Vorsaison
meine Freude, als ich Sonja am Busterminal warten sah.
Dann begriff ich, dass etwas passiert sein musste. Sonja war ziemlich nervös
und sagte, bevor wir zu ihr fahren könnten, müsste sie mir zuerst etwas
erzählen. Sie sagte, ich müsste vorsichtig sein. Mein Ex hätte herausgefunden,
dass wir uns kannten und er wüsste auch, dass ich bei ihr wohnte. Ich hörte die
unterdrückte Panik in Sonjas Stimme und ein Blick in ihr Gesicht sagte mir, sie
hatte auch schon Bekanntschaft mit meinem Ex gemacht! Ich nahm sie am Arm und
wir setzten uns gleich um die Ecke ins Bahnhofs-Café. Etwas zittrig und mit
Tränen in den Augen berichtete Sonja, was während meiner Abwesenheit passiert
war.
Mein Ex hatte Sonja am Mittwochabend auf
dem Parkplatz bei ihrem Appartementhaus aufgelauert. Sonja kannte ihn zwar
nicht, hatte aber schnell eins und eins zusammengezählt, zumal er auf Krücken
ging. Sonja wusste durch mich von seinem Autounfall. Zuerst hatte er sich als
Arbeitskollege von mir ausgegeben und behauptet, ich selbst hätte ihm erzählt,
dass ich nun bei Sonja wohnte. Dann hatte er gemeint, dass er mir etwas Wichtiges
von der Arbeit geben müsste. Sonja hatte daraufhin versucht ihn abzuwimmeln und
behauptet, ich würde nicht bei ihr wohnen — da hätte er wohl etwas
missverstanden. Daraufhin hatte mein Ex angefangen herumzubrüllen, er würde
sich nicht länger zum Narren halten lassen. Er wüsste, dass Sonja eine Freundin
von mir sei und wir zusammen im vergangenen Herbst in Lloret gewesen wären. Er
hätte ein Recht, mit mir zu reden und ich könnte mich nicht ewig vor ihm
verstecken! Zum Glück ging mein Ex jedoch noch auf Krücken und Sonja war
einfach weggelaufen.
Am Donnerstagabend hatte er ihr
jedoch wieder aufgelauert. Diesmal vor dem Hauseingang und er hatte sie erneut
bedrängt. Sonja erzählte mit kreidebleichem Gesicht, er habe ihr gesagt, er
hätte ihr Haus in den letzten beiden Tagen observiert und sei es nun leid! Er
hatte Sonja gedroht, er würde meinen Aufenthaltsort notfalls aus ihr
herausprügeln. Weil er ihr dabei den Zugang zum Haus verwehrte, hatte Sonja angefangen,
um Hilfe zu schreien. Es hatte aber niemand auf ihre Hilferufe reagiert und so
war sie schließlich wieder geflüchtet, zurück zu ihrem Auto. Sie war dann
gleich zur nächsten Polizeiwache gefahren, wo sie Anzeige erstattete.
Mittlerweile konnte Sonja die Tränen nicht mehr zurückhalten. Schluchzend
erzählte sie mir, wie sie den Beamten erklärte, dass der Mann, der sie bedroht
habe, der Ex-Freund einer Bekannten sei. Sonja sagte, sie habe aber auch den
Beamten nicht gesagt, dass ich bei ihr wohnen würde, nur dass wir uns kannten.
Soweit entsprach dies auch der Wahrheit, denn offiziell gemeldet war ich immer noch
bei meinen Großeltern. Selbst in der Zeit, wo ich bei meinem Ex-Freund gewohnt
hatte, hatte ich mich nicht umgemeldet. Anschließend hatten zwei Beamte Sonja
dann nach Hause begleitet, doch bei ihrem Eintreffen war mein Ex natürlich
schon weg.
Am Freitagabend hatte ein
Arbeitskollege Sonja nach Hause begleitet und kurz darauf hatte dann die
Polizei vor ihrer Tür gestanden — zusammen mit meinem Ex. Die Polizisten hatten
von ihr wissen wollen, ob dies der Mann sei, der sie angeblich bedroht
habe. Sonja hatte dies bejaht. Sie sagte, sie wäre total erschrocken gewesen,
meinen Ex direkt vor ihrer Wohnungstür zu sehen, auch wenn er in Begleitung
zweier Beamter gewesen wäre. Mein Ex hätte dann auch nicht geleugnet, Sonja zu
kennen, hatte aber bestritten, sie bedroht zu haben. Laut seiner Aussage habe
er sie lediglich nach meinem Verbleib befragt und als Sonja ihm daraufhin
gesagt habe, sie wüsste nicht wo ich sei, wäre er gleich wieder gegangen. Warum
Sonja ihn deshalb angezeigt habe, könnte er sich nicht erklären. Zudem habe er
sie auch nur gestern Abend angesprochen, am Abend zuvor sei er zu Hause
gewesen. Und ihr Haus habe er schon gar nicht observiert, wie hätte er das auf
zwei Krücken denn auch machen sollen? Sonja schluchzte, die Beamten hätten
daraufhin meinem Ex zustimmend zugenickt und sie selbst hätte dann gerufen,
dass sei alles nicht wahr und der Mann würde lügen — woraufhin die Beamten sie
als hysterisch bezeichnet hätten!
Einer der Beamten war dann zusammen
mit meinem Ex wieder gegangen, während der andere Sonja aufgefordert hatte,
ihre Anzeige nochmal zu überdenken. Sie hätte gestern wohl etwas überreagiert,
genauso, wie sie es jetzt gerade wieder getan habe. Außerdem
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