Vorkosigan 11 Spiegeltanz
Barrayar reisen, Sir.«
»Der Premierminister wird Fragen haben, die nur jemand beantworten kann, der an Ort und Stelle dabei war. Du bist der beste Kurier, den ich mir für eine so … komplexe und heikle Sache vorstellen kann. Ich gebe zu, es wird eine schmerzliche Aufgabe sein.«
Bothari-Jesek blickte drein, als wäre sie in einer Falle gefangen.
»Sir, ich bin dienstältester Schiffsführer. Ich bin nicht frei, die Peregrine zu verlassen. Und – offen gesagt – liegt mir nicht daran, Lord Mark zu begleiten.«
»Ich gebe dir als Gegenleistung alles, was du willst.«
Sie zögerte. »Alles?«
Er nickte.
Sie schaute Mark an. »Ich habe mein Wort gegeben, daß alle Klons des Hauses Bharaputra an einen sicheren, humanen Ort 261
gebracht werden, an den der Arm der Jacksonier nicht reicht.
Wollen Sie mein Wort für mich einlösen?«
Illyan kaute an seiner Lippe. »Der Sicherheitsdienst kann ihnen natürlich schnell neue Identitäten geben. Da gibt es keine Schwierigkeiten. Angemessene Unterbringung könnte schon
schwieriger sein. Aber ja doch, wir übernehmen sie.«
Übernehmen. Was meinte Illyan? Wenn sie auch sonst viele Fehler hatten, so praktizierten die Barrayaraner wenigstens keine Sklaverei.
»Sie sind noch Kinder«, platzte Mark heraus. »Sie müssen daran denken, daß sie noch Kinder sind.« Es ist schwer, daran zu denken, wollte er hinzufügen, aber unter Bothari-Jeseks kühlem Blick konnte er es nicht.
Illyan zog seinen Blick von Mark ab. »Ich werde Gräfin Vorkosigan um Rat fragen. Sonst noch was?«
»Die Peregrine und die Ariel …«
»Müssen einstweilen im Orbit von Komarr und unter Kommunikationsquarantäne bleiben. Ich bitte eure Soldaten um Verzeihung, aber sie müssen es durchstehen.«
»Sie werden die Kosten für dieses Durcheinander übernehmen?«
Illyan verzog das Gesicht. »Leider ja.«
»Und … und intensiv nach Miles suchen!«
»O ja«, flüsterte er.
»Dann gehe ich nach Barrayar.« Ihre Stimme klang matt, ihr Gesicht war bleich.
»Danke«, sagte Illyan ruhig. »Mein Schnellkurier wird euch zur Verfügung stehen, sobald ihr startbereit seid.« Sein Blick fiel widerstrebend auf Mark. Die ganze letzte halbe Stunde des Gesprächs hatte er es vermieden, Mark anzuschauen. »Wie viele 262
persönliche Wachen möchtest du haben?« fragte er Bothari-Jesek.
»Ich werde ihnen klarmachen, daß sie unter deinem Befehl stehen, bis sie euch sicher beim Grafen abgeliefert haben.«
»Ich will eigentlich keine, aber vermutlich muß ich manchmal schlafen. Also zwei«, entschied Bothari-Jesek.
Und so wurde Mark seiner Meinung nach zu einem Gefangenen der Kaiserlichen Regierung von Barrayar. Endstation!
Bothari-Jesek erhob sich und winkte Mark aufzustehen. »Los, komm. Ich möchte ein paar persönliche Sachen von der Peregrine holen. Und meinem Stellvertreter sagen, daß er das Kommando hat, und den Soldaten erklären, wieso sie an Bord bleiben müssen.
Das dauert dreißig Minuten.«
»Gut. Kapitänin Quinn, bitte bleiben Sie.«
»Jawohl, Sir.«
Illyan stand auf und geleitete Bothari-Jesek hinaus. »Erzähl es Aral und Cordelia«, begann er und verfiel dann in Schweigen. Es zog sich hin.
»Das werde ich«, sagte Bothari-Jesek ruhig. Illyan nickte stumm.
Die Tür öffnete sich zischend. Sie wandte nicht einmal den Kopf, um zu sehen, ob Mark ihr folgte. Alle fünf Schritte mußte er rennen, um mit ihr Schritt halten zu können.
Seine Kabine an Bord des Schnellkuriers des Kaiserlichen Sicherheitsdienstes war noch winziger und noch zellenähnlicher als die Kabine, die er an Bord der Peregrine bewohnt hatte. Bothari-Jesek schloß ihn ein und ließ ihn allein. Es gab nicht einmal den Zeitmesser und den beschränkten menschlichen Kontakt der dreimal täglich erfolgenden Lieferung von Essensrationen. Seine Kabine hatte ihr eigenes, computergesteuertes Essenszuteilungs263
system, das mit einem Zentrallager pneumatisch verbunden war.
Er überaß sich zwanghaft, wobei er sich nicht länger sicher war, was dieses Verhalten für ihn bewirken konnte, außer daß es ihm eine Kombination aus Trost und Selbstzerstörung verschaffte.
Aber es brauchte Jahre, bis man an den Komplikationen von Fettleibigkeit starb, und er hatte nur noch fünf Tage.
Am letzten Tag änderte sein Körper die Strategie, und Mark wurde heftig krank. Es gelang ihm, dies geheimzuhalten, bis sie den Flug hinab zum Planeten in einem Personalshuttle antraten, wo ein überraschend mitfühlender Sicherheitsmann die
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