Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
Kabinentür klopfte.
»Mylord?«, meldete sich Roic leise. »Admiral Vorpatril möchte mit Ihnen sprechen. Er ist auf der gesicherten KomKonsole in der Offiziersmesse.«
Was immer an Inspiration in dem schläfrigen Intermezzo zwischen Schlaf und Erwachen aus seinem Hinterkopf in sein Bewusstheit heraufgeschwebt war, entzog sich ihm unwiderruflich. Miles stöhnte und schwang sich aus dem Bett. Ekaterins Hand hing vom oberen Bett herunter, sie blickte ihn verschlafen an; er nahm die Hand und flüsterte: »Schlaf weiter, Schatz.« Sie schnaufte zustimmend und rollte sich auf die andere Seite.
Miles fuhr sich mit den Händen durchs Haar, packte
seine graue Jacke, zog sie sich über seine Unterwäsche und tapste barfuß in den Korridor hinaus. Als die luftdichte Tür sich zischend hinter ihm schloss, blickte er auf sein Chrono. Da sich der Quaddie-Raum nicht mit unpraktischen planetarischen Rotationen abgeben musste, galt im Lokalraum eine einzige Zeitzone, an die sich Miles und Ekaterin wahrscheinlich auf der Herreise angepasst hatten.
In Ordnung, es war also nicht mitten in der Nacht, es war früher Morgen.
Miles setzte sich an den Tisch in der Offiziersmesse,
glättete seine Jacke und zog den Kragen am Hals hoch,
dann berührte er die Steuertaste an seinem Stuhl. Über der 1096
VidScheibe erschienen Admiral Vorpatrils Gesicht und
sein Oberkörper. Er war hellwach, angekleidet, rasiert und hatte zur rechten Hand eine Kaffeetasse stehen, der Mistkerl.
Vorpatril presste die Lippen zusammen und schüttelte
den Kopf. »Wie zum Teufel haben Sie es gewusst?«,
wollte er wissen.
Miles kniff die Augen zusammen. »Wie bitte?«
»Ich habe gerade von meinem Chefarzt den Bericht über
Solians Blutprobe erhalten. Es war künstlich hergestellt, wahrscheinlich innerhalb von vierundzwanzig Stunden, bevor es auf dem Deck vergossen wurde.«
»So, so.« Verdammt noch mal. »Das ist… bedauerlich.«
»Aber was bedeutet das? Ist der Mann noch irgendwo
am Leben? Ich hätte geschworen, dass er nicht desertiert ist, aber vielleicht hatte Brun Recht.«
Wie eine Uhr, die stillstand, konnten auch Idioten
mitunter Recht haben. »Ich muss darüber nachdenken.
Eigentlich beweist es weder, dass Solian noch lebt, noch, dass er tot ist. Es beweist nicht einmal notwendigerweise, dass er nicht dort getötet wurde, nur. dass man ihm nicht dort die Kehle durchgeschnitten hat.«
Gefolgsmann Roic – Gott segne und erhalte ihn auf
immer! – stellte eine Tasse mit dampfendem Kaffee neben Miles’ Ellbogen ab und zog sich wieder auf seinen Posten an der Tür zurück. Miles räusperte sich, versuchte seine Verwirrung mit dem ersten Schluck hinunterzuspülen und nahm dann noch einen zweiten Schluck, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
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Doch Vorpatril hatte bei beidem einen Vorsprung, beim
Kaffee und beim Überlegen. »Sollten wir das Chef Venn berichten? Oder… nicht?«
Miles gab einen Laut des Zweifels von sich. Sein
einziger diplomatischer Trumpf, das Einzige, was ihm hier sozusagen Boden unter den Füßen gegeben hatte, war die Möglichkeit gewesen, dass Solian von einem unbekannten Quaddie ermordet worden war. Dies war jetzt jedoch noch fragwürdiger geworden, so schien es. »Das Blut muss irgendwo hergestellt worden sein. Wenn man die richtigen Geräte hat, dann ist es einfach, und wenn man sie nicht hat, ist es unmöglich. Wenn man herausfindet, wo überall sich solche Geräte auf der Station – oder an Bord von Schiffen, die angedockt sind – befinden, dann muss sich darunter der Ort befinden, wo es hergestellt wurde. Der Ort und die Zeit müssten zu den Leuten führen. Nach dem Ausschlussverfahren. Das ist sozusagen Beinarbeit…«Miles zögerte, doch dann fuhr er fort:«… und für die ist die örtliche Polizei besser ausgerüstet als wir. Wenn man ihr vertrauen kann.«
»Den Quaddies vertrauen? Wohl kaum!«
»Welche Motivation sollten sie haben, uns anzulügen
oder in die Irre zu führen?« Ja, welche? »Ich muss das über Greenlaw und Venn erledigen. Auf Station Graf habe ich keine Autorität aus eigenem Recht.« Nun ja, da gab es Bel, aber er musste Bel sparsam einsetzen, sonst gefährdete er die Tarnung des Hermaphroditen.
Er wollte die Wahrheit wissen. Reumütig erkannte er,
dass er am liebsten auch ein Monopol auf sie hätte,
zumindest bis er Zeit hatte herauszufinden, wie er am
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besten Barrayars Interessen dienen konnte. Doch wenn die Wahrheit uns nicht dient, was sagt das dann über uns, ha?
Er
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