Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Titel: Vorkosigan 12 Viren des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
Einbestellung durch Illyan soviel Zeit vergehen sollte, daß er hätte nach Escobar und zurück reisen können, dann wäre er so weit, in den Teppich zu beißen, selbst wenn er keinen Anfall hätte.
    Er überlegte, ob er eine weitere Flasche heraufholen und sich wirklich betrinken sollte; ein Akt sympathetischer Magie, um es wirklich wahrscheinlich zu machen, daß Illyan anrief. Doch Ekel und Erbrechen ließen die Zeit subjektiv eher langsamer vergehen, nicht schneller. Eine unattraktive Aussicht. Vielleicht hat Illyan mich vergessen.
    Ein fadenscheiniger Witz. Illyan vergaß nie etwas. Er konnte gar nichts vergessen. Damals, als er KBS-Leutnant gewesen war, in seinen späten Zwanzigern, hatte der damalige Kaiser Ezar ihn zum fernen Illyrica geschickt, damit in sein Gehirn ein experimenteller eidetischer Gedächtnischip implantiert wurde. Der alte Ezar hatte sich ausgemalt, über ein zweibeiniges Aufzeichnungsgerät zu verfügen, das nur ihm allein verantwortlich war. Die Technik hatte sich nicht als kommerzielle Entwicklung durchgesetzt, denn der Chip hatte später bei % seiner Träger eine iatrogene Schizophrenie ausgelöst. In seiner Skrupellosigkeit war Ezar bereit gewesen, diese % Risiko um der % Gewinn willen einzugehen, oder anders ausgedrückt, hatte gewollt, daß ein leicht ersetzbarer junger Offizier dieses Risiko für ihn auf sich nahm. In der Verfolgung seiner Politik hatte Ezar im Laufe seines Lebens sich Tausender junger Soldaten wie Illyan entledigt.
    Doch Ezar war bald darauf gestorben und hatte Illyan wie einen wandernden Planetoiden in den Orbit um Admiral Aral Vorkosigan geraten lassen, der sich als einer der bedeutenderen politischen Sterne des Jahrhunderts erwies. Die folgenden dreißig Jahre hatte Illyan für Miles’ Vater in der einen oder anderen Weise Sicherheitsarbeit geleistet.
    Miles überlegte, was es bedeuten würde, die Erinnerungen aus fünfunddreißig Jahren wie mit einem Wimpernschlag herbeirufen zu können, so scharf und so augenblicklich, als hätte man das Erinnerte gerade eben erst erlebt. Die Vergangenheit würde nicht durch diesen willkommenen rosaroten Nebel der Vergeßlichkeit gedämpft. Fähig zu sein, jeden Fehler, den man jemals gemacht hatte, in Originalton und perfekter Farbe wieder ablaufen zu lassen … das mußte so etwas wie ewige Verdammnis sein. Kein Wunder, daß die Chip-Träger verrückt geworden waren. Allerdings war es vielleicht nicht so schmerzvoll, sich an die Fehler anderer Leute zu erinnern. In Illyans Umgebung lernte man, seine Zunge zu hüten. Er konnte jedes idiotische, dumme oder schlechtüberlegte Wort, das man jemals gesagt hatte, wörtlich zitieren, samt den begleitenden Gesten.
    Alles in allem glaubte Miles, daß er sich nichts aus einem solchen Chip machen würde, selbst wenn er medizinisch dafür qualifiziert wäre. Einer schizoiden Demenz fühlte er sich schon ohne einen solchen technischen Beschleuniger nahe genug. Nein danke!
    Galeni jedoch schien von dieser langweiligen, phantasielosen Art zu sein, die sich dafür eignen würde; doch Miles hatte Grund zu der Annahme, daß Galeni verborgene Tiefen in sich trug, so verborgen wie die terroristische Vergangenheit seines Vaters Ser Galen. Nein, auch Galeni war kein geeigneter Kandidat. Galeni würde einfach auf so ruhige Weise wahnsinnig werden, daß er einen riesigen Schaden anrichten könnte, bevor irgend jemand etwas bemerkte.
    Miles starrte auf seine Komkonsole und versuchte sie mit dem bloßen Willen zum Aufleuchten zu bringen. Rufen Sie an! Rufen Sie an! Rufen Sie an! Geben Sie mir meine gottverdammte Mission! Holen Sie mich hier heraus! Das Schweigen der Konsole schien fast seiner zu spotten. Schließlich gab er es auf und ging eine weitere Flasche Wein holen.

----
KAPITEL 6
    Erst am übernächsten Abend summte die Komkonsole in Miles’ Schlafzimmer wieder. Den ganzen Tag war er daneben gesessen, nun fiel er vor Überraschung fast vom Stuhl. Er ließ sie absichtlich noch einmal summen, während er versuchte, sein rasend pochendes Herz zu beruhigen und den Atem anzuhalten. Ganz recht. Das muß es sein. Sei kühl, ruhig und gefaßt, alter Junge.
    Zeig Illyans Sekretär nicht, wie du schwitzt.
    Doch zu seiner bitteren Enttäuschung gehörte das Gesicht, das über der Vid-Scheibe erschien, nur seinem Cousin Ivan. Er war offenbar gerade erst von seiner Arbeit im Hauptquartier der Kaiserlichen Streitkräfte heimgekommen und trug noch seine grüne Interimsuniform … mit blauen statt roten

Weitere Kostenlose Bücher