Vorsicht, frisch verliebt
mehrere Marktbesucher drehten sich verwundert zu ihr um.
Sie hatte einen Todeswunsch. Das war die einzige Erklärung. Aber was nützte es zu tun, als wäre nichts geschehen? Der Zwischenfall heute hatte ihr bewiesen, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sie einem Verlangen nachgab, das ihr Leben sicher vollends aus den Fugen geraten ließe. Außer ...
Außer sie wäre sich über das Ziel des Ganzen klar. Dieses Mal würde sie ihren Körper feiern. Einzig ihren Körper. Sie würde ihren Geist, ihr Herz und vor allem ihre Seele sorgfältig vor ihrem Sexualpartner verbergen. Nicht, dass das allzu schwierig werden würde, denn schließlich hatte Ren bisher nicht das mindeste Interesse an dem kleinsten Teil ihrer Persönlichkeit gezeigt. Was für ein gefährlicher Bursche. Er lockte die Frauen in die Falle, um sie sorgfältig in ihre Einzelteile zu zerlegen. Und sie gab ihm freiwillig in ihrem Leben Raum!
Weil sie sich immer noch unsicher fühlte, schaute sie ihn böse an. »Hast du rein zufällig stets Augenklappen und solche Sachen in der Tasche, oder klaust du sie Menschen, die sie wirklich brauchen?«
»He, sobald der Kerl am Boden lag, habe ich ihm seinen weißen Stock zurückgegeben.«
»Du bist krank.« Doch ihr Zorn verrauchte.
»Sieh dir all die tollen Lebensmittel an.« Er betrachtete die Stände. »Ich esse heute Abend ganz bestimmt mit niemandem, der Briggs heißt. Also lasse ich dich für mich kochen.«
»Das würde ich ja gerne tun, nur war ich so damit beschäftigt, mein Unternehmen aufzubauen, dass mir keine Zeit blieb, um je kochen zu lernen.« Sie sah sich um und merkte, dass Vittorio und Giulia verschwunden waren.
»Ich glaube, ich habe mich verhört. Gibt es tatsächlich was, was du nicht kannst?«
»Sogar jede Menge. Zum Beispiel habe ich nicht die geringste Ahnung davon, wie man jemandem die Augäpfel rausschneidet.«
»Okay, diese Runde geht an dich.« Er nahm ihr die Blumen aus der Hand und schnupperte versonnen an dem Strauß. »Tut mir Leid, dass wir vorhin unterbrochen worden sind. Wirklich. Massimo wollte mir berichten, wie weit die Trauben sind, und mich, obwohl er genau weiß, dass ich von diesen Dingen keinen blassen Schimmer habe, fragen, wann wir sie am besten ernten. Außerdem hat er vorgeschlagen, dieses Jahr endlich mal wieder die vendemmia zu feiern.«
»Was ist denn das?«
»Die Ernte. Sie fängt in ungefähr zwei Wochen an. Der genaue Zeitpunkt hängt vom Wetter ab, vom Stand des Mondes, vom Gesang der Vögel und von ein paar anderen Dingen, die ich vergessen habe. Bei der Ernte helfen regelmäßig alle mit.«
»Klingt ziemlich lustig.«
»Klingt nach Arbeit, also nach etwas, was ich lieber vermeide. Du hingegen meldest dich bestimmt freiwillig für die Organisation des Ganzen, auch wenn du von der Traubenernte nicht das Geringste verstehst.«
»Ich habe ein gewisses Talent für solche Dinge.«
Er schnaubte und wandte sich an eine alte Frau, die Auberginen anzubieten hatte. Nachdem der Kauf abgeschlossen war, suchte er weitere Gemüsesorten, reife Birnen, ein knorriges Stück Pecorino und einen knusprigen Laib toskanischen Brots an den anderen Ständen aus.
Mit dem Fleischkauf ging ein langes Gespräch mit dem Schlachter und mit dessen Frau über die Vor- und Nachteile der diversen Zubereitungsarten einher.
»Kannst du wirklich kochen, oder tust du nur so?«, fragte Isabel am Ende.
»Ich bin Italiener. Natürlich kann ich kochen.« Er führte sie vom Stand des Schlachters fort. »Und heute Abend werde ich es dir beweisen.«
»Du bist nur zur Hälfte Italiener. Der Rest ist ein reicher Filmstar, der, umgeben von lauter Bediensteten, an der Ostküste der Vereinigten Staaten aufgewachsen ist.«
»Mit einer Großmutter aus Lucca, die keine Enkeltochter hatte, an die sie die Tradition hätte weitergeben können.«
»Deine Großmutter hat dir das Kochen beigebracht?«
»Sie wollte mich beschäftigen, damit ich keins der bei ihr angestellten Mädchen schwängere.«
»Du bist nicht halb so verdorben, wie du mich glauben machen möchtest.«
Er bedachte sie mit seinem anziehendsten Lächeln. »Baby, du hast bisher nur meine gute Seite kennen gelernt.«
»Hör auf.«
»Der Kuss hat dich echt in Panik geraten lassen, oder?«
»Allerdings.«
Es störte sie, dass er darüber lachte, weshalb sie ihm Michaels Worte ins Gesicht warf. »In Bezug auf Sex bin ich eindeutig schizophren. Manchmal bin ich richtig in Stimmung, und manchmal kann ich es gar nicht
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