Vorhofflimmern
reagierte entrüstet. „Spinnst du? Du hast den Playboy
doch mit eigenen Augen gesehen. Der kann nur nicht ab, dass er seinen ersten
Korb im Leben bekommen hat! Darum hat er jetzt die Einsätze drastisch erhöht.“
Vera wiegte langsam den Kopf. „Trotzdem. Das Konzert ist erst
im September und...“
„Pah, der wusste doch ganz genau, dass ich Nein sagen
würde!“, fuhr ich schnell dazwischen.
„Wie kannst du dir da so sicher sein?“
Ich schürzte die Lippen und sah Vera böse an. „Du warst ja
nicht dabei.“
„Das stimmt, aber ich gehe, im Gegensatz zu dir, ohne
Vorurteile an die Sache heran.“
„Ich hab keine... Na gut, ich habe Vorurteile. Aber du weißt
ganz genau, warum das so ist!“
Meine Finger hatten aufgehört zu trommeln und malten
stattdessen imaginäre Kreise auf die Tischplatte. Vera umfasste sie sanft mit
ihren Händen und sah mich mitfühlend an.
„Süße, natürlich weiß ich das. Aber du solltest langsam die
Vergangenheit hinter dir lassen und wenigstens versuchen, jemandem Vertrauen zu
schenken.“
Ich wich ihrem Blick aus. „Wer vertraut läuft stets Gefahr
verletzt zu werden.“
„Aber nur wer vertraut, kann wahres Glück in sein Herz
lassen“, ergänzte Vera ernst. „Ist es das denn nicht wert, ein paar seelische
blaue Flecken zu riskieren?“
„Blaue Flecken schon, aber bei so einem Player wie Desiderio
riskiert man eher ein seelisches Polytrauma“, sagte ich überzeugt.
„Das kannst du nicht wissen. Du kennst ihn doch noch gar
nicht!“, warf Vera ein. „Nicht jeder hübsche Mann ist zwingend ein Arschloch.“
Plötzlich erschien Sebastians Kopf in der Terrassentür.
„Genau. Sieh mich an! Ich bin wahnsinnig attraktiv und trotzdem der liebste
Kerl der Welt!“
Ich schnappte nach Luft. „Geht´s noch? Seit wann stehst du
denn schon hinter dem Vorhang und lauschst?“
„Ich habe nicht gelauscht“, verteidigte er sich schnell.
„Das hier sind Frauengespräche“, schimpfte ich. „Folglich
geht dich das hier gar nichts an, also verzieh dich!“
„Moment mal, du kannst mich doch nicht einfach von meiner
eigenen Terrasse werfen!“
„Ähm, Schatz?“, mischte sich Vera diplomatisch ein. „Lena hat
recht. Wir führen hier ein Frauengespräch. Kannst du uns bitte ein noch ein
wenig alleine lassen?“
Sebastian rümpfte beleidigt die Nase. „Bitteschön! Wenn die
Damen das wünschen, werde ich jetzt gehen.“ Er sah mich überheblich an. „Vera
wird mir später sowieso alles erzählen.“
Sein Kopf verschwand gerade noch rechtzeitig, um nicht von
der Zeitschrift getroffen zu werden, die Vera entrüstet nach ihm warf. „Du
Blödmann!“, rief sie ihm hinterher, was er nur mit einem Kichern quittierte.
Flehend wandte sie sich an mich: „Das stimmt überhaupt nicht!“
Ich versuchte sie streng anzublicken, wobei ich ein
aufkeimendes Lachen unterdrücken musste. Vera sah mich so verzweifelt an, dass
ich sie dann doch beruhigte. „Das weiß ich doch.“
Sie atmete erleichtert aus. „Mann, so ein Quatschkopf.“
„Du hast wirklich Glück mit ihm“, seufzte ich.
„Ja, das habe ich“, bestätigte sie und lächelte selig, „und
dein Glück werden wir auch noch finden.“
Schweigend nickte ich, obwohl ich bei Weitem nicht so
überzeugt war, wie meine beste Freundin.
Natürlich hatte sie recht, was die Sache mit dem Vertrauen
anging und ich wusste auch, dass ich mich irgendwann über meine Ängste
hinwegsetzen musste, um einen Partner in mein Leben zu lassen. Allerdings war
ich der Meinung, dass ich schon spüren würde, wann der richtige Moment dazu
gekommen war und so tief ich auch in mich hineinhorchte – ich war einfach nicht
bereit dazu.
Und bei einem Macho wie Desiderio schon gleich zweimal nicht.
Kapitel 8
Am nächsten Tag fühlte ich mich wie
erschlagen. Ich hatte mich die ganze Nacht unruhig im Bett herumgewälzt und
kaum ein Auge zugetan. Zum einen war die unbeschreibliche Sommerhitze, die
Wollbach so gnadenlos ergriffen hatte, daran schuld, zum anderen hatten mich,
als ich dann endlich einmal eingeschlafen war, sofort seltsame Albträume
geplagt. An die Details konnte ich mich nicht erinnern, aber es hatte etwas mit
schwarzen Händen zu tun, die nach meinem Herz griffen und es herausreißen
wollten. Wirklich gruselig.
Obwohl ich Spätdienst hatte, fühlte ich mich unausgeschlafen
und ausgelaugt. Entsprechend antriebslos schlurfte ich in die Notaufnahme, um
meine Schicht anzutreten. Gleich zu Beginn traf ich ausgerechnet auf
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