Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit
ja nicht allzu gut, oder? An der Seite der Säule fand er eine Rille … handelte es sich um eine Zugangsöffnung? Er tastete sich weiter und suchte. Da war ein verstecktes … Etwas. Er streckte die Arme aus und entdeckte eine entsprechende Stelle auf der gegenüberliegenden Seite. Diese Stellen gaben langsam dem festen Druck seiner Daumen nach. Plötzlich ertönte ein Knall und ein Zischen, und das ganze Paneel löste sich. Miles taumelte und hätte es beinah in das Loch fallen lassen. Er drehte das Paneel auf die Seite und zog es heraus.
»Schön, schön«, sagte er grinsend. Er steckte den Kopf durch das Loch und blickte hinab und hinauf. Pechschwarze Dunkelheit.
Vorsichtig streckte er einen Arm hinein und tastete herum. Er fand eine Leiter, die an der feuchten Innenseite hinaufführte, sicher zum Zugang für Reinigungs-und Reparaturarbeiten. Die ganze Säule konnte offensichtlich mit einer Flüssigkeit beliebiger Dichte – je 188
nach Bedarf – angefüllt werden. Gefüllt wäre sie durch Eigendruck verschlossen und nicht zu öffnen gewesen. Vorsichtig untersuchte er die Innenseite der Luke. Du lieber Himmel, sie konnte von beiden Seiten geöffnet werden. »Schauen wir mal, ob es noch mehr von diesen Löchern gibt, weiter oben.«
Es war ein langwieriges Unternehmen, in die Dunkelheit
hinaufzusteigen und nach weiteren Rillen zu tasten. Miles
versuchte nicht daran zu denken, wie es wäre, sollte er von der glitschigen Leiter abrutschen. Es war für ihn ziemlich beruhigend, als er Taura unter sich atmen hörte. Sie waren vielleicht drei Stockwerke hinaufgestiegen, als Miles’ ausgekühlte und fast gefühllose Finger eine weitere Rille entdeckten. Er hätte sie fast verfehlt; sie befand sich auf der anderen Seite der Leiter im Vergleich zur ersten Öffnung. Er entdeckte dann, daß er nicht so weit reichen konnte, um einen Arm in die Leiter zu haken und gleichzeitig beide Schnappverschlüsse aufzudrücken. Er versuchte es, rutschte aus und hing dann krampfhaft an der Leiter, bis sein Herz aufhörte, wie verrückt zu pochen. »Taura?«, krächzte er. »Ich gehe noch weiter rauf, und dann versuch du es mal.« Nach oben war nicht mehr viel Raum, die Säule endete etwa einen Meter über seinem Kopf.
Alles, was jetzt gebraucht wurde, waren ihre extralangen Arme –
die Schnappverschlüsse gaben mit einem protestierenden Quietschen dem Druck ihrer großen Hände nach.
»Was siehst du?«, flüsterte Miles.
»Einen großen, dunklen Raum. Vielleicht ein Labor.«
»Das macht Sinn. Klettere hinunter und setz das untere Paneel wieder ein. Wir wollen doch nicht verraten, wohin wir gegangen sind.«
Miles schlüpfte durch die Luke in das abgedunkelte Labor,
während Taura ihre Aufgabe erfüllte. Er wagte nicht, in dem fensterlosen Raum ein Licht einzuschalten, aber die Leuchtanzeigen an einigen Geräten auf den Labortischen und an den Wänden
spendeten genügend geisterhaftes Leuchten für seine an die Dun189
kelheit angepaßten Augen, daß er wenigstens nicht über irgendwelche Hindernisse stolperte. Eine Glastür führte auf einen Korridor. Und der wurde intensiv elektronisch überwacht. Miles drückte seine Nase an das Glas und sah eine rote Gestalt durch einen Querkorridor vorbeiflitzen. Hier gab es also Wachen. Was bewachten sie?
Taura kroch aus der Luke ins Freie, setzte sich schwer auf den Boden und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Besorgt eilte Miles zu ihr zurück. »Alles in Ordnung?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin hungrig.«
»Was, schon wieder? Das sollte eine Vierundzwanzigstundenratte … äh … -ration sein.« Ganz zu schweigen von den zwei oder drei Kilo Fleisch, die sie als Vorspeise gehabt hatte.
»Für dich vielleicht«, keuchte sie. Sie zitterte.
Miles begann zu begreifen, warum Canaba sein Projekt als
Mißerfolg bezeichnet hatte. Wenn man sich nur vorstellte, man hätte eine ganze Armee mit einem solchen Appetit zu verpflegen!
Da hätte sogar Napoleon den Mut verloren. Vielleicht war das grobknochige Kind noch im Wachsen. Ein beängstigender Gedanke.
Am Ende des Labors fand er einen Kühlschrank. So wie er die Labortechniker kannte … ach, ja. Tatsächlich befand sich unter den Reagenzgläsern eine Tüte mit einem halben Sandwich und einer großen, wenn auch schon etwas gequetschten Birne. Er reichte beides Taura. Sie blickte sehr beeindruckt drein, als hätte er sie aus dem Ärmel gezaubert, verschlang beides auf der Stelle und sah bald weniger blaß aus.
Miles suchte
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