Vorsicht, frisch verliebt
Sinn für Amüsantes. Weshalb sollte ich wohl sonst mit Ihnen reden?«
»Wenn Sie nicht danach beurteilt werden möchten, was vor ein paar Nächten zwischen uns passiert ist, sollten Sie das andersherum ebenfalls nicht tun.« Plötzlich schnappte er sich ihre Tüte und griff hinein. »Was ist das?«
»Ein Törtchen. Und zwar meins. Hey!«
Doch er biss bereits ein Stück ab. »Lecker«, erklärte er beim Kauen. »Süß und saftig. Wollen Sie noch was?«
»Nein danke. Essen Sie ruhig alles auf.«
»Pech für Sie.« Gut gelaunt schob er sich den Rest des Törtchens in den Mund. »In den Staaten schmeckt das Essen nie so gut wie hier. Ist Ihnen das auch schon aufgefallen?« Allerdings. Sie hatte endlich den Lebensmittelladen erreicht und ging ohne eine Antwort hinein.
Statt ihr in das Geschäft zu folgen, kniete er sich draußen auf die Straße und streichelte den alten Hund, der, um ihn zu begrüßen, die Treppe des Ladens heruntergehumpelt war. Die freundliche Verkäuferin, die ihr den Honig mitgegeben hatte, war nirgendwo zu sehen. An ihrer Stelle stand hinter dem Tresen ein älterer, mit einer Schlachterschürze angetaner Mann. Als Isabel ihm ihre mit Hilfe ihres Wörterbuchs erstellte Einkaufsliste reichte, starrte er sie böse an, und ihr wurde bewusst, dass der einzige ihr wohlgesonnene Mensch, den sie bisher an diesem Tag getroffen hatte, der grässliche Lorenzo alias Dante war. Ein erschreckender Gedanke.
Der grässliche Mensch lehnte derweil gemütlich an der Wand des Hauses und las eine italienische Zeitung. Als sie herauskam, rollte er das Blatt zusammen, klemmte es sich unter den Arm und streckte die Hände nach ihren Einkaufstaschen aus.
»O nein, lieber nicht. Damit verschwinden Sie, und ich habe wieder nichts.« - Sie überquerte die Straße in Richtung ihres Wagens.
»Ich sollte Sie rauswerfen.«
»Und mit welcher Begründung?«
»Dass Sie - wie sagt man doch so schön? - Ja, richtig ... eine echte Hexe sind.«
»Nur Ihnen gegenüber.« Sie wandte sich an einen Mann, der auf einer Bank saß und sich sonnte. »Signore! Dieser Mann ist gar kein echter Priester. Er ist -«
Gage schnappte sich ihre Tüten und sagte etwas auf Italienisch zu dem Mann, der daraufhin mit der Zunge schnalzte und sie böse ansah.
»Was haben Sie ihm erzählt?«
»Dass Sie entweder Pyromanin oder aber eine Taschendiebin sind. Die beiden Wörter bringe ich immer durcheinander.«
»Sie sind kein bisschen lustig.« Allerdings hätte sie sich bei jedem anderen darüber schief gelacht. »Warum verfolgen Sie mich? Sicher würden sich sogar hier Dutzende von Frauen über Ihre Gesellschaft freuen.« Ein eleganter Mann, der in der Tür des Fotoladens stand, gaffte sie mit großen Augen an.
»Ich verfolge Sie nicht. Mir ist lediglich langweilig, und Sie sind die beste Unterhaltung, die es hier in Casalleone gibt. Für den Fall, dass es Ihnen bisher noch nicht aufgefallen ist, scheinen die Leute Sie nicht sonderlich zu mögen.«
»Ich habe es bereits bemerkt.«
»Das liegt daran, dass Sie so gemein aussehen.«
»Ich sehe nicht gemein aus. Sie blocken halt gegenüber Fremden.«
»Und doch sehen Sie ein bisschen gemein aus.«
»Ich an Ihrer Stelle würde Einsicht in die Mietunterlagen des Bauernhauses verlangen.«
»Das ist genau das, womit ich mich in meinen Ferien am liebsten abgebe.«
»Etwas geht hier vor sich, und ich denke, ich kann Ihnen auch sagen, was.«
»Jetzt fühle ich mich schon viel besser.«
»Wollen Sie es hören oder nicht?«
»Ich glaube, lieber nicht.«
»Ihr Bauernhaus ist doch angeblich von mir angemietet worden, oder?«
»Ja, ich denke schon.«
»Tja, wenn Sie Nachforschungen anstellen, werden Sie merken, dass das nicht den Tatsachen entspricht.«
»Und Sie brennen sicher darauf, mir den Grund zu verraten.«
»Weil Marta das Haus als ihr Eigentum ansieht und es mit niemandem teilen möchte.«
»Die Schwester des toten Paolo?«
Isabel nickte. »In kleinen Städtchen wie diesem halten die Menschen gegenüber Fremden zusammen. Die Leute wissen, was Marta empfindet, und versuchen sie zu schützen.«
»Ihre Verschwörungstheorie hat einen großen Fehler. Wenn Marta das Haus nicht würde vermieten wollen, wie kommt es dann, dass Sie -«
»Da ist halt irgendjemandem ein Fehler unterlaufen.«
»Also gut, ich werde Marta vor die Tür setzen. Oder bringe ich sie besser gleich um?«
»Wagen Sie ja nicht, sie hinauszuwerfen, auch wenn ich sie nicht mag. Und fangen Sie auch nicht an, Miete von ihr
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