Vorsicht - Mensch!
mißtrauisch.
»Wollen Sie ihm dieses Pferd geben?« fragte er. »Ich würde davon abraten.«
»Nein«, sagte Kyle. »Er wird den Wallach reiten.«
»Ich fürchte nur, daß er den Schimmel will, wenn er ihn sieht«, sagte Montlaven.
»Er kann ihn nicht reiten«, sagte Kyle. »Selbst wenn ich ihn ließe, könnte er diesen Hengst nicht reiten. Ich bin der einzige, den das Biest aufsitzen läßt.«
Der Hauslehrer drehte um und stieß das Tor auf, dann ging er voran in den grasbewachsenen Hof. In der Mitte war ein Schwimmbecken, und die Fenster des dreiflügeligen Forsthauses öffneten sich groß und breit auf dieses abgeschlossene Geviert. Von außen unscheinbar, gab der Gebäudekomplex sich zum Hof hin als das zu erkennen, was er war: ein feudales Jagdschloß, in dem wohl ein ganzer Hofstaat sein Unterkommen finden konnte. Kyle blieb keine Zeit, sich umzusehen, denn der bärtige Prinzenerzieher führte ihn zu einem großgewachsenen jungen Mann von vielleicht zwanzig Jahren, der am Rand des Schwimmbeckens auf einer Liege aus weichem Schaumgummi ruhte. Neben ihm lagen zwei vollgestopfte Satteltaschen im Gras. Er sprang auf, als Kyle und der Hauslehrer zu ihm kamen, schüttelte seine blonde Mähne zurück und lachte.
»Majestät«, sagte Montlaven, »dies ist Kyle Annan, euer Leibwächter für die folgenden drei Tage.«
»Guten Morgen, Leibwächter Kyle, meine ich«, sagte der Prinz lachend. »Sitz ab, damit ich aufsteigen kann.«
»Ihr werdet den Grauen reiten, Herr«, sagte Kyle.
Der Prinz starrte ihn an, dann warf er seinen hübschen Kopf zurück und lachte.
»Ich kann reiten. Mann!« sagte er. »Ich reite gut.«
»Nicht dieses Pferd, Herr«, sagte Kyle leidenschaftslos. »Niemand außer mir reitet dieses Pferd.«
Das Lachen erstarb, die Augen blitzten. Dann kehrte das Lachen wieder.
»Was kann ich machen?« die breiten Schultern hoben sich.
»Ich gebe nach – immer gebe ich nach. Das heißt, fast immer.« Er grinste zu Kyle auf. »Also, von mir aus.«
Er trat auf den Wallach zu, und war mit einem plötzlichen Satz im Sattel. Das Tier schnaubte und bäumte sich vor Schreck auf; dann beruhigte es sich rasch, als die langen Finger des jungen Mannes in die Zügel griffen und die andere Hand den grauen Hals klopfte. Der Prinz zog seine Brauen hoch und blickte zu Kyle hinüber, aber Kyle saß unbewegt da.
»Ich nehme an, du bist bewaffnet, guter Kyle?« sagte der Prinz. »Du wirst mich gegen die Eingeborenen schützen, wenn sie wild werden?«
»Euer Leben ist in meinen Händen, Herr«, sagte Kyle. Er knöpfte seine Lederjacke auf und zeigte die Pistole vor. Dann verschloß er die Jacke wieder.
»Will.« Der Hauslehrer legte seine Hand auf das Knie des jungen Mannes. »Sei nicht leichtsinnig Junge. Dies ist die Erde, und die Leute hier wissen nichts von unserem Rangsystem und unseren Bräuchen. Denk nach, bevor du ...«
»Ah, hör schon auf, Monty!« unterbrach der Prinz. »Ich werde genauso unauffällig und bescheiden, so archaisch und unabhängig sein wie die Einheimischen. Glaubst du, ich hätte von deinen Lektionen nichts behalten? Außerdem ist es nur für drei Tage oder so, bis mein Vater kommt; dann hat der Spaß sowieso ein Ende. Nun laß mich gehen.«
Er wendete das Pferd, gab ihm plötzlich die Sporen und jagte zum Tor hinaus. Kyle zog scharf an den Zügeln, als der weiße Hengst tänzelte und zu folgen versuchte.
»Geben Sie mir seine Sattelsachen«, sagte Kyle.
Der Hauslehrer bückte sich und reichte sie herauf, und Kyle machte sie über seinen eigenen fest. Als er damit fertig war und den anderen ansah, bemerkte er Tränen in den Augen des bärtigen Mannes.
»Er ist ein feiner Junge. Sie werden sehen.« Die stumme Bitte war wieder in Montlavens Augen.
»Ich weiß, aus welcher Familie er kommt«, sagte Kyle zögernd. »Ich kenne meine Verantwortung. Ich werde mein Bestes für ihn tun.« Und er nickte dem Mann zu und ritt zum Tor hinaus dem Wallach nach.
Als er das Tor hinter sich hatte, war der Prinz nirgends zu sehen, aber Kyle hatte keine Schwierigkeiten, der frischen Fährte durch den Wald zu folgen. Schließlich kam er auf einen offenen Wiesenhang, wo der Prinz im Sattel saß und durch einen kleinen Kasten mit einer Linse zum Himmel spähte.
Als Kyle den Hengst neben seinem Schützling zügelte, ließ der Prinz sein Instrument sinken und reichte es wortlos herüber. Kyle setzte es an sein Auge und blickte in die gleiche Himmelsgegend. Der Objektsucher schnurrte, und eine der drei
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