Vorkosigan 11 Spiegeltanz
berühren.
Schling und Grunz und Jaul und der Andere waren alle sehr vorsichtig, das Baby nicht zu wecken. Zärtlich und fürsorglich verteidigten sie es. Dafür waren sie ausgerüstet. Ein häßlicher, mieser, abgebrühter Haufen, diese seine psychischen Söldner. Unschön.
Aber sie erledigten ihre Aufgabe.
Er begann ihnen von Zeit zu Zeit kleine Marschmelodien vorzusummen.
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KAPITEL 27
Trennung frischt die Liebe auf.
Und umgekehrt, fürchtete Miles. Rowan hatte wieder ihr Kissen über den Kopf gezogen. Er ging weiterhin auf und ab. Und redete weiterhin. Anscheinend konnte er nicht aufhören. In der Zeit, die seit seiner verborgenen Erinnerungskaskade vergangen war, hatte er eine Vielzahl von Plänen für ihre Flucht entwickelt, und alle hatten fatale Fehler. Da er keinen der Pläne in die Tat umsetzen konnte, hatte er sie neu geordnet und verbessert, und das alles laut.
Immer wieder und wieder. Rowan hatte aufgehört, seine Pläne ihrer Kritik zu unterziehen … war das gestern gewesen? Tatsächlich hatte sie aufgehört, überhaupt mit ihm zu reden. Sie hatte den Versuch aufgegeben, ihn zu hätscheln und zu entspannen; statt dessen tendierte sie jetzt dazu, sich auf der anderen Seite des Zimmers aufzuhalten oder lange Zeit ins Bad einzusperren. Er konnte es ihr nicht übelnehmen. Seine wiederkehrende nervöse Energie schien sich zu etwas wie einer Manie aufzuschaukeln.
Diese erzwungene Beengung strapazierte ihre Neigung für ihn bis ans Äußerste. Und, so mußte er zugeben, er hatte seine neue leichte Zurückhaltung ihr gegenüber nicht verbergen können. Eine Kühle in seiner Berührung, ein erhöhter Widerstand gegen ihre medizinische Autorität. Er liebte und bewunderte sie, keine Frage, und hätte sich gefreut, wenn sie die Leiterin einer Krankenstation gewesen wäre, die ihm gehörte. Unter seinem Kommando. Aber Schuldgefühle und die Empfindung fehlender Privatsphäre hatten zusammen sein Interesse an Intimitäten beeinträchtigt. Im Augenblick hatte er andere Leidenschaften. Und die verzehrten ihn.
Bald sollte es Abendessen geben. Wenn man drei Mahlzeiten pro langem jacksonischen Tag annahm, dann waren sie jetzt schon vier 590
Tage hier. Der Baron hatte nicht noch einmal mit ihnen gesprochen. Was für Pläne heckte Vasa Luigi dort draußen aus? War Miles schon versteigert worden? Was wäre, wenn die nächste Person, die durch die Tür kam, sein Käufer war? Was, wenn überhaupt niemand für ihn bot? Was, wenn sie für immer hier drinnen gelassen würden?
Die Mahlzeiten wurden gewöhnlich von einem Diener auf einem Tablett gebracht, unter den wachsamen Augen zweier mit Betäubern bewaffneter Wachen. Er hatte in den kurzen Fetzen von Wortwechseln, die er mit ihnen führte, alles versucht, was er sich ausdenken konnte, um sie zu bestechen, ohne gerade noch seine Tarnung aufzugeben. Sie hatten ihn nur angelächelt. Er bezweifelte seine Fähigkeit, einem Betäuberstrahl davonrennen zu können, aber bei der nächsten Gelegenheit nahm er sich vor, es zu versuchen. Er hatte keine Chance gehabt, etwas Cleveres zu versuchen. Jetzt war er bereit, etwas Dummes zu versuchen.
Manchmal funktionierte der Überraschungseffekt …
Das Schloß klickte. Er wirbelte herum und stellte sich auf, um lossausen zu können. »Rowan, steh auf!«, zischte er. »Ich werde es jetzt versuchen.«
»Ach, verdammt«, stöhnte sie und kam unter dem Kissen hervor.
Ohne daran zu glauben, aber von ihm gepiesackt, stand sie auf, schlurfte um das Bett herum und stellte sich neben ihn. »Betäubung tut weh, weißt du. Und dann muß man sich erbrechen. Du wirst wahrscheinlich wieder Anfälle bekommen.«
»Ja, das weiß ich.«
»Aber wenigstens wirst du dann eine Weile die Klappe halten«, murmelte sie leise.
Er richtete sich auf den Fußballen auf. Dann ließ er sich wieder hinab, als der Diener hereinkam. Du lieber Himmel, was soll denn 591
das? Da gab es plötzlich einen neuen Spieler im Spiel, und sein Denken schaltete in den Leerlauf. Rowan, die auf seinen angekündigten Sprint wartete, blickte ebenfalls auf, und ihre Augen weiteten sich.
Es war das Klonmädchen Lilly – Lilly die Jüngere mußte er sie wohl nennen – in ihrer braun-rosa Seidenuniform eines Hausdieners, einem langen Wickelrock und einer mit Flitter besetzten Jacke. Aufrecht trug sie ihr Essenstablett und setzte es auf dem Tisch auf der anderen Seite des Zimmers ab. Unverständlicherweise nickte der Wächter ihr zu und zog sich zurück, wobei er die Tür
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