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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Vom Sicherheitsdienst wurde erwartet, daß er alles sah. Das wurde doch durch das drohende Abzeichen mit dem silbernen Horus-Auge an Illyans Uniformkragen angedeutet. War der Ruf des Sicherheitsdienstes bloß Propaganda?
    Eins war sicher. Miles hatte sich nicht selbst aus dieser Kryokammer entfernt. Ob Miles inzwischen verwest, aufgelöst oder noch eingefroren war, es mußte irgendo einen Zeugen oder auch derer mehrere geben. Ein Faden, eine Schnur, ein Haken, eine Verbindung, eine Spur blutiger Brotkrumen, irgend etwas. Ich glaube, es bringt mich um, wenn nichts zu finden ist. Es mußte etwas geben.
    »Lord Mark?«, sagte eine helle Stimme.
    Er hob den Blick von einer blinden Betrachtung seiner Stiefel und fand sich einem lieblichen Dekollete gegenüber, das mit Gaze in Himbeerrosa und weißem Spitzenbesatz einen Brustansatz umrahmte. Die feine Linie eines Schlüsselbeins, weich schwellende Kurven und elfenbeinfarbene Haut bildeten fast eine abstrakte Skulptur, eine schräggelegte topologische Landschaft. Er stellte sich vor, wie er, auf Insektengröße geschrumpft, über diese weichen Hügel und Täler marschierte, und zwar barfuß …
    »Lord Mark?«, wiederholte sie leicht verunsichert.
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    Er legte den Kopf zurück und hoffte, daß der Schatten die Röte der Verlegenheit auf seinen Wangen verbarg, und es gelang ihm wenigstens die Höflichkeit des Augenkontakts. Ich kann es nicht ändern, es liegt an meiner Größe. Tut mir leid. Ihr Gesicht war für das Auge ebenso sehenswert: stahlblaue Augen, geschwungene Lippen. Kurze, lockere aschblonde Locken umkränzten den Kopf.
    Wie es hier für junge Frauen der Brauch zu sein schien, waren winzige rosafarbene Blumen in das Haar geflochten und opferten ihr kleines Pflanzenleben der kurzen, abendlichen Pracht dieser Frau. Doch das Haar war zu kurz, um sie erfolgreich zu halten, und einige waren nahe daran herabzufallen.
    »Ja?« Es klang zu abrupt. Mürrisch. Er versuchte es noch einmal mit einem ermutigenderen »Lady …?«
    »Oh«, sie lächelte, »ich bin nicht Lady Irgendwas. Ich bin Kareen Koudelka.«
    Er runzelte die Stirn. »Sind Sie mit Kommodore Clement Koudelka verwandt?« Ein Name, der auf der Liste von Aral Vorkosigans höheren Stabsoffizieren sehr weit oben stand. Und auf Galens Liste für weitere Attentate, falls sich eine Gelegenheit dazu ergeben würde.
    »Er ist mein Vater«, sagte sie stolz.
    »Ah … ist er hier?«, fragte Mark nervös.
    Das Lächeln verschwand mit einem kurzen Seufzer. »Nein. Er mußte heute abend ins Hauptquartier. Im letzten Moment.«
    »Ach so.« Ganz gewiß. Es wäre interessant, die Männer zu zählen, die heute abend hier hätten zugegen sein sollen, aber wegen des Zustands des Premierministers nicht da waren. Wenn Mark wirklich der feindliche Agent gewesen wäre, zu dem er in jenem anderen Leben ausgebildet worden war, dann hätte er damit schnell entdecken können, wer die wirklichen Inhaber von 389
    Schlüsselpositionen in der Gruppierung waren, die Aral Vorkosigan Rückhalt gaben, egal, was die Dienstpläne sagten.
    »Sie schauen wirklich nicht ganz wie Miles aus«, sagte sie und musterte ihn mit einem kritischen Blick – er erstarrte, aber dann kam er zu dem Schluß, er würde, wenn er seinen Bauch einzöge, nur noch mehr Aufmerksamkeit darauf lenken –, »Ihre Knochen sind schwerer. Es wäre interessant, Sie beide nebeneinander zu sehen. Kommt er bald zurück?«
    Sie weiß es nicht, erkannte er mit einem gewissen Schrecken.
    Weiß nicht, daß Miles tot ist, weiß nicht, daß ich ihn umgebracht habe. »Nein«, murmelte er. Und dann fragte er masochistisch:
    »Waren auch Sie in ihn verliebt?«
    »Ich?« Sie lachte. »Ich habe keine Chance. Ich habe drei ältere Schwestern, und sie sind alle größer als ich. Sie nennen mich die Zwergin.«
    Sein Scheitel reichte ihr nicht bis zur Schulter, was bedeutete, daß sie für eine Barrayaranerin durchschnittlich groß war. Ihre Schwestern mußten Walküren sein. Genau wie es Miles gefiel. Der Duft ihrer Blumen oder ihrer Haut drang mit feinen, zarten Wogen auf ihn ein.
    Die Qual der Verzweiflung durchbohrte ihn, von den Eingeweiden bis in den Schädel. Es hätte mein sein können. Wenn ich es nicht vermasselt hätte, dann hätte das jetzt mein Augenblick sein können. Sie war freundlich und offen und lächelte, aber nur, weil sie nicht wußte, was er getan hatte. Und was war, wenn er log, wenn er es versuchte, wenn er sich gegen alle Vernunft in Ivans trunkenstem Traum mit diesem

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