Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
hatte keine der Schwestern einen Gefangenen gemacht, außer Delia. die beim Winterfest offensichtlich diesen komarranischen Freund von Miles erobert hatte – niemand Geringeren als einen Kommodore des KBS. Kareen konnte es kaum erwarten, alle Einzelheiten über die Verlobung zu hören.
Alle redeten gleichzeitig. Papa ausgenommen, der es
schon Vorjahren aufgegeben hatte und jetzt einfach
wohlwollend zuhörte. Sie zogen los. um Kareens Gepäck zu holen und zum Bodenwagen zu gehen. Papa und Mama hatten aus diesem Anlass offenbar den großen Wagen von Lord Vorkosigan ausgeliehen, zusammen mit Gefolgsmann Pym als Fahrer, sodass sie alle in den Fond passten. Pym empfing Kareen mit einem herzlichen Willkommensgruß von seinem Lehensherrn und ihm selbst, stapelte ihre bescheidenen Koffer neben sich auf den Beifahrersitz, und schon fuhren sie los.
»Ich dachte, du würdest in einem dieser betanischen
Oben-Ohne-Sarongs heimkommen«, neckte Martya sie.
während der Bodenwagen in Richtung Stadt losfuhr.
»Ich hatte es mir überlegt.« Kareen vergrub ihr Grinsen
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in dem Arm voll Blumen. »Aber es ist hier einfach nicht warm genug.«
»Du hast doch nicht dort wirklich einen getragen, oder?«
Bevor Kareen gezwungen war, entweder darauf zu
antworten oder der Frage auszuweichen, meldete sich
glücklicherweise Olivia: »Als ich Lord Vorkosigans
Wagen sah, dachte ich, Lord Mark sei also doch mit dir nach Hause gekommen, aber Mama sagte nein. Kommt er nicht zur Hochzeit nach Barrayar?«
»O ja. Eigentlich ist er schon vor mir von Kolonie Beta abgeflogen, aber er machte unterwegs Halt auf Escobar, um…«. sie zögerte, »sich um einige seiner Geschäfte zu kümmern.« Genau genommen war Mark dorthin gereist, um Pillen zum Abnehmen zu schnorren – stärkere als jene, die ihm seine betanische Therapeutin verschreiben würde –.
und das in einer Klinik jacksonischer Ärzte, an der er finanziell beteiligt war. Zweifellos würde er dabei die wirtschaftliche Gesundheit der Klinik überprüfen, sodass Kareens Antwort nicht direkt gelogen war.
Diese seine zweifelhafte Entscheidung hatte fast zu
ihrem ersten echten Streit geführt, aber – wie Kareen erkannte – hier lag die Entscheidung wirklich bei ihm. Das Thema Körperkontrolle kam dem Kern seiner tiefsten Probleme nahe; Kareen entwickelte einen Instinkt dafür –wenn sie sich nicht damit schmeichelte, dass dies einem wirklichen Verständnis nahe kam –. wann sie ihn zu seinem eigenen Besten drängen konnte. Und wann sie einfach warten und Mark mit Mark ringen lassen musste.
In diesem vergangenen Jahr hatte sie das etwas
beängstigende Privileg gehabt zu beobachten und zu hören,
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wie seine Therapeutin ihn trainierte, und sie hatte die aufheiternde Erfahrung machen dürfen, unter der Aufsicht der Therapeutin an der teilweisen Heilung mitzuwirken, die er erreichte. Und da waren mehr wichtige Aspekte der Liebe zu erlernen als nur ein verrückter Drang nach Geschlechtsverkehr: Vertrauen zum Beispiel. Geduld einander gegenüber. Und paradoxerweise und in Marks
Fall am dringendsten: eine gewisse kühle und distanzierte Autonomie. Sie hatte Monate gebraucht, um das herauszufinden. Sie hatte nicht vor, dies ihrer lauten, neckenden, liebenden Familie im Fond eines Bodenwagens zu erklären.
»Ihr seid gute Freunde geworden…«, begann ihre
Mutter einladend.
»Er hat einen Freund gebraucht.« Dringend.
»Ja, aber ist er dein Boyfriend? « Martya hatte keine Geduld mit Feinheiten, sie zog Klarheit vor.
»Als er letztes Jahr hier war, schien er in dich verliebt zu sein«, bemerkte Delia. »Und du hast dich mit ihm dieses ganze Jahr lang auf Kolonie Beta herumgetrieben. Ist er etwa ein Spätstarter?«
»Vermutlich ist er intelligent genug, um interessant zu sein«, fügte Olivia hinzu, »- ich will sagen, er ist Miles'
Zwilling, also muss er intelligent sein –, aber mir kam er ein bisschen unheimlich vor.«
Kareen erstarrte Wenn du als Sklave geklont worden wärest, von Terroristen aufgezogen, um ein Mörder zu werden, abgerichtet mit Methoden, die auf körperliche und seelische Folter hinauslaufen, und wenn du dann - 76 -
Menschen umbringen müsstest um zu entkommen, dann würdest auch du wahrscheinlich ein bisschen unheimlich wirken. Wenn du nicht ein zuckendes Nervenbündel wärest.
Mark war kein Nervenbündel, nein, er hatte mehr Power.
Mark war dabei, sich neu zu schaffen, mit äußerster
Anstrengung, die – obwohl für den
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