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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Stock abzusetzen, von wo aus man einen Ausblick hangabwärts auf den See hatte. Auf den schwarzen seidigen Wassern schimmerten Lichter, die vom Dorf am Ende des Sees und von einigen vereinzelten Gehöften auf dem anderen Ufer ausgingen. Warum haben Sie mich hierhergebracht? dachte er, an den Graf gerichtet. Vorkosigan Surleau war die privateste der verschiedenen Residenzen der Vorkosigans, das gutbewachte emotionale Herz des verstreuten privaten Reichs des Grafen. Hatte Mark einen Test bestanden, daß er hierherkommen durfte? Oder sollte Vorkosigan Surleau selbst einen Test darstellen? Er ging zu Bett und schlief ein, während er noch darüber nachdachte.
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    Er wachte auf und blinzelte in der Morgensonne, die durch das Fenster schien, dessen Jalousien er am Vorabend nicht mehr geschlossen hatte. Ein Diener hatte noch in der Nacht eine Auswahl seiner Freizeitkleidung in den Wandschrank des Zimmers gehängt.
    Mark fand am Ende des Korridors ein Bad, wusch sich, kleidete sich an und begab sich vorsichtig auf die Suche nach anderen Menschen. Eine Haushälterin in der Küche schickte ihn nach draußen, wo er den Grafen finden würde. Leider bot sie ihm kein Frühstück an.
    Er folgte einem Pfad, der mit Bruchsteinen ausgelegt war und zu einem Wäldchen führte, das aus sorgfältig gepflanzten von der Erde importierten Bäumen bestand, deren typische grüne Blätter von der einsetzenden herbstlichen Verfärbung gesprenkelt und vergoldet waren. Große Bäume, sehr alt. Der Graf und Elena befanden sich in der Nähe des Wäldchens in einem ummauerten Garten, der jetzt als Friedhof der Vorkosigans diente. Die steinerne Residenz war ursprünglich eine Wachkaserne gewesen, die der jetzt in Trümmern liegenden Burg am unteren Ende des Sees gedient hatte. Auf dem Friedhof hatten einst die Wachsoldaten die Letzte Ruhe gefunden.
    Mark zog die Augenbrauen hoch. Der Graf trug seine formellste Uniform, die rotblaue kaiserliche Paradeuniform. Er wirkte wie ein Farbklecks in der Umgebung. Elena war ebenso feierlich –
    wenn auch weniger prächtig – gekleidet: in die Ausgehuniform der Dendarii aus grauem Samt mit Silberknöpfen und weißer Paspelierung. Sie kauerte neben einem niederen Feuerbecken aus Bronze, das auf einem Dreifuß stand. Darin flackerten kleine bleich-orangefarbene Flammen; Rauch stieg in dünnen Schwaden in die golden schimmernde, dunstige Morgenluft empor. Sie verbrannten ein Totenopfer. Mark blieb unsicher an dem schmiede337
    eisernen Tor in der niedrigen Steinmauer stehen. Für wen? Niemand hatte ihn eingeladen.
    Elena erhob sich. Sie und der Graf sprachen ruhig miteinander, während die Opfergabe, was immer sie sein mochte, zu Asche verbrannte. Einen Augenblick später faltete Elena ein Tuch zu einem Polster, nahm das Feuerbecken vom Dreifuß und klopfte die grauen und weißen Flocken über dem Grab aus. Sie wischte das Bronzebecken aus und steckte es und den zusammengeklappten Dreifuß in einen bestickten braun-silbernen Sack. Der Graf schaute auf den See hinaus, bemerkte Mark, der neben dem Tor stand, und nickte ihm zu. Er lud ihn nicht gerade ein, aber er wies ihn auch nicht ab.
    Nach einem weiteren Wort an den Grafen verließ Elena den umfriedeten Garten. Der Graf salutierte vor ihr. Im Vorübergehen nickte sie Mark höflich zu. Ihr Gesichtsausdruck war feierlich, aber – nach Marks Vorstellung – weniger angespannt und maskenhaft als in der Zeit seit ihrer Ankunft auf Barrayar. Jetzt winkte der Graf Mark, er solle hereinkommen. Verlegen, aber neugierig trat Mark durch das Tor und ging knirschend auf dem Kiesweg zu der Stelle, wo der Graf stand.
    »Um was … geht es?«, brachte Mark schließlich heraus. Es klang zu schnoddrig, aber der Graf schien es ihm nicht krumm zu nehmen.
    Mit einem Kopfnicken wies Graf Vorkosigan auf das Grab zu ihren Füßen: Sergeant Constantin Bothari, dazu die Daten. Fidelis.
    »Ich habe herausgefunden, daß Elena nie eine Totengabe für ihren Vater verbrannt hat. Er war achtzehn Jahre mein Gefolgsmann und hatte vorher unter mir in den Raumstreitkräften gedient.«
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    »Miles' Leibwächter. Das habe ich gewußt. Aber er wurde getötet, bevor Galen begann, mich zu trainieren. Galen hat nicht viel Zeit auf ihn verwendet.«
    »Das hätte er schon tun sollen. Sergeant Bothari war für Miles sehr wichtig. Und für uns alle. Bothari war … ein schwieriger Mann. Ich glaube nicht, daß sich Elena je ganz mit dieser Tatsache aussöhnen konnte. Sie mußte irgendwie dazu kommen, ihn zu

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