Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
über den Escobar-Krieg redet.«
»Ja, ich wäre Ihnen… dankbar, wenn Sie nie die Rede
daraufbringen. Für ihn ist das sehr schmerzlich.«
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Ein kurzer Sprung mit dem Leichtflieger von dem Dorf über
eine Landzunge des Sees brachte sie zum Landgut der
Vorkosigans. Vor einem Jahrhundert war das Haus ein
vorgeschobener Wachposten des Forts auf der Landzunge
gewesen. Die moderne Waffentechnik hatte oberirdische
Befestigungen überflüssig gemacht, und die alten Steingebäude waren einer friedlicheren Nutzung zugeführt worden. Dr. Henri hatte offensichtlich mehr Pracht erwartet, denn er sagte: »Es ist kleiner, als ich erwartet habe.«
Piotrs Haushälterin hatte für sie auf einer mit Blumen
geschmückten Terrasse am Südende des Hauses bei der Küche
ein hübsches Mittagessen vorbereitet. Während sie die Gäste dorthin führte, nahm Cordelia Graf Piotr beiseite.
»Danke, dass wir hier bei dir einfallen durften.«
»Bei mir einfallen, also wirklich! Das ist dein Haus, meine Liebe. Du kannst hier ganz nach Belieben alle Freunde einladen, die du möchtest. Dies ist das erste Mal, dass du es getan hast, verstehst du?« Er blieb mit ihr in der Tür stehen.
»Weißt du, als meine Mutter meinen Vater heiratete, da hat sie Palais Vorkosigan völlig umdekoriert. Meine Frau tat das Gleiche zu ihrer Zeit. Aral hat so spät geheiratet, dass ich furchte, eine Renovierung ist schon längst überfällig. Würdest du nicht… auch mögen?«
Aber es ist dein Haus, dachte Cordelia hilflos, nicht einmal das von Aral, wirklich…
»Du bist so leicht bei uns gelandet, dass man fast fürchtet, du wirst wieder wegfliegen.« Piotr lachte leise, aber in seinen Augen war Besorgnis zu lesen.
Cordelia klopfte auf ihren sich rundenden Bauch. »Oh, ich
bin jetzt durchaus schwer auf dem Boden, Herr Graf.« Sie
zögerte. »Um die Wahrheit zu sagen, ich dachte, es wäre
hübsch, in Palais Vorkosigan eine Liftröhre zu haben. Wenn 465
man Basement, Subbasement, Dachgeschoss und Dach dazu
zählt, dann gibt es jetzt acht Stockwerke im Hauptgebäude. Zu Fuß ist das ein ganz schöner Weg!«
»Eine Liftröhre? Wir haben nie…«Er biss sich auf die Lippe.
»Wo?«
»Du könntest es im hinteren Teil des Korridors einbauen
lassen, neben den Versorgungsleitungen, ohne dass dadurch die Innenkonstruktion beeinträchtigt wird.«
»Du könntest es auch. Prima. Finde einen Bauunternehmer.
Tu's!«
»Ich werde mich morgen darum kümmern. Danke, Sir.«
Hinter seinem Rücken hob sie die Augenbrauen.
Offensichtlich in der Absicht, sie zu ermutigen, war Graf
Piotr während des Mittagessens bemüht freundlich zu Dr.
Henri, obwohl dieser deutlich ein Mann der neuen Zeit war.
Henri seinerseits, der Cordelias Rat folgte, kam glänzend mit Piotr aus. Piotr erzählte Henri alles über das neue Fohlen, das in seinen Ställen hinter der Hügelkette geboren worden war.
Das Tier war ein genetisch bescheinigtes Vollblut, das Piotr ein Quarterhorse nannte, obwohl es für Cordelia wie ein ganzes Pferd aussah. Das Hengstfohlen war unter großen Kosten als tiefgefrorener Embryo von der Erde importiert und einer Rassestute implantiert worden, und Piotr hatte die Entwicklung bis zur Geburt sorgfältig überwacht. Der biologisch geschulte Henri zeigte fachliches Interesse, und nach dem Essen nahm Piotr ihn mit zu einer persönlichen Besichtigung der großen Tiere.
Cordelia entschuldigte sich: »Ich möchte mich ein bisschen ausruhen. Sie können gehen, Drou. Sergeant Bothari wird bei mir bleiben.« Tatsächlich machte Cordelia sich Sorgen wegen Bothari. Er hatte mittags nicht einen einzigen Bissen zu sich genommen, und seit über einer Stunde auch kein einziges Wort mehr gesprochen.
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Drou, die Bedenken hatte, andererseits aber ganz versessen auf die Pferde war, ließ sich überreden. Die drei stapften also den Hügel hinauf. Cordelia blickte ihnen nach, dann wandte sie ihr Gesicht Bothari zu, der sie wieder beobachtete. Er nickte ihr auf seltsame Weise zustimmend zu. »Danke, Mylady.«
»Hmm, ja. Ich habe überlegt, ob Sie sich nicht wohl fühlen.«
»Nein … ja. Ich weiß nicht. Ich wollte … ich wollte mit Ihnen sprechen Mylady. Seit… seit einigen Wochen. Aber es schien sich nie eine gute Gelegenheit dafür zu ergeben. In der letzten Zeit wurde es noch schlimmer. Ich kann nicht mehr länger warten. Ich hatte gehofft, dass heute…«
»Nutzen wir den Augenblick.« Die Haushälterin klapperte in Piotrs Küche herum. »Hätten Sie Lust
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