Vorsätzlich verliebt
passieren.
»Was meinst du, Barbara? Wie wäre das hier für Angies Hochzeit?« Eine Frau mittleren Alters strich andächtig über ein blassgrünes Kostüm. »Wunderbares Material. Hier, fühl mal. Achtzig Pfund, aber es ist von Frank Usher. Oh, ich wollte immer schon etwas von Frank Usher haben.«
»Achtzig Pfund?« Stella schnalzte ungläubig mit der Zunge. »Ich sollte auch so einen Laden eröffnen.« Sie trat zu der Frau, betrachtete Kostümjacke und -rock und meinte: »Schade, dass Sie gestern Morgen nicht im Oxfam-Laden an der Hill Street waren. Da hätten sie genau dieses Teil hier für sechs Pfund fünfzig bekommen.«
Erins Herz sackte noch weiter ab. Die Frau und ihre Begleiterin traten instinktiv einen Schritt zurück und sahen Erin ungläubig-schockiert an.
»Das ist nicht wahr.« Erin schüttelte den Kopf. »Ignorieren Sie sie einfach. Das stimmt nicht.«
»Komm schon, wir wissen doch alle, was du machst. Ich habe letzten Sommer drei Tüten mit Altkleidern für den Kirchenbazar gespendet, und ein Großteil der Sachen landete hier.«
Noch eine freche Lüge, aber das wussten die potentiellen Kundinnen in ihrem Laden nicht. »Ich führe im Computer eine Liste von allen, die mir Kleider in den Laden bringen, damit ich sie verkaufe.«
»Aber sicher doch. Ich würde mir auch eine Liste mit Namen ausdenken und so tun, als sei ich auf diese Weise an die Kleider gekommen«, flötete Stella. »Ansonsten würde es ja einen üblen Eindruck machen, nicht wahr? Hast du übrigens je wieder was von der Frau gehört, die sich über die Strickjacke beschwerte, die sie bei dir gekauft hat? Die mit den Maden in den Taschen?«
Die beiden Frauen verließen fluchtartig den Laden. Die anderen drei Kundinnen sahen einander an, bevor auch sie gingen. Die Letzte wischte sich verstohlen die Hände an ihrem Mantel ab.
»Sie lügt«, rief Erin ihnen hinterher, bevor sich die Ladentür schloss.
»Hat aber funktioniert.« Stella schien mit sich zufrieden. »Oder nicht?«
»Das kannst du nicht tun.«
»Hab’s gerade getan.«
»Das ist nicht fair.«
»Ich halte es für sehr fair«, befand Stella. »Ich glaube, du hast es verdient.«
»Ich habe dir Fergus nicht genommen.« Erin schüttelte den Kopf. Wenn sie es weitere fünfzigtausend Mal sagte, würde Stella ihr dann glauben?
»Jetzt lügst du aber.«
Also gut, sie würde ihr wohl eher nicht glauben. Erin versuchte es mit einer anderen Methode. »Wenn du hier hereinkommst und Schwierigkeiten verursachst, wird das Fergus nicht gerade Lust darauf machen, zu dir zurückzukehren.«
»Das weiß ich, ich bin ja nicht blöd.« Stellas Schultern wurden steif. Sie hob das Kinn. »Bis neulich Nacht glaubte ich noch, es könnte geschehen, aber jetzt weiß ich, das wird es nicht. Wegen dir werde ich nie das Leben oder die Familie haben können, nach der ich mich sehnte. Was mich komischerweise richtig wütend macht.«
»Aber ich habe nicht …«
»Ach, hör doch auf, die kleine Naive zu spielen.« Stellas Blick glitt verächtlich über Erins Hüften. »Na ja, so klein auch wieder nicht …«
Zitternd sagte Erin: »Ich möchte nicht, dass du jemals wieder meinen Laden betrittst.«
»Keine Sorge, das werde ich nicht. Aber vergiss eines nicht.« Stella blieb an der Tür stehen, die Hand auf dem Griff. »Du hast mir weh getan Und ich jetzt bin ich an der Reihe, dir weh zu tun.«
17. Kapitel
»Auf der anderen Straßenseite sitzt ein Fotograf im Baum.« Kaye umklammerte das Telefon und duckte sich neben das Fenster, bevor er ein Foto von ihr schießen konnte. »Und noch viel mehr treiben sich unten auf dem Pflaster herum.«
»Auf dem Pflaster«, sprach Max ihr nach, sechstausend Meilen weit weg. »Du und deine lockere amerikanische Ausdrucksweise.«
»Max, hör auf.« Sie wusste, dass er nur ihre Stimmung heben wollte, aber das funktionierte nicht.
»Ist ja gut, tut mir leid.« Nach all den Jahren ihrer Ehe verstanden sie einander. »Aber das geht vorbei. Gib ihnen ein oder zwei Tage, dann verlieren sie das Interesse und widmen sich dem nächsten Klatsch.«
»Das hoffe ich.« Doch Kaye war sich nicht sicher, zumal nun auch noch der Übertragungswagen eines Fernsehsenders vorfuhr. Sie war nicht verhaftet worden – die Polizei hatte sie nach zwei quälenden Stunden auf dem Revier ohne Anklage laufen lassen –, aber sie wusste bereits, dass Charlene nicht lockerlassen würde. Journalisten, von Charlene angestachelt, hatten bei ihr angerufen und um einen Kommentar gebeten.
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