Vorkosigan 11 Spiegeltanz
hätte. Ich sollte mit Ihnen alleinsein und es dann gegen irgendeinen Teil Ihres Körpers drücken, den ich erreichen könnte. Für eine Morddroge funktionierte es seltsam langsam. Ich sollte zwanzig Minuten in Ihrem Blickfeld warten, während Sie sterben würden, und dabei nie verraten, daß ich nicht Miles war.«
Der Graf lächelte grimmig. »Ich verstehe. Eine gute Rache. Sehr künstlerisch. Es hätte funktioniert.«
»Als der neue Graf Vorkosigan hätte ich dann weitermachen und einen Vorstoß zur Kaisermacht anführen sollen.«
»Das wäre mißlungen. Und Ser Galen hat es so erwartet. Er wünschte nur das Chaos des Mißerfolgs, während dem sich Komarr hätte erheben sollen. Du hättest dann einfach ein weiteres Vorkosigan-Opfer sein sollen.« Er schien sich wirklich zu entspannen und professionell zu werden, während er dieses groteske Komplott diskutierte.
»Sie zu töten war der ganze Grund meiner Existenz. Vor zwei Jahren war ich vorbereitet, es zu tun. Ich habe all diese Jahre bei Galen zu keinem anderen Zweck ertragen.«
»Der Kaiserliche Sicherheitsdienst hat eine umfangreiche Dokumentation über dich zusammengetragen, nachdem das Komplott enthüllt worden war«, bemerkte der Graf. »Sie reicht von der Zeit, als du nur ein verrücktes Funkeln in Galens Augen warst, bis zu den jüngsten Ergänzungen über dein Verschwinden von der Erde vor zwei Monaten. Aber in dieser Dokumentation ist kein Hinweis darauf enthalten, daß dein kürzliches Abenteuer auf Jackson's Whole eine Art latenter Programmierung nach den Richtlinien für meine geplante Ermordung war. Oder?« In seiner Stimme klang ein leichter Zweifel an.
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»Nein«, sagte Mark mit Nachdruck. »Ich bin genügend programmiert worden, um das zu wissen. Das kann Ihnen nicht entgehen. Das ist jedenfalls nicht die Art, wie Galen es gemacht hat.«
»Ich bin nicht deiner Meinung«, sagte Gräfin Vorkosigan unerwartet. »Du bist von jemandem dazu inspiriert worden. Aber nicht von Galen.«
Der Graf hob überrascht die Augenbrauen und blickte sie fragend an.
»Von Miles, fürchte ich«, erklärte sie. »Ganz unabsichtlich.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte der Graf.
Mark ging es genauso. »Auf der Erde hatte ich nur wenige Tage Kontakt mit Miles.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob du dafür bereit bist, aber ich sag's einfach mal. Du hattest genau drei Rollenmodelle, von denen du lernen konntest, ein Mensch zu sein. Die jacksonischen Sklavenhändler, die komarranischen Terroristen – und Miles. Du warst durchtränkt mit Miles. Und es tut mir leid, aber Miles hält sich für einen fahrenden Ritter. Eine vernünftige Regierung würde ihm nicht einmal den Besitz eines Taschenmessers erlauben, geschweige denn den einer Raumflotte. Und als du schließlich gezwungen warst, zwischen zwei offensichtlichen Übeln und einem Verrückten zu wählen, da bist du plötzlich hinter dem Verrückten hergerannt.«
»Ich meine, daß Miles seine Sache sehr gut macht«, widersprach der Graf.
»Ach.« Die Gräfin barg für einen kurzen Augenblick das Gesicht in den Händen. »Mein Lieber, wir reden über einen jungen Mann, dem Barrayar soviel unerträglichen Stress, soviel Schmerz bereitet hat, daß er sich eine vollständige zweite Persönlichkeit schuf, in die er fliehen konnte. Dann hat er einige tausend galaktische 279
Söldner dazu überredet, seine Psychose zu unterstützen, und – der Gipfel des Ganzen – er hat das Kaiserreich von Barrayar herumgekriegt, für alles zu zahlen. Admiral Naismith ist, verdammt noch mal, weit mehr als nur eine Tarnidentität des Sicherheitsdienstes, und das weißt du gut. Ich gebe zu, er ist ein Genie, aber versuch mir nicht zu sagen, daß er ganz normal ist.« Sie schwieg einen Augenblick. »Nein. Das ist nicht fair. Miles' Sicherheitsventil funktioniert. Solange er nicht von dem kleinen Admiral abgeschnitten ist, werde ich nicht wirklich um seine geistige Gesundheit fürchten. Alles in allem ist es ein außerordentlicher Balanceakt.« Sie schaute Mark an. »Und ein Akt, dem zu folgen fast unmöglich ist, sollte man meinen.«
Mark hatte Miles nie für ernstlich verrückt gehalten; er hatte ihn nur für vollkommen gehalten. Das alles war höchst beunruhigend.
»Die Dendarii funktionieren wirklich als Arm des Kaiserlichen Sicherheitsdienstes für verdeckte Operationen«, sagte der Graf und blickte selbst ein bißchen beunruhigt drein. »Und gelegentlich funktionieren sie auf spektakuläre Weise gut.«
»Natürlich. Du
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