Vorkosigan 11 Spiegeltanz
gesprungen kam, hatte ich begonnen, euch einen echten, ehrlichen Auftrag zu geben.«
»Ach ja«, sagte Baz befriedigt. »Endlich.«
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»Den neuen Kontrakt.« Trotz seiner Ablenkungen lächelte er.
»Bevor Mark auftauchte, hatte ich es für eine Mission gehalten, bei der nichts schiefgehen konnte. Einen Urlaub, bei dem alle Auslagen bezahlt werden.«
»Was, einen Spezialauftrag ohne Kampf?«, spöttelte Elena »Ich dachte, du hättest wegen solcher Aufträge immer auf den alten Admiral Oser herabgeschaut.«
»Ich habe mich geändert.« Wie immer spürte er einen kurzen Stich des Bedauerns für den verstorbenen Admiral Oser. »Seine Kommando-Philosophie erscheint mir immer besser. Vermutlich werde ich alt.«
»Oder erwachsen«, schlug Elena vor. Sie tauschten einen kühlen Blick aus.
»Auf jeden Fall«, fuhr Miles fort, »das Oberkommando von Barrayar möchte eine bestimmte unabhängige Transferstation im tiefen Raum mit besseren Waffen ausstatten, als sie zur Zeit hat.
Station Vega liegt nicht zufällig in der Nähe der Hintertüren des cetagandanischen Reiches. Jedoch befindet sich besagte Raumrepublik an einem problematischen Knotenpunkt im Wurmlochnexus. Quinn, bitte die Raumkarte.«
Quinn rief ein dreidimensionales Schema von Station Vega und ihren Nachbarn auf. Die Sprungrouten wurden durch funkelnde gezackte Linien zwischen den dunstigen Kugeln von Lokalraumsystemen dargestellt.
»Von den drei Sprungpunkten, über die Station Vega gebietet, führt einer in den cetagandanischen Einflußbereich, und zwar über ihre Satrapie Ola Drei. Einer wird von Toranira blockiert, das manchmal ein Verbündeter, manchmal ein Feind von Cetaganda ist, und der dritte wird von Zoave Twilight gehalten, das aus Rücksicht auf Cetaganda politisch neutral, aber seinem großen 94
Nachbarn gegenüber wachsam ist.« Während er davon sprach, ließ Quinn jedes System aufleuchten. »Station Vega wird von Ola Drei und Toranira völlig gegen den Import jeglicher Art größerer offensiver oder defensiver Raumwaffensysteme blockiert. Unter dem Druck von Cetaganda kooperiert Zoave Twilight widerstrebend bei dem Waffenembargo.«
»Und wo kommen wir ins Spiel?«
»Buchstäblich über Toranira. Wir schmuggeln Packpferde.«
»Was?«, fragte Baz. Elena allerdings verstand die Anspielung und grinste plötzlich.
»Hast du diese Geschichte noch nie gehört? Aus der Geschichte von Barrayar? Graf Selig Vorkosigan lag während des Ersten Blutigen Jahrhunderts mit Lord Vorwyn von Haselhell in Fehde.
Die Stadt Vorkosigan Vashnoi wurde belagert. Zweimal die Woche hielten Lord Vorwyns Patrouillen einen verrückten, närrischen Burschen mit seiner Kavalkade von Packpferden an und durchsuchten sein Gepäck nach Schmuggelgut, Lebensmitteln oder Nachschub. Aber seine Packen waren immer mit Müll gefüllt. Sie stocherten und suchten darin herum und leerten die Säcke – er sammelte dann immer alles sorgfältig wieder zusammen –, sie filzten ihn durch, und am Ende mußten sie ihn ziehen lassen. Nach dem Krieg traf einer von Vorwyns Grenzwächtern zufällig in einer Taverne Graf Seligs Lehensmann, der jetzt keinen Narren mehr spielte. ›Was hast du geschmuggelt?‹ fragte er frustriert. ›Wir wissen, daß du etwas geschmuggelt hast, aber was war es?‹ Und Graf Seligs Lehensmann erwiderte: ›Pferde.‹
Wir schmuggeln Raumschiffe. Nämlich die Triumph, die Ariel, die D-16, die alle der Flotte gehören. Wir kommen in den Lokalraum von Station Vega über Toranira, mit einem Durchflugplan unterwegs nach Illyrica. Wohin wir auch wirklich unterwegs sein 95
werden. Wir verlassen den Lokalraum von Station Vega über Zoave, immer noch mit jedem Kämpfer an Bord, aber mit drei alternden Schiffen weniger. Dann fliegen wir weiter nach Illyrica und holen dort unsere drei brandneuen Kriegsschiffe ab, die gerade jetzt, während wir uns hier unterhalten, in den Raumschiffwerften im Orbit von Illyrica fertiggestellt werden. Unser schönes Geschenk zum Winterfest von Kaiser Gregor.«
Baz blinzelte. »Wird das funktionieren?«
»Kein Grund, warum es nicht funktionieren sollte. Die mühsame Vorarbeit – Erlaubnisse, Visa, Bestechungen und so fort – wird komplett von Agenten des Sicherheitsdienstes vor Ort erledigt.
Alles, was wir tun müssen, ist hindurchzufliegen, ohne irgend jemanden aufzuscheuchen. Es ist kein Krieg im Gange, kein einziger Schuß sollte abgefeuert werden. Das einzige Problem besteht darin, daß ein Drittel meines Handelsinventars
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