführte sie, oder er ließ sich von ihnen verführen, umgarnte sie mit seinem Vorspiel und bestätigte sie in ihren hedonistischen Fantasien. Ich konnte das jetzt alles akzeptieren. Und tatsächlich war ich ja eine von ihnen, und auch das war in Ordnung gewesen. Und ab und zu stellte ich mir vor, wie ich zurück ins
Café Dante
auf der Bleaker Street ging und Dev um Tipps für fantasievolle Spielchen bat.
    Ich vermisste seinen Charme und seinen Witz. Seine kantigen Gesichtszüge. Sein schüchternes Zwinkern. Ich vermisste unsere Unterhaltungen und unser Geplänkel. Ich hätte ihn gerne noch einmal in seinen Boxershorts gesehen. Mir fehlte unser zwangloser Umgang.
    Aber die Beziehung mit Sam brachte mir auch zu Bewusstsein, dass Devin und ich kaum die Oberfläche angekratzt hatten. Sosehr wir uns entblößt hatten, so viel hatten wir zurückgehalten. So viel wir gegeben hatten, so viel hatten wir für uns behalten. Wir hatten so viele Gelegenheiten vorübergehenlassen, uns einander zu öffnen, dass wir, als wir schließlich miteinander schliefen, Fremde füreinander waren.
    Ich erzählte Sam nicht, dass ich mit Devin geschlafen hatte. Ich tat das nicht vorsätzlich – ich wusste einfach nicht, wie ich es ihm sagen sollte. Devin und ich waren eher wie Figuren in einem Roman als wie wirkliche Leute. Wir waren Artefakte, Schöpfungen unserer Vorstellungen. Freunde und Geliebte und Lehrer und Callboys und Playgirls.
    Sam und ich hatten über den Kolumbus-Tag drei Tage frei, die wir in Boston verbrachten. Wir kamen Freitagabend an und übernachteten in der Wohnung von Freunden im North End. Am Abend aßen wir in einem nahe gelegenen italienischen Restaurant, das mich auf eine Zeitreise zwanzig Jahre zurück in die Küche meiner Großmutter entführte. Ich überredete Sam, Gnocchi zu probieren, und vor Dankbarkeit kaufte er mir einen Blumenstrauß, nach dem sich alle Bostoner auf der Straße umdrehten.
    Am Sonnabendvormittag nach dem Frühstück blätterte Sam die
Boston Leisure
durch, ein Stadtteilmagazin, während ich abwusch.
    »Hey, Herzchen, hör dir dies an«, sagte er und las laut vor:
    Das Leben kann aus einer Reihe glücklicher Fehler bestehen.
    Ich war noch neu in Boston (und in der hiesigen Kunstszene), als ich beschloss, mir die Senior Art Show an der Boston School of Art anzusehen.
    Wobei man wissen muss, dass ich eigentlich aus New York bin, genauer gesagt, aus Manhattan. Ich bin an Planquadrate gewöhnt. Ich hatte mich an numerische Fortschreibungen und an die Bezeichnungen an der Ecke der Sowiesostraße gewöhnt (Fifty-seventh und Fifth, Seventh und Lex). Ich hatte mich an die Dichotomien von Ost und Westgewöhnt. Upper und Lower, Uptown und Downtown. Also können Sie sich vielleicht vorstellen, was eine Stadt wie Boston mit dem Orientierungssinn eines New Yorkers anstellen kann. Wie oft bin ich im Kreis gelaufen, nur um herauszufinden, dass ich doch eigentlich nur um die Ecke hätte gehen müssen?
    Als ich mich wieder einmal so verirrt hatte und in einem Schauer klatschnass geworden war, gestand ich mir ein, dass ich nicht mehr wusste, wo ich war, und stolperte in eine Bauchtanzgruppe, um nach der Richtung zu fragen. Die verschleierten Verführerinnen mit den Schellentrommeln waren eigentlich Stoffdesignerinnen, die sich einmal die Woche privat trafen, »um die innere Göttin« zu befreien. Auch wenn das Tanzen eine Kunstform war, der ich meine Aufmerksamkeit widmen sollte, hatte ich etwas anderes im Kopf. Also lehnte ich

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