Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit
»Für einen Betaner scheinen Sie eine Art Kosmopolit zu sein. Vielleicht können Sie uns einmal ohne Ihren hochmoralischen Freund hier besuchen.«
Ein Krieg der Worte sollte mit Worten gewonnen werden. »Das glaube ich nicht«, murmelte Miles und zermarterte sich das Hirn nach einer treffenden Beleidigung, nach der sie weiterziehen konnten.
»Wie schade«, sagte Ryoval. »Wir haben eine Hund-und-Zwerg-Nummer, die Sie bestimmt faszinierend finden würden.«
Einen Moment lang herrschte absolutes Schweigen.
»Brat sie vom Orbit aus«, schlug Bei verkniffen vor.
Miles grinste mit zusammengebissenen Zähnen, verneigte sich und zog sich zurück. Dabei hielt er Bei fest am Ärmel. Als er sich umdrehte, hörte er Ryoval lachen.
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Kurz darauf erschien Fells Haushofmeister neben ihnen. »Hier geht es hinaus, bitte, meine Herren«, sagte er mit einem Lächeln.
Miles war noch nie irgendwo mit so ausgewählter Höflichkeit hinausgeworfen worden.
Wieder an Bord der Ariel im Dock ging Thorne in der Offiziersmesse auf und ab, während Miles dasaß und an einem Kaffee nippte, der so heiß und schwarz war wie seine Gedanken.
»Es tut mir leid, daß ich bei diesem Scheißer Ryoval meine Beherrschung verloren habe«, entschuldige sich Bei mürrisch.
»Scheißer, zum Teufel«, sagte Miles. »Das Hirn in diesem
Körper muß wenigstens hundert Jahre alt sein. Er hat auf dir gespielt wie auf einer Violine. Nein. Wir konnten nicht erwarten, bei ihm einen Treffer zu landen. Ich gebe zu, es wäre hübsch gewesen, wenn du genügend Verstand gehabt hättest, die Klappe zu halten.«
Er sog Luft ein, um seine verbrühte Zunge zu kühlen.
Bei machte eine hilflose Geste des Einverständnisses und ging weiter auf und ab. »Und dieses arme Mädchen, gefangen in der Kugel – ich hatte eine einzige Chance, mit ihr zu sprechen, und ich habe es vermasselt – ich Vollidiot …«
Sie hatte wirklich die männliche Seite in Thorne geweckt, überlegte Miles bitter. »Das passiert den Besten von uns«, murmelte er.
Er lächelte in seinen Kaffee, dann runzelte er die Stirn. Nein. Es wäre besser, Thornes Interesse an der Quaddie überhaupt nicht zu fördem. Sie war deutlich mehr als nur eine von Fells Hausbediensteten. Sie hatten ein einziges Schiff hier, und eine Crew von zwanzig Mann. Selbst wenn er die gesamte Dendarii-Flotte hinter sich gehabt hätte, hätte er es sich zweimal überlegt, Baron Fell auf dessen eigenem Territorium zu beleidigen. Sie hatten einen Auftrag. Jetzt, als er daran dachte, fiel ihm ein: Wo war denn ihr verdammter Pick-up? Warum hatte er sie noch nicht kontaktiert, wie vereinbart?
Das Intercom in der Wand piepste.
Thorne ging hin und meldete sich. »Hier Thorne.«
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»Hier spricht Korporal Nout an der Backbordluke. Hier ist …
eine Frau, die sie sprechen möchte.«
Thorne und Miles warfen einander fragende Blicke zu. »Wie
heißt sie?«, fragte Thorne.
Auf der anderen Seite wurde gemurmelt, dann kam: »Sie sagt, sie heißt Nicol.«
Thorne grunzte überrascht. »In Ordnung. Lassen Sie sie zur Offiziersmesse eskortieren.«
»Jawohl, Kapitän.« Der Korporal vergaß, sein Intercom abzuschalten, bevor er sich abwandte, und so war noch zu hören: »…
wenn man lang genug bei diesem Haufen bleibt, dann lernt man wirklich alles kennen.«
Nicol erschien im Eingang in einem Schwebesessel, der in einem Blau lackiert war, das genau zu ihren Augen paßte. Sie schlüpfte damit so ungezwungen durch die Tür wie eine Frau, die mit den Hüften wackelt, hielt vor Miles’ Tisch an und paßte ihre Höhe der einer sitzenden Person an. Da sie die Steuerung mit ihren unteren Händen bediente, hatte sie die oberen frei. Die Tragfläche für den Unterleib mußte speziell für sie angefertigt worden sein. Miles beobachtete mit großem Interesse, wie sie den Schwebesessel manövrierte. Er war sich nicht sicher gewesen, ob sie überhaupt außerhalb ihrer Null-Ge-Kugel leben konnte. Er hatte erwartet, sie würde da schwach sein.
Sie wirkte nicht schwach. Sie sah entschlossen aus und schaute Bei Thorne unternehmungslustig an.
Thorne wirkte aufgekratzt. »Nicol. Wie schön, Sie wieder zu treffen.«
Sie nickte kurz. »Kapitän Thorne. Admiral Naismith.« Sie
blickte zwischen beiden hin und her, schließlich ruhte ihr Blick auf Thorne. Miles meinte, er wüßte, warum. Er nippte an seinem Kaffee und wartete die weitere Entwicklung ab.
»Kapitän Thorne. Sie sind ein Söldner, nicht wahr?«
»Ja …«
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»Und … verzeihen
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