Vorkosigan 11 Spiegeltanz
Zinsen.«
»Das habe ich einmal versucht«, sagte Mark bitter. »Ich habe mir die Dendarii-Söldner ausgeliehen und damit Bankrott gemacht.«
»Hm.« Gregors Lächeln wurde schief. Er blickte auf, über Mark hinweg, zu der Menge, die sich zweifellos bis in den Vorraum staute. »Wir werden wieder miteinander reden. Laß dir das Dinner schmecken.« Sein Kopfnicken wurde zur formellen Entlassung durch den Kaiser.
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Mark rappelte sich hoch, salutierte geziemend und zog sich wieder zu dem Platz zurück, wo die Gräfin auf ihn wartete.
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KAPITEL 17
Am Ende der ermüdend langen Steuerzeremonie servierte das Personal der Residenz ein Bankett für tausend Leute, die entsprechend ihrem Rang auf verschiedene Räume verteilt wurden.
Mark fand sich in der Nähe von Gregors Tisch wieder. Der Wein und die vorzüglichen Speisen gaben ihm einen Vorwand, um nicht viel mit seinen Nachbarn plaudern zu müssen. Er kaute und nippte so langsam wie möglich. Schließlich hatte er sich doch unangenehm übergessen, und ihm war vom vielen Alkohol schwindlig.
Da bemerkte er, daß die Gräfin all die Toasts absolvierte, indem sie einfach nur ihre Lippen benetzte. Er ahmte ihre Strategie nach und wünschte sich, er hätte es eher bemerkt, aber wenigstens war er noch fähig zu gehen und mußte nicht im Kriechgang den Tisch verlassen, und der Raum drehte sich nur ein wenig.
Es hätte schlimmer sein können. Es hätte sein können, daß ich das alles hätte durchstehen und gleichzeitig so tun müssen, als wäre ich Miles Vorkosigan.
Die Gräfin führte ihn in einen Ballsaal mit einem blank polierten Parkettboden, der für den Tanz freigemacht worden war, obwohl noch niemand tanzte. Ein Orchester aus lebendigen Menschen, alles Männer in der Uniform der Kaiserlichen Streitkräfte, war in einer Ecke plaziert. Im Augenblick spielte nur ein halbes Dutzend der Musiker, und zwar eine Art vorbereitender Kammermusik. An einer Seite des Raumes ließen hohe Türen die kühle Nachtluft von der Promenade herein. Mark nahm die Ausgänge zur Kenntnis und merkte sie als mögliche Fluchtwege vor, falls er später dem Ganzen entkommen wollte. Es hätte eine unaussprechliche Erleichterung bedeutet, gerade jetzt in der Dunkelheit allein zu sein. Er 386
begann sich sogar schon nach seiner Kabine an Bord der Peregrine zu sehnen.
»Sie tanzen?«, fragte er die Gräfin.
»Heute abend nur einmal.«
Die Erklärung dafür wurde kurz darauf deutlich, als Kaiser Gregor erschien und mit seinem gewohnten ernsten Lächeln Gräfin Vorkosigan auf die Tanzfläche führte, um offiziell den Ball zu eröffnen. Bei der ersten Wiederholung der Musik begannen sich andere Paare ihnen anzuschließen. Die Vor-Tänze schienen vorzugsweise formell und langsam zu sein, wobei die Paare sich eher zu komplexen Gruppen zusammenfanden als paarweise allein zu tanzen, und dabei mußten sie viel zu viele präzise Bewegungen auswendig wissen. Mark erschienen die Tänze irgendwie als Allegorien der Art, wie die Dinge hier auf Barrayar vollbracht wurden.
Da er sich seiner Begleiterin und Beschützerin beraubt sah, flüchtete er in einen Nebenraum, wo die Musik nur noch im Hintergrund zu hören war. Büffettische mit noch mehr Speisen und Getränken säumten eine Wand. Einen Moment lang erwog er
sehnsüchtig die Idee, sich sinnlos zu betrinken. Dann könnte er alles vergessen … Ganz recht, sicher. Betrink dich öffentlich, und dann wirst du dich zweifellos auch öffentlich erbrechen. Das war genau, was die Gräfin brauchte. Und den halben Weg in diese Richtung hatte er schon zurückgelegt.
Statt dessen zog er sich in eine Fensternische zurück. Seine mürrische Miene schien auszureichen, um dieses Refugium gegen jedermann zu behaupten. Er lehnte sich im Schatten an die Wand, verschränkte die Arme und nahm sich grimmig vor, durchzuhalten.
Vielleicht konnte er die Gräfin überreden, ihn früh nach Hause zu bringen, gleich nach ihrem einzigen Tanz. Aber sie schien sich 387
durch die Menge zu arbeiten. Bei all dem erschien sie entspannt, umgänglich, heiter. Er hatte an diesem Abend nicht ein einziges Wort aus ihrem Mund gehört, das nicht ihren Zielen diente. So viel Selbstbeherrschung von jemandem, der insgeheim so angespannt war, wirkte beunruhigend.
Seine bittere Stimmung verdüsterte sich noch weiter, als er dar
über nachbrütete, was es bedeutete, daß diese Kryokammer leer war. Der Sicherheitsdienst kann nicht überall sein, hatte die Gräfin einmal gesagt. Verdammt …
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