Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
Vorkosigan seinerseits
hin.
»In der Tat, er plustert sich auf.«
»Warum greift er nicht gleich nach dem Kaisertum?«, fragte der Stabsoffizier.
»Er sondiert erst das Gelände«, sagte Kanzian.
»Das kommt noch, später im Drehbuch«, meinte Vortala.
»Oder vielleicht eher, wenn wir ihn zwingen zu handeln«,
regte Kanzian an. »Der letzte und fatale Schritt. Wir müssen überlegen, wie wir ihn gerade noch ein bisschen nervöser machen.«
»Nicht viel länger«, sagte Vorkosigan bestimmt.
Die geisterhafte Maske von Kareens Gesicht erschien den
ganzen Tag vor Cordelias innerem Auge und kehrte am
nächsten Morgen nach dem Aufwachen wieder. Was dachte
Kareen? Was fühlte Kareen letztlich? Vielleicht war sie
abgestumpft, wie es der Augenschein vermuten ließ. Vielleicht wartete sie den rechten Augenblick ab. Vielleicht stand sie 649
ganz auf Vordarians Seite. Wenn ich wüsste, was sie glaubt, dann würde ich wissen, was sie tut. Wenn ich wüsste, was sie tut, dann würde ich wissen, was sie glaubt.
Zu viele Unbekannte in dieser Gleichung. Wenn ich Kareen wäre… War das eine gültige Analogie? Konnte Cordelia von sich auf jemand anderen schließen? Konnte das überhaupt jemand? Es gab Ähnlichkeiten zwischen ihnen, Kareen und Cordelia, beide waren Frauen, in vergleichbarem Alter. Mütter von gefährdeten Söhnen … Cordelia nahm Gregors Schuh aus ihrem kleinen Haufen von Erinnerungsstücken aus den Bergen und drehte ihn in ihrer Hand. Mama packte mich, aber mein Schuh ging ab in ihrer Hand Ich hätte ihn fester zubinden sollen… Vielleicht sollte sie ihrem eigenen Urteil vertrauen.
Vielleicht wusste sie genau, was Kareen dachte. Als die
Kommunikationskonsole ertönte, etwa um die Zeit wie der
gestrige Anruf, da schoss Cordelia hoch, um sich zu melden.
Eine neue Sendung aus der Hauptstadt, neue Beweise, etwas, das diesen Teufelskreis der Unvernunft durchbrechen konnte?
Aber das Gesicht, das auf dem Bildschirm erschien, war nicht Koudelka, sondern ein Fremder mit dem Abzeichen des Sicherheitsdienstes am Kragen.
»Lady Vorkosigan?«, begann er respektvoll.
»Ja?«
»Ich bin Major Sircoj, Offizier vom Dienst am Hauptportal.
Es ist meine Aufgabe, alle neuen Leute, die sich hier melden, zu überprüfen, Männer, die Verrätereinheiten verlassen haben und so weiter, und alle Nachrichten zu sammeln, die sie mit sich gebracht haben. Wir haben einen Mann hier, der vor einer halben Stunde auftauchte und sagte, er sei aus der Hauptstadt geflohen, und er weigert sich, freiwillig seine Informationen preiszugeben. Wir haben die Richtigkeit seiner Behauptung bestätigen können, dass er einer Antiverhör-Konditionierung unterzogen wurde – wenn wir ihn mit Schnell-Penta behandeln, dann bringt ihn das um. Er bittet dauernd darum – tatsächlich 650
besteht er sogar darauf –, mit Ihnen zu sprechen. Er könnte ein Attentat auf Sie vorhaben.«
Cordelias Herz pochte laut. Sie lehnte sich in Richtung auf das Holovid, als könnte sie hindurchsteigen. »Brachte er etwas mit sich mit?«, fragte sie atemlos. »Wie einen Kanister, etwa einen halben Meter hoch – mit einer Menge blinkender Lichter und großen roten Buchstaben obendrauf, die sagen ›Hier oben‹? Sieht höllisch geheimnisvoll aus, bereitet garantiert jeder Sicherheitswache Kopfzerbrechen – wie heißt er, Major?«
»Er brachte nichts mit außer den Kleidern, die er am Leib
trägt. Er ist in keiner guten Verfassung. Sein Name ist Vaagen, Hauptmann Vaagen.«
»Ich bin gleich bei Ihnen.«
»Nein, Mylady! Der Mann tobt praktisch. Könnte gefährlich
sein, ich kann nicht zulassen, dass Sie…«
Cordelia ließ ihn zu einem leeren Zimmer sprechen.
Droushnakovi musste in Laufschritt fallen, um sie einzuholen.
Cordelia brauchte weniger als sieben Minuten bis zu den
Sicherheitsbüros am Hauptportal und hielt im Korridor an, um Luft zu holen. Um ihre Seele zurückzuholen, die ihr aus dem Mund davonfliegen wollte. Ruhig. Ruhig. Toben würde offensichtlich nicht das Eis bei Sircoj brechen.
Sie hob das Kinn und betrat das Büro. »Sagen Sie Major
Sircoj, dass Lady Vorkosigan hier ist, um ihn zu sprechen«, sagte sie dem Sekretär, der beeindruckt seine Augenbrauen hob und sich gehorsam über seine Kommunikationskonsole beugte.
Sircoj erschien nach einigen endlos scheinenden Minuten –
durch jene Tür, notierte sich Cordelia seine Route im Kopf.
»Ich muss Hauptmann Vaagen sprechen.«
»Mylady, er könnte gefährlich sein«, begann Sircoj
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