Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
davon anfangen … Als Haroche nicht antwortete, wandte sich Gregors Blick Miles zu. »Was für ein Köder?« fragte er mit täuschender Sanftheit.
Miles räusperte sich. »Er hat mir die Dendarii angeboten. Er sagte, ich könnte wieder für ihn arbeiten, zu den gleichen Bedingungen wie für Simon. Oh, noch besser. Er brachte einen Hauptmannsrang ins Spiel.« Drei nahezu identische erstaunte Blicke schienen ihn an die Wand zu pinnen.
»Das hast du mir gegenüber nicht erwähnt«, sagte Illyan schließlich.
»Nein.« »Auch mir gegenüber hast du es nicht erwähnt«, sagte Gregor.
»Nein.« »Du meinst, du hast nicht ja gesagt?«, fragte Ivan überrascht.
»Nein. Ja. Was immer.« »Warum nicht?«, fragte Illyan nach scheinbar einer vollen Minute.
»Ich glaubte, ich könnte nicht beweisen, daß es Bestechung war.« »Nein. Ich meine, ich weiß, was eine Bestechung ist, Gott weiß, du mußt es mir nicht demonstrieren«, sagte Illyan. »Warum hast du nicht angenommen?« »Und Galeni ihm als Sündenbock geopfert? Und ihn dann die nächsten zehn, zwanzig Jahre den KBS leiten lassen und dabei wissen, was ich von ihm wußte? Wie lange, glauben Sie, hätte es gedauert, bis er einfach aufgehört hätte, Gregor zu berichten, und begonnen hätte, ihn durch seine Berichte oder noch direkter zu manipulieren? Zu seinem eigenen Besten, natürlich, und zum Besten des Kaiserreichs.« »Das hätte ich nicht getan. Ich hätte Ihnen gut gedient, Majestät«, beharrte Haroche mit gesenktem Kopf und leiser Stimme.
Gregor legte die Stirn in tiefe Falten.
Zum Teufel, laß ihm doch sein Leugnen. Miles hätte genauso wenig versucht, es ihm zu entreißen, wie er versucht hätte, einem Ertrinkenden einen Balken wegzunehmen. Er wollte nichts mehr von Haroche, kein weiteres Geständnis mehr, nicht einmal Rache.
Er mußte nicht einmal seinen Haß erwidern. Miles würde vielleicht um den ehrlichen Haroche vom Mittsommer trauern, der jetzt verloren war; der Haroche des Winterfestes hatte sein Schicksal gewählt. Sie sind substanzlos und können mich nicht bewegen. Ich bin müde und will mein Abendessen haben. »Sind wir noch nicht fertig?«, seufzte er.
Gregor lehnte sich zurück. »Ich fürchte schon.« »Sie tun so, als sei es Mord gewesen, und das war es nicht. Es war nicht Hochverrat«, beharrte Haroche. »Das müssen Sie sehen, Majestät.« Versuchen Sie es mal mit: »Es tut mir leid.« Hören Sie auf, sich zu rechtfertigen, bitten Sie um Gnade. Sie würden überrascht sein, was dann passieren kann.
»Simon ist nicht einmal verletzt worden!« Sehr überlegt stand Gregor auf und kehrte Haroche den Rücken zu. Haroche öffnete den Mund zu weiteren verzweifelten Rechtfertigungen, die nicht mehr zum Vorschein kamen, sondern ihm im Hals steckenzubleiben schienen. Illyan, der berühmt war für sanftes verbales Gift, blickte drein, als fiele ihm nichts zu sagen ein, das vernichtend genug wäre.
Als Gregor das Zeichen zum Öffnen der Tür gab und hinausging, flitzte Ivan sofort hinter ihm her. Illyan wartete auf Miles – er ließ ihn, aus purer Gewohnheit, den Rücken nicht ungeschützt einer potentiellen Gefahr zukehren – und folgte ihm dann auf den Korridor. Die Tür schloß sich zischend vor Haroches letzten hervorgewürgten Protesten und schnitt sie so jäh ab, als hätte ihm eine Klinge den Hals durchtrennt.
Sie blieben alle stumm, bis sie wieder den Eingangsbereich erreicht hatten. Dann bemerkte Illyan: »Ich hatte gedacht, diese Bemerkung vom Ringen mit der Versuchung sei ein Scherz gewesen.« »Drei zu zwei, Simon. Es war ganz eng. Ich … will wirklich nicht darüber reden.« »Er hat also versucht, einen von meinen Auditoren zu bestechen«, sagte Gregor. »Das ist ein Kapitalverbrechen.« »Ich denke nicht, daß ich versuchen möchte, das einem Militärgericht zu erklären, Majestät. Haroche hat genug am Hals. Es kann wohl kaum noch schlimmer für ihn kommen. Laß es sein.
Bitte.« »Wenn du es wünschst, Mylord Auditor.« Gregor hatte einen seltsamen Ausdruck im Gesicht, als er auf Miles herabschaute.
Miles trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Es war nicht Überraschung oder Verwunderung, die sich schließlich in einem Kraftausdruck aufgelöst hätten. Etwa Respekt? Sicherlich nicht. »Was hat dich zurückgehalten? Auch ich möchte wissen, warum, weißt du. Soviel schuldest du mir.« »Ich … weiß nicht genau, wie ich es formulieren soll.« Er suchte und fand – sehr zu seiner Überraschung – diesen
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