Vorsaison
noch fraglich, ob
er überhaupt zum Verkäufer taugen würde.
Hermann war derweilen jeden Tag auf
der Post gewesen und hatte nach der telegrafischen Geldüberweisung gefragt, die
Babs ihm hatte schicken wollen und die natürlich nicht eingetroffen war. Detlef
hatte daraufhin angefangen, Hermann damit aufzuziehen, dass seine Henne, die
goldene Eier für ihn legen wollte, doch noch zur Vernunft gekommen sei. Heute
Abend hatte Detlef es laut Maurice dann bewusst auf die Spitze getrieben und
Hermann, der sowieso schnell zu provozieren war, war ausgerastet. Detlef hatte
dies gleich als Möglichkeit genutzt ihn vor die Tür zu setzen. Maurice sagte,
er habe ihn dann zum „Picasso“ gefahren. Ich erzählte ihm daraufhin von
Hermanns Besuch bei Ernie und Maurice nickte. Hermann und Babs hatten sich
eigentlich für heute Abend im „Picasso“ verabredet, wo Babs nach ihrer Rückkehr
erst einmal hatte wohnen wollen.
>>Hermann hat dann natürlich
schnell herausgefunden, dass heute kein neuer Gast eingecheckt hat und eine
kleine, blonde Frau namens Babs aus Deutschland sowieso nicht. Er hat sich dann
selbst ein Zimmer dort genommen, wollte aber gleich danach zu Ernie — ich bin
wieder gefahren, weil ich, ehrlich gesagt, nicht wissen wollte, ob du nun
vielleicht auch nicht zurückgekommen bist.<<
Darauf wollte ich jedoch nicht
eingehen. Stattdessen erzählte ich Maurice´, was in Deutschland geschehen war und
auch, dass ich mir Sorgen um Babs machte — und Vorwürfe, sie im Stich gelassen
zu haben. Maurice schüttelte daraufhin vehement den Kopf. Er meinte, nichts würde
ohne Grund geschehen und so sei es auch am besten für Babs. Hermann würde den
Verlust verkraften, immerhin hatte er noch das Geld, das Babs an ihrem
Probeabend im „Japón” verdient hatte. Zusammen mit seinem letzten Lohn von
Detlef würde er sich zumindest so lange über Wasser halten können, bis die
ersten Touristinnen einträfen — oder er einen Job als Propper fand.
Ich erinnerte mich daran, wie Babs
erwähnt hatte, Hermann würde eigentlich nur für Kost und Logis bei Detlef arbeiten.
Maurice schüttelte dazu nur den Kopf und sagte, Detlef sei sicherlich ein nervtötender
Soziopath, aber er würde alle seine Mitarbeiter gut und vor allen Dingen
pünktlich bezahlen. Hermann habe jedoch ein ausgesprochenes Drogenproblem und
fast sein ganzes Gehalt wäre immer für Kokain draufgegangen.
>>Was hat Detlef eigentlich
damit gemeint, als er sagte, dass du Geld dafür bekommst, wenn du mit jemandem
ins Bett gehst? Ich meine, ich weiß worauf Detlef damit bei mir anspielen
wollte — aber bei dir
Ich hatte überlegt, ob ich die Frage
überhaupt stellen sollte und Maurice seufzte.
>>Ach, was soll‘s<<, sagte
er dann und erzählte mir von einer gewissen Lourdes aus Calella, die er im
vergangen Jahr dort kennengelernt hatte.
>Hast du dich eigentlich nie
gefragt, wieso ich hier als illegaler Einwanderer überhaupt ein Auto mit
spanischem Kennzeichen fahren kann?<<
Ich schüttelte den Kopf.
>>Der Wagen gehört Lourdes, sie
hat ihn mir quasi geschenkt. Ihr Vater ist ein reicher Geschäftsmann aus
Calella und Lourdes würde mich gerne heiraten.<<
>>Und?<<, machte ich.
>>Und — dass ich sie eigentlich
nicht heiraten will. Obwohl es für mich wahrscheinlich die einzige Möglichkeit
ist, auf legale Weise eine Aufenthaltsgenehmigung und vielleicht sogar
irgendwann einmal eine andere Staatsbürgerschaft zu bekommen.<<
Maurice betrachtete sich als Europäer
und wollte ein freies Leben nach europäischen Maßstäben führen; mit
allen Rechten, die ein europäischer Staatsbürger hatte. Eine Heirat mit Lourdes
würde für ihn zumindest Sicherheit bedeuten, denn man würde ihn nicht mehr
abschieben können. Aber er würde sich dafür in eine Abhängigkeit begeben und Freiheit sah für ihn nun mal anders aus. In diesem Punkt konnte ich ihm nur zustimmen. Ich
fragte, was diese Lourdes denn für ein Typ sei und Maurice sagte, sie sei
eigentlich sehr nett. Aber er machte auch keinen Hehl daraus, dass sie schon
alt war und sogar einen erwachsenen Sohn hatte. Außerdem wären ihr Sohn und ihr
Vater sicherlich nicht sonderlich erpicht darauf, ausgerechnet einen Moro zum Stiefvater, beziehungsweise Schwiegersohn zu bekommen. Maurice erklärte, er
könnte es den beiden noch nicht einmal verübeln.
>>Wenn ich Lourdes heirate,
dann nur wegen der damit verbundenen Aufenthaltsgenehmigung und der späteren
Einbürgerung.<<
>>Weiß sie das?<<, wollte
ich wissen
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