Vorkosigan 11 Spiegeltanz
Füße nehmen«, murmelte er aus dem Mundwinkel.
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Da Rowan im Augenblick zu überwältigt war, um zu streiten, rief sie: »Chrys, hilf mir! Wir müssen ihn nach unten bringen.«
»Oh …« Unter dem Eindruck, daß es sich um einen medizinischen Notfall handelte, stellte Dr. Chrys keine Fragen. Sie packte seine Fußknöchel und binnen Sekunden bahnten sie sich ihren Weg durch die Menge. Zwei Dr. Duronas, die einen Kerl mit weißem Gesicht, der verletzt aussah, im Dauerlauf davontrugen –
grüngekleidete bewaffnete Männer traten hastig zur Seite und winkten sie weiter.
Als sie das Erdgeschoß erreicht hatten, wollte Chrys in Richtung auf den Klinikbereich weitergaloppieren. Einen Moment lang wurde er in zwei verschiedene Richtungen gerissen, dann befreite er seine Füße aus dem Griff der verdutzten Dr. Chrys und machte sich von Rowan los. Sie folgte ihm und so erreichten sie zusammen die Tür nach draußen.
Die Aufmerksamkeit der Wachen war auf die Bemühungen der beiden Männer mit dem Raketenwerfer gerichtet; seine Augen folgten der schattenhaften Form ihres Ziels, das sich auf dem Rückzug befand und von den Schneewolken verschluckt wurde.
Nein, nein, nicht schießen …! Der Raketenwerfer rülpste, die leuchtende Explosion ließ den Luftwagen schwanken, jedoch nicht abstürzen.
»Bring mich zu dem größten, schnellsten Ding, das du in Gang setzen kannst«, keuchte er Rowan zu. »Wir können sie nicht davonkommen lassen.« Wir können auch nicht zulassen, daß Fells Leute sie in die Luft sprengen. »Beeil dich!«
»Warum?«
»Diese Kerle haben gerade meinen, meinen … Bruder entführt«, keuchte er. »Wir müssen folgen. Müssen sie runterbringen, wenn wir können, verfolgen, wenn wir nicht können. Die Dendarii 554
müssen irgendwelche Verstärkungen haben, wenn wir sie nicht verlieren. Oder Fell. Lilly ist seine, seine Vasallin, nicht wahr? Er muß reagieren. Oder irgend jemand reagiert.« Er zitterte heftig.
»Wenn wir sie verlieren, bekommen wir sie nie zurück. Damit rechnen sie.«
»Was, zum Teufel, sollen wir tun, wenn wir sie einholen?«, widersprach Rowan. »Sie haben gerade versucht, dich zu entführen, und du möchtest hinter ihnen her? Das ist eine Aufgabe für die Sicherheit!«
»Ich bin … ich bin …« Was? Was bin ich? Sein frustriertes Gestotter ging in ein Konfettigewirr von Wahrnehmung über. Nein, nicht schon wieder…
Sein Blick wurde wieder deutlich, als ein Hypnospray zischte und kalt in seinen Arm biß. Dr. Chrys stützte ihn, Rowan hatte einen Daumen gegen sein Augenlid gedrückt, während sie ihm ins Auge schaute und mit der anderen Hand das Hypnospray wieder in ihre Tasche gleiten ließ. Eine Art glasiger Verwirrung überkam ihn, als wäre er in Zellophan eingewickelt. »Das sollte helfen«, sagte Rowan.
»Nein, es hilft nicht«, beschwerte er sich, oder versuchte es wenigstens. Aus seinen Worten wurde ein Gemurmel.
Sie hatten ihn aus der Lobby weggeschleift, aus der Sichtweite der anderen in die Nähe eines der Liftrohre zum unterirdischen Teil der Klinik. Er hatte also nur wenige Augenblicke an die Konvulsion verloren. Es gab immer noch eine Chance – er zappelte in Chrys' Griff, doch der wurde fester.
Das Geräusch von weiblichen Schritten, nicht den Stiefeln von Wachen, kam um die Ecke. Lilly erschien, mit unbewegtem Gesicht und bebenden Nasenflügeln, flankiert von Dr. Poppy.
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»Rowan. Schaff ihn hier fort«, sagte Lilly mit einer Stimme, die trotz ihrer Atemlosigkeit völlig gelassen klang. »Georish selbst wird zum Planeten herunterkommen, um diese Sache zu untersuchen. Er darf nie hier gewesen sein. Unsere Angreifer scheinen Feinde von Naismith gewesen zu sein. Die Geschichte wird so lauten, daß die Dendarii auf der Suche nach Naismiths Klon hierherkamen, ihn aber nicht fanden. Chrys, beseitige die Indizien in Rowans Zimmer und versteck die entsprechenden Dateien.
Los!«
Chrys nickte und rannte los. Rowan übernahm es, ihn auf den Beinen zu halten. Er hatte eine seltsame Neigung zusammenzusinken, als würde er schmelzen. Er blinzelte gegen die Droge an.
Nein, wir müssen hinterher …
Lilly warf Rowan eine Kreditkarte zu, und Dr. Poppy überreichte ihr ein paar Mäntel und eine Arzttasche. »Nimm ihn zur Hintertür hinaus und verschwinde. Benutze die Evakuierungscodes. Such dir einen beliebigen Ort aus und tauche unter, und zwar nicht auf einem unserer Anwesen. Melde dich über eine gesicherte Leitung von einem anderen Ort aus. Da dürfte ich
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