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Vorn

Titel: Vorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bernard
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(Sie trugen die Schuhe dann natürlich die ganze Zeit, und wenn
     sie sich später ihre Urlaubsfotos anschauten, leuchtete das brandneue Weiß der Plastikkappen und |33| Schnürsenkel an ihren Füßen immer aus den Bildern heraus.) Eine Menge Platz benötigten auch die Lebensmittel, die sie mitnehmen
     wollten. An ihrem letzten Vormittag in Los Angeles kauften sie in dem gigantischen Gelson’s-Supermarkt in Century City ein
     paar Dinge ein, die es in Deutschland nicht gab, vor allem einen bestimmten Ahornsirup und die »Aunt Jemima«-Pancake-Backmischung,
     die sie sich in den ersten Tagen nach ihrer Rückkehr dann zum Frühstück machten. Sie bekamen die Pancakes allerdings nie so
     hin, wie sie es aus den Coffee Shops und Diners in Amerika kannten; weder ließ sich am eigenen Herd ihre kompakte Form herstellen
     – die Pfannkuchen fransten am Rand immer aus –, noch ihre besondere Farbe, der helle äußere Rand und der appetitliche Braunton
     in der Mitte. Doch trotz dieser Mängel erinnerte sie der Geschmack des Buttermilchteiges und des Sirups an das Frühstück in
     New York und Los Angeles, und sie konnten ihr »Amerikagefühl«, wie es Emily immer nannte, in Deutschland noch ein paar Tage
     lang aufrechterhalten.

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    Der Weg in die Redaktion war für Tobias in der ersten Zeit jedes Mal mit einem großen Glücksgefühl verbunden, und das nicht
     nur, weil er jetzt tatsächlich Mitarbeiter dieses Magazins war, sondern auch wegen der Lage des Zeitungsgebäudes mitten im
     Zentrum der Stadt. Er wohnte von jeher im Süden Münchens, und in den Jahren, in denen er mit dem Fahrrad zur Universität gefahren
     war, hatte er täglich die verschlungenen Altstadtwege rund um den Marienplatz und den Viktualienmarkt durchquert, um ins weiter
     nördlich gelegene Universitätsviertel zu gelangen. Jetzt waren diese Wege nicht mehr nur eine malerische Passage, ein Zwischenstück
     auf der von schnurgeraden Hauptstraßen geprägten Strecke, sondern das Ziel der Fahrt selbst. Tobias empfand das als schöne
     Übereinstimmung: dass das
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, für ihn der neue Mittelpunkt der Stadt, auch geografisch genau im Zentrum lag. Dennis Hagen, ein junger Redakteur, der gerade
     aus der Nähe von Frankfurt zu der Zeitschrift gekommen war, sprach immer davon, dass es das Ziel sein müsse, »die Stadt zu
     rocken«, in der man lebte, also so schnell wie möglich die entscheidenden Orte, die aufregendsten Kreise aufzuspüren, um in
     ihren Kern vorzustoßen. Der Standort des Magazins war die beste Voraussetzung dafür.
     
    |36| Inzwischen kam Tobias regelmäßig im
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vorbei und teilte dem Pförtner die Durchwahlen der Mitarbeiter, die er sprechen wollte, nun von sich aus mit, um den Vorgang
     abzukürzen. »Ich bin mit Susanne Buchner verabredet, Durchwahl 8423«, sagte er oder: »Hier ist ein Artikel für Carla Bertoni,
     sie hat die Durchwahl 8424.« Die Redakteure des
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Magazins waren angehalten, ihre direkten Telefonnummern nur bekannten Mitarbeitern zu geben, und Tobias freute sich über das
     Privileg, nicht mehr wie am Anfang die Durchwahl der Sekretärin wählen zu müssen und sich dann verbinden zu lassen. Als er
     Carla oder Robert zum ersten Mal auf ihren eigenen Apparaten anrief, wunderte er sich, dass sie, als Redakteure einer großen
     Zeitschrift, sich am Telefon nur mit ihren Nachnamen meldeten. Das unvermittelt Private am Telefon – dass es keinen Unterschied
     gab zu der Art, wie man sich auch zu Hause meldete – überrumpelte Tobias bei den ersten Telefonaten fast ein wenig, passte
     aber, wie er fand, zu der engen Verbindung der Redakteure mit ihrem Heft; vielleicht sprach daraus auch ein gewisser Stolz,
     einen eigenen Schreibtisch, ein eigenes Telefon in den Büroräumen zu haben.
     
    Dann erschien das Heft mit der Nummer 42. Montag früh, gleich nach dem Aufwachen, ging Tobias schnell zum Kiosk in seinem
     Wohnblock, kaufte die Zeitung und zog noch an der Verkaufstheke das Heft heraus. Hastig blätterte er bis zu der Stelle kurz
     nach der Mitte, an der er die »Details«-Rubrik vermutete, und wirklich: Sein Artikel stand auf der Seite! Er überflog den
     Text – wie angekündigt, war kaum etwas geändert – und las am Ende seinen Namen, »Tobias Lehnert«. Bislang hatte |37| er diesen Namenszug nur in Amtsschreiben oder auf dem Deckblatt seiner Seminararbeiten gedruckt gesehen. Jetzt stand er hier,
     hunderttausendfach vervielfältigt, und er glaubte ein leichtes Zittern in den

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