Vorhofflimmern
die
Neugier und ich beschloss den beiden im Sprechzimmer einen Kontrollbesuch
abzustatten.
Auf den ersten Blick wirkte die Sache nicht wirklich
vielversprechend.
Desiderio saß am Schreibtisch und studierte eine
Patientenakte, während Lisa mit einem riesigen Sicherheitsabstand auf ärztliche
Anordnungen wartete.
Meine Hilfe war also bitter nötig.
Ich stürzte kurzerhand in das Zimmer und ließ mich laut
seufzend auf einen Stuhl fallen.
„Puh, ist das heiß heute!“, jammerte ich und fächelte mir mit
einer Hand Luft zu. „Wie viel Grad haben wir denn?“
„Laut Wetterdienst so um die 30“, antwortete Desiderio. Er
schien ein wenig überrascht zu sein, dass ich einfach so ein normales Gespräch
begonnen hatte.
„30 Grad! Jesses.“
Er winkte ab. „Ach, von mir aus könnte es ruhig noch wärmer
sein.“
Sagte der Südländer...
„Also, solange ich hier in diesem Bunker sein muss, könnte es
ruhig die ganze Zeit über regnen“, meinte ich. „Bei einer solchen Hitze sollte
man nicht arbeiten, da sollte man am Strand liegen und Cocktails schlürfen. Ah,
was gäbe ich jetzt für einen Caipirinha! Was meinst du, Lisa?“
„Hm?“
„Was hättest du jetzt gerne für einen Cocktail?“
Sie wiegte unschlüssig den Kopf. „Ich weiß nicht genau. Mit
Alkohol kenne ich mich nicht so aus. Ich trinke fast nie.“
Ich schlug mir innerlich mit der flachen Hand auf die Stirn.
Ich trinke fast nie ? Genauso gut hätte sie sagen
können: Ich sammle Briefmarken.
Um Himmels willen, das tat sie doch hoffentlich nicht
wirklich?
Durch ihre Aussage hatte sie mich kurz aus dem Konzept
gebracht, darum brauchte ich einen Moment, um den Faden wieder aufzunehmen. Ich
hoffte inständig, dass ich Lisa nicht allzu entsetzt angestarrt hatte und ich
war froh, dass Desiderio sich wieder der Akte zugewandt hatte.
Schließlich räusperte ich mich leise.
„Sehr vernünftig“, lobte ich ihre Alkoholabstinenz. „Nach
meiner letzten Partynacht habe ich mir auch vorgenommen weniger zu trinken.“
Bildete ich mir das ein, oder grinste Desiderio? „Ich kann auch ohne Alkohol
gut drauf sein“, fügte ich deshalb noch schnell hinzu.
Na, jetzt grinste er aber eindeutig! Blödmann.
Ich schluckte meinen Ärger hinunter und widmete mich lieber
wieder meiner Aufgabe.
„Sag mal, Lisa“, begann ich leger, „wo gehst du eigentlich
abends weg? Im Go hab ich dich, glaube ich, noch nie gesehen.“
Schon bevor sie antwortete, wusste ich, dass ich einen
weiteren Fehler gemacht hatte. Lisas Gesichtsausdruck sprach bereits Bände,
doch bevor ich es verhindern konnte, sagte sie: „Ach, ich geh eigentlich fast
nie aus.“
Unauffällig lugte ich zu Desiderio, der weiterhin völlig
unbeteiligt in seine Lektüre vertieft war.
Hatte er wirklich nicht zugehört, oder tat er nur so?
Ich hoffte auf ersteres.
Meine Bemühungen hatten Lisa bisher ja nicht unbedingt in ein
interessantes Licht gerückt, wohl eher im Gegenteil, darum beschloss ich
eiligst den Rückzug anzutreten.
Beschwingt erhob ich mich und klopfte meiner Kollegin
fröhlich auf die Schulter. „Weißt du was? Wir beide müssen unbedingt mal um die
Häuser ziehen!“
Und das war mein voller Ernst.
Na schön, auf der einen Seite hatten
wir Lisa, ein hübsches, schüchternes Mädchen, das nie die Sau raus ließ und
sich noch nie das Hirn weggesoffen hatte. Und auf der anderen hatten wir
Herzensbrecher Desiderio, der wohl nie eine Gelegenheit dazu ausließ, sich in
höchstem Maße zu amüsieren.
Also, wie zum Teufel, sollte ich diese beiden
grundverschiedenen Typen zusammenbringen?
Gegensätze sollen sich ja bekanntlich anziehen, aber stimmt
das überhaupt? Wie soll man sich für jemand anderen interessieren, mit dem man
absolut nichts gemeinsam hat?
Das war meiner Meinung nach völlig unmöglich. Ich musste also
irgendetwas finden, dass für Lisa und Desiderio gleichermaßen interessant
erschien.
Aber was? Was bot ein Gesprächsthema für jedermann? Das
Wetter einmal ausgenommen.
Politik? Literatur?
Filme!
Ja, genau. Kino und Fernsehen waren wohl jedem auf dieser
Welt bekannt, also konnte auch jeder irgendetwas darüber erzählen. Zumindest
ging ich davon aus.
Ich packte also gleich die nächste Gelegenheit beim Schopf
und gesellte mich unauffällig zu Desiderio und Lisa, wobei ich so tat, als
müsste ich dringend ein paar Formulare sortieren.
Nachdem ich eine Zeit lang in einer Schublade gekramt hatte,
fing ich schließlich an: „Hey, ich hab mir gestern im
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