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Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Titel: Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Lorello
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ihr Angebot, an der Stunde teilzunehmen, höflich (und durchnässt) ab, dankte ihnen und ging wieder hinaus.
    Schnell verbannte ich das Bild, wie ich mich nass und geschmeidig im Kreis bauchtanzender Designerinnen drehte. Fast wäre ich an einer Tür mit einem mattgebürsteten Bronzeschild vorbeigelaufen, das auf die Graduate Gallery aufmerksam machte. Das war eigentlich nicht mein Ziel, aber das gedämpfte Licht und das sanfte Summen der Klimaanlage zogen mich an, fast fühlte ich mich wie in einer anderen Welt. Ein Schild am Eingang der Galerie wies mich auf die Sammlung von Jessie Bartlett hin, die ich mir als Erstes ansehen wollte. Die Bilder vermittelten einen Eindruck von Energie, Bewegung und Wärme. Erdfarben in der Art der Höhlenbilder von Lascaux standen den Ecken und Kanten modernen Stadtlebens gegenüber. Gemalt von einer geübten, wenn auch jungen Hand.
    Jedes Bild hat eine eigene Stimme, eine eigene Nachricht. Bruchstücke des Stadtlebens aus allen nur erdenklichen Perspektiven. Der sechsundzwanzigjährige Bartlett hat bereits eine ganz eigene Bildsprache. »Mir war das Stadtleben vollkommen fremd«, sagt der aus Granby in Vermont stammende Maler, der für seine Ausbildung an der Kunsthochschule nach Boston gezogen ist. »Es war so roh, es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Und es traf mich wie aus heiteremHimmel, wissen Sie. Und alle laufen herum, als ob gar nichts wäre. Ich halte überall an und gaffe«, sagt er achselzuckend. »Mehr kann ich nicht tun.«
    »Und dann malen Sie?«
    »Ja. Ich male, was ich sehe, und was andere Leute nicht sehen. Denn sie müssen es sehen und als das erkennen, was es ist.«
    »Und was ist es?«
    »Das Leben«, sagt er einfach. »Leute. Das Gute.«
    Wie ihre Themen sind die Bilder aus sich heraus schön – abstrakt, buchstäblich, menschlich und sehr persönlich. Sie sind auch rau und haben eine offene Textur, sind unausgewogen, manchmal sogar grell. Man fühlt sich beim Betrachten fast wie ein Voyeur, so als würde man alles von einem Menschen auf den ersten Blick erfahren. Der Prozess des Erzählens ist in jedem Bild deutlich. Schichten vergilbter Zeitungen, Prospekte und andere Fundstücke werden farbig übermalt und bilden den Untergrund, auf dem mit sicherer Hand Farbe und Formen Gestalt annehmen. Thema und Material bilden eine Stimme, schaffen eine Textur, vielleicht sogar einen Geruch des Lebens. Jedes für sich genommen sind die Gemälde sinnlich; in ihrer Gesamtheit sind sie überwältigend.
    Der Bildaufbau ist nicht sauber, die Bilder sind nicht perfekt und auch nicht immer besonders raffiniert. Aber sie sind wirklich. Sie sind aufschlussreich. Lebendig. Die Ausstellung schafft ihre eigene Welt aus Tönen, Licht und Atmosphäre. Sie kriecht einem unter die Haut, sie tropft einem aus den Haaren. Man spürt, dass dies Kunst ist. Sie anzusehen heißt, Stadtleben wirklich zu erfahren, sei es Boston oder der Big Apple. Und es fühlt sich gut an. Es ist angenehm.
    Jesse Bartlett hat etwas zu sagen, und er lernt gerade erst, wie er es sagen kann. Er ist ein Künstler, von dem man irgendwann auf einer Cocktailparty sprechen wird, und dann können Sie damit prahlen, ihn schon gekannt zu haben, als er noch … Und Sie hätten jedes Recht, zu prahlen, denn er ist die Erfahrung wert. Sie werden es nicht vergessen. So wenig wie ich.
    Und die Bauchtänzerinnen hoffentlich auch nicht.
    Im Gegensatz zu früheren glückseligen Vorlesemomenten hing ich diesmal an jedem Wort. Diesen Stil kannte ich, da wir ich mir ganz sicher – die Worte, der Rhythmus, die Stimme. Aber woher? Von einer Konferenz? Aus einem Zeitungsartikel? Einer Arbeit eines Studenten?
    »Cool, oder?«, fragte Sam. »Vielleicht etwas zu dick aufgetragen, aber lebendig. Wollen wir uns die Ausstellung ansehen? Sie ist in einer Galerie auf der Beacon Street.«
    »Wer hat es geschrieben?« Doch bevor er antworten konnte, klingelte das Telefon. Er sprang auf und nahm ab, die Zeitung hatte er schon zusammengerollt. Dann gab er mir den Hörer, und ich vergaß den Artikel und seinen unbekannten Verfasser.
    Wir nahmen die Metro zur Park Street und gingen den Rest des Weges zu Fuß. Inzwischen war es Spätnachmittag geworden, es wehte ein kalter Herbstwind. Sam und ich gingen schnell und eng umschlungen – um ein Haar wären wir am Eingang der Galerie Paris vorbeigelaufen, da der Name nur auf der quietschenden Glastür in einfachen goldenen Buchstaben stand. Die Galerie war ein kleines Loft im ersten

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