Vorkosigan 11 Spiegeltanz
zu steuern«, sagte Baz. »Allerdings kann irgendwo eine neue Mannschaft auf ihn gewartet haben.«
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»Wenn er einen solchen offenen Akt der Piraterie und einen Mord geplant hätte, dann hätte er wohl kaum ein Kampfkommando der Dendarii mitgenommen, das ihm Widerstand leisten würde.« Manchmal war vernünftige Argumentation sehr beruhigend. Manchmal. Miles holte Luft. »Oder vielleicht ist Bel bestochen worden.«
Baz zog die Augenbrauen hoch. Quinn nahm unbewußt den
Nagel ihres rechten kleinen Fingers zwischen die Zähne, biß ihn aber nicht durch.
»Wie bestochen?«, fragte Elena. »Nicht mit Geld.« Sie grinste.
»Kannst du dir vorstellen, daß es Bel endlich aufgegeben hat, dich zu verführen, und daß er nach dem zweitbesten Partner Ausschau hält?«
»Das ist nicht komisch«, versetzte Miles. Baz verwandelte ein mißtrauisches Schnauben in ein vorsichtiges Husten und blickte Miles kühl an, doch er hielt nicht durch und mußte kichern.
»Auf jeden Fall ist es ein alter Witz«, räumte Miles müde ein.
»Aber es hängt davon ab, was Mark auf Jackson's Whole vorhat.
Die Art von … direkter Sklaverei, die von den verschiedenen jacksonischen Körpergestaltern praktiziert wird, ist ein schlimmes Ärgernis für Bels fortschrittlichen betanischen Geist. Falls Mark daran denkt, irgend etwas von seinem alten Heimatplaneten zu erpressen, dann könnte er vielleicht Bel dazu überreden, dabei mitzumachen.«
»Auf Kosten der Flotte?«, fragte Baz.
»Das grenzt an … Meuterei«, stimmte Miles widerstrebend zu.
»Ich beschuldige ihn nicht. Ich spekuliere nur. Ich versuche, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.«
»Wäre es in diesem Fall möglich, daß Marks Ziel überhaupt nicht Jackson's Whole ist?«, fragte Baz. »Es gibt vier weitere Sprung89
punkte aus dem jacksonischen Lokalraum hinaus. Vielleicht passiert die Ariel Jackson's Whole lediglich.«
»Physikalisch möglich, ja«, sagte Miles. »Psychologisch …
Auch ich habe Mark studiert. Und während ich nicht sagen kann, daß ich ihn durchschaue, so weiß ich doch, daß Jackson's Whole eine große Rolle in seinem Leben spielt. Es ist nur ein Gefühl in meinem Bauch, aber dieses Gefühl ist stark.« Wie ein schlimmer Fall von Verstopfung. »Wie sind wir diesmal von Mark überlistet worden?«, fragte Elena. »Ich dachte, der Kaiserliche Sicherheitsdienst sollte für uns ein Auge auf ihn haben.«
»Hat er auch getan. Ich bekomme regelmäßig Berichte von Illyans Büro«, sagte Miles. »Laut dem letzten Bericht, den ich vor weniger als drei Wochen im Hauptquartier des Sicherheitsdienstes gelesen habe, war Mark noch auf der Erde. Aber da ist die verdammte Zeitverzögerung. Wenn er die Erde vor etwa vier oder fünf Wochen verlassen hat, dann ist dieser Bericht noch unterwegs von der Erde zu Illyan auf Barrayar und von dort zu mir. Ich wette mit euch betanische Dollar in beliebiger Höhe, daß wir in den nächsten paar Tagen eine codierte Nachricht vom Hauptquartier bekommen, die uns warnt, daß Mark verschwunden ist. Wieder.«
»Wieder?«, sagte Elena. »Ist er schon zuvor verschwunden?«
»Ein paarmal. Tatsächlich dreimal.« Miles zögerte. »Wißt ihr, immer wieder – dreimal in den letzten zwei Jahren – habe ich selbst versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Habe ihn eingeladen, sich zu melden, nach Barrayar zu kommen oder sich zumindest mit mir zu treffen. Jedesmal hat er es mit der Angst zu tun bekommen, ist untergetaucht und hat seine Identität geändert –
darin ist er ziemlich gut, nach all der Zeit, die er als Gefangener der komarranischen Terroristen zugebracht hat –, und Illyans Leute brauchen dann Wochen oder Monate, um ihn wieder aufzuspüren.
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Illyan hat mich gebeten, ohne seine Einwilligung keinen Kontaktversuch mehr mit Mark zu unternehmen.« Er wurde nachdenklich. »Meine Mutter wünscht sich so sehr, daß er zu uns kommt, aber sie wird Illyan nicht dazu veranlassen, daß er den Befehl zu Marks Entführung gibt. Zuerst war ich auch ihrer Meinung, aber jetzt frage ich mich, ob es richtig war.«
»Als dein Klon, ist er…«, begann Baz.
»Bruder«, korrigierte Miles sofort. »Bruder. Ich lehne den Begriff ›Klon‹ für Mark ab. Ich verbiete ihn. ›Klon‹ impliziert Austauschbares. Ein Bruder ist jemand Einzigartiges. Und ich versichere euch, Mark ist einzigartig.«
»Wenn wir … Marks nächste Schritte erraten wollen«, begann Baz erneut, diesmal vorsichtiger, »können wir dabei von vernünftigen Überlegungen
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