Vorkosigan 09 Waffenbrüder
soweit zu kooperieren, daß man dem Ersuchen des Botschafters folgte und die Sache nicht an die Medien weitergab. Die Polizei, die über Personal und Ausrüstung für solche Dinge verfügte, konnte die routinemäßige Kleinarbeit übernehmen, wie etwa die Überprüfung der Identität irgendwelcher Leichenteile, die in Müllbehältern gefunden wurden, und ähnliches. Miles ernannte sich selbst zum offiziellen Detektiv für alle Angelegenheiten innerhalb der Botschaft. Ivan, der Dienstältere, fand auf einmal alle normalen Routinearbeiten Galenis auf seinem
Schreibtisch deponiert. Herzlos ließ Miles sie dort liegen.
Vierundzwanzig Stunden waren vergangen, die Miles zum
größten Teil vor der Konsole damit verbracht hatte, die Aufzeichnungen der Botschaft über komarranische Flüchtlinge zu überprüfen. Unglücklicherweise hatte die Botschaft riesige Mengen solcher Informationen zusammengetragen. Wenn etwas davon 148
wichtig war, so war es gut unter den Tonnen von irrelevantem Material versteckt. Das war einfach keine Aufgabe für nur einen einzigen Mann.
Um zwei Uhr morgens gab Miles mit geröteten Augen auf, rief Elli an und übertrug das ganze Problem an den Nachrichtendienst der Dendarii.
Übertrug war genau das richtige Wort dafür: Massendatenübertragung von den gesicherten Computern der Botschaft über Kommunikator auf die Triumph im Orbit um die Erde. Galeni hätte Anfälle bekommen; zum Teufel mit Galeni, schließlich war alles seine Schuld, weil er ja verschwunden war. Klugerweise fragte Miles aber auch Ivan nicht um dessen Einwilligung. Wenn es darauf ankommen sollte, dann war Miles' juristische Position, daß die Dendarii de facto barrayaranische Truppen waren und die Datenübertragung somit innerhalb des kaiserlichen Militärs stattgefunden hatte. Praktisch gesehen. Miles übertrug auch alle Dateien aus Galenis Personalakte, in voll zugänglicher Form. Miles'
juristischer Standpunkt zu dieser Maßnahme war, daß die Dateisperre ja Galeni nur vor den Vorurteilen barrayaranischer Patrioten schützen sollte, zu denen die Dendarii offensichtlich nicht gehörten. Das eine oder das andere Argument mußte passen.
»Sag den Schnüfflern, Galeni zu finden sei ein Kontrakt«, sagte Miles zu Elli, »ein Teil unserer flottenweiten Bemühungen um Bargeld. Wir werden nur dafür bezahlt, wenn wir den Mann auftreiben. Das könnte wirklich stimmen, wenn ich es mir recht überlege.«
Er fiel in sein Bett und hoffte, sein Unterbewußtsein würde im Laufe dessen, was von der Nacht übrig war, die Lösung finden, aber als er erwachte, war sein Kopf leer und erschöpft wie zuvor.
Er beauftragte Barth und ein paar der anderen Unteroffiziere, die Bewegungen des Kurieroffiziers zu überprüfen, denn der war das andere mögliche schwache Glied in der Kette. Dann saß er da, ohne sich vom Fleck zu rühren, und wartete auf den Anruf der Polizei. Seine Phantasie malte ihm Folgen immer grellerer und bizarrerer Szenarios aus. Miles saß unbeweglich wie ein Stein in 149
einem abgedunkelten Zimmer, nur ein Fuß klopfte unkontrollierbar auf den Boden, und er hatte das Gefühl, als würde im nächsten Augenblick seine Schädeldecke explodieren.
Am dritten Tag meldete sich Elli Quinn.
Er klemmte den Kommunikator an seinen Platz im Holovid,
ganz hungrig auf das Vergnügen, ihr Gesicht zu sehen. Sie grinste sehr eigenartig.
»Ich dachte, es müßte dich interessieren«, schnurrte sie. »Kapitän Thorne wurde soeben kontaktiert, und man unterbreitete ihm einen faszinierenden Kontrakt für die Dendarii.«
»Gibt es auch ein faszinierendes Honorar?«, wollte Miles wissen. Das Getriebe in seinem Gehirn schien zu knirschen, während er versuchte, wieder auf Admiral Naismiths Probleme umzuschalten, die er in der Ungewißheit und Spannung der vergangenen beiden Tage völlig vergessen hatte.
»Hunderttausend betanische Dollars. In unauffälligem Bargeld.«
»Aha …« Das waren nahezu eine halbe Million barrayaranischer Mark. »Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht, daß wir diesmal nichts Illegales anfassen würden. Wir haben so schon genügend Schwierigkeiten.«
»Wie würde dir eine Entführung gefallen?« Elli kicherte unerklärlicherweise.
»Ganz und gar nicht!«
»Oh, in diesem Fall wirst du eine Ausnahme machen«, prophezeite sie zuversichtlich, ja sogar begeistert.
»Elli …«, knurrte er warnend.
Sie zügelte ihren Humor und holte tief Luft, doch in ihren
Augen blieb das Funkeln. »Aber Miles – unsere
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