Vorhofflimmern
werden.
Oder?
Er wurde besser. Der Nachmittag war
gefüllt mit Unfällen verschiedenster Art und ich ließ mich dankbar von der
allgemeinen Hektik der Notaufnahme erfassen, damit ich von dem leidlichen Thema
namens Desiderio abgelenkt wurde.
Tatsächlich funktionierte das bis zum Ende meiner Schicht
ganz wunderbar. Erst als ich gemeinsam mit meiner Kollegin Lisa das Krankenhaus
verließ und über den Parkplatz dem Feierabend entgegen schritt, rückten die
ozeanblauen Augen wieder in meine Gedanken.
Schuld daran war Lisa, weil sie betont unauffällig von mir
wissen wollte: „Sag mal, was hältst du so von DiCastello?“
Eigentlich wollte ich sagen: ´Er ist ein arrogantes
Sackgesicht mit einem viel zu großen Ego, der dringend einmal eine kalte Dusche
braucht`, doch stattdessen antwortete ich ausweichend: „Scheint ganz okay zu
sein.“
„Hm.“
„Warum fragst du?“
„Ach, nur so“, meinte sie schnell.
Oh je...
„Er gefällt dir“, stellte ich nüchtern fest.
Sie wickelte sich unwohl eine ihrer hellbraunen Locken um den
Zeigefinger. „Naja, wem gefällt er nicht?“
Mir!
Na, schön. Das wäre dann doch eine Lüge... zumindest was
seine Optik betraf.
Ich musterte Lisa unauffällig von der Seite. Sie war durchaus
ein hübsches Mädchen. Immer nett und freundlich. Und doch war ihr Wesen von
einer riesigen Schüchternheit geprägt, der sie wie ein unsichtbarer Schleier
umhüllte und von ihrer Umwelt abschirmte. Lisa war ein Mensch, der schlichtweg
regelmäßig übersehen wurde. Irgendwie wirkte sie auf mich, als würde sie sich
immer ducken, auch wenn sie kerzengerade vor mir stand.
„Glaubst du, ich hätte eine Chance bei ihm?“, fragte sie
schließlich vorsichtig.
Nein, Kindchen. Wirklich absolut nicht...
Natürlich behielt ich meine Gedanken für mich. Ich hatte
nicht vor, heute irgendwelche Träume zu zerstören.
„Wer weiß?“, sagte ich deswegen leger. „Das kannst du aber
ganz einfach herausfinden.“
„Wie?“, fragte sie mit ehrlichem Unwissen.
„Naja, du musst ihn doch einfach nur fragen, ob er mit dir
ausgehen will.“
Lisa blieb stehen und sah mich mit riesigen Kulleraugen an.
„Ich?“
„Klar! Du willst es doch wissen, oder? Also musst du ihn
fragen.“
„Das kann ich nicht!“, rief sie entsetzt und schüttelte
energisch den Kopf.
„Ach, was“, winkte ich ab, „ist doch gar nichts dabei.“
Natürlich wusste ich, dass Desiderio für die schüchterne Lisa
so unerreichbar erschien, wie der Mount Everest, aber ermuntern durfte ich sie
doch trotzdem. Außerdem formte sich in meinem Kopf ein, wenn auch
zugegebenermaßen ziemlich hinterhältiger, Gedanke.
Sollte ich meine Kollegin mit DiCastello verkuppeln können,
dann... ja, dann hätte ich vor ihm meine Ruhe. Und zusätzlich hätte ich noch
eine wirklich gute Tat begangen und zwei einsame Herzen zusammengeführt! Ich
rieb mir bereits innerlich die Hände und freute mich über meinen Plan.
„Was ist?“, fragte Lisa argwöhnisch.
Ich musste sie die ganze Zeit über angesehen haben wie einen
besonders leckeren Kuchen, denn sie wich vorsichtshalber ein Stück vor mir
zurück.
„Nichts“, sagte ich schnell und grinste. „Ich habe mich nur
gerade gefragt, ob du morgen auch wieder Spätdienst hast.“
„Ehm... ja?“
„Wunderbar!“ Ich klatschte in die Hände, was Lisa deutlich
zusammenzucken ließ. „Dann werde ich dir gleich morgen helfen, dich an
Desiderio ran zu machen!“
„Waaaas?“, brachte sie erschrocken hervor. „Aber... aber...“
„Nix aber! Du musst einfach nur cool bleiben und brav
mitspielen, dann kriegen wir das schon hin!“
Dass ich selbst in Desiderios Gegenwart stets alles andere
als cool war, tat hier nichts zur Sache.
Mein Plan gefiel mir von Minute zu Minute mehr. Inzwischen
war ich mir sicher, dass es meine Rettung bedeuten würde, wenn ich den
aufdringlichen Doktor von meiner Wenigkeit ablenken könnte. Dann könnte er
seinen Charme an eine willigere Person abgeben und alle wären glücklich.
Oh ja, das war ein guter Plan...
Die erste Gelegenheit, Lisa vor
Desiderio schmackhaft zu machen, bot sich bereits am nächsten Tag. Er half
nachmittags in der Notaufnahme aus und ich fädelte geschickt ein, dass sie ihm
dabei die ganze Zeit über assistierte.
Ich fragte mich ständig, ob die beiden sich denn auch gut
verstanden und hoffte, dass meine Kollegin wenigstens ein bisschen von ihrer
üblichen Schüchternheit ablegen konnte. Nach über einer Stunde siegte
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