Vorstadtkrokodile
doch keiner.«
Olaf schwang sich auf sein Fahrrad und trat wie ein Rennfahrer in die Pedale. Otto fragte: »Wo ist denn Frank?«
»Habe ich nicht finden können«, log Maria. Sie hatte Frank zwar gesehen, ihm aber nichts davon gesagt, dass sie sich in ihrer Hütte treffen wollten.
»Komisch, vor einer halben Stunde war er noch im Wald«, sagte Rudolf.
»Wenn er schlau ist, dann wird er uns schon finden«, antwortete Maria und ihr war nicht wohl, weil sie die Krokodiler hatte anlügen müssen. Hoffentlich geht alles gut, dachte sie.
Als Olaf nach zehn Minuten tatsächlich mit Pfeilen und Bogen zurückkehrte, fuhren sie zur Ziegelei. Olaf sagte unterwegs: »War doch jemand im Nachbarhaus. Die Alte, die den ganzen Tag am Fenster hängt. Ich glaube, die hat mich gesehen, wie ich auf den Balkon geklettert bin.«
»Macht auch nichts«, sagte Kurt.
An der Steigung hielten sie an und Olaf fragte Kurt erregt: »Also, du glaubst wirklich, dass die heute kommen und das Lager ausräumen?«
»Ich hab so eine Ahnung«, antwortete Kurt.
»Menschenskind, deine Ahnungen möchte ich mal haben«, rief Peter und bohrte in der Nase.
»Und wenn es doch stimmt?«, fragte Hannes. »Könnte doch sein. Oder?«
»Auch wenn sie nicht kommen, was soll’s«, sagte Maria, »dauernd auf dem Fest rumhocken ist auch nichts, ist doch nur was für die alten Herrschaften.«
Am Zaun mussten sie sich erneut eine Öffnung schaffen, durch die sie den Rollstuhl schieben konnten. Das war nicht mehr so schwierig, Kurt hatte ja sein Werkzeug in der Seitentasche des Rollstuhls. Sie brauchten ein paar Minuten, dann hatten sie im Zaun ein so großes Loch, dass sie den Rollstuhl ohne größere Mühe hindurchschieben konnten.
»So eine Idiotie«, sagte Maria, »in ein paar Wochen wird alles abgerissen und da machen die vorher noch alle Löcher dicht.«
Beinahe wäre Kurt umgekippt, weil Peter auf einen großen Ziegelbrocken gefahren war. Im letzten Moment konnte Olaf den Rollstuhl noch auffangen.
»Menschenskind, Kurt, du bist für uns ein Klotz am Bein«, sagte Peter, der sich über sich selber geärgert hatte, weil er so ungeschickt gewesen war.
»Guck dir das an«, sagte Olaf und hielt seiner Schwester seine Hände hin, »hab schon bald keine Fingernägel mehr, alles wegen dem Scheißdraht.«
»Aber Finger hast du noch … stell dich nicht so an, los jetzt«, rief Maria.
In der Trockenhalle und in ihrer Ziegelhütte fanden sie alles unverändert.
»Und jetzt?«, fragte Hannes. »Jetzt stehen wir da wie der Ochs vorm Berg.«
»Warten, nur warten«, beruhigte Kurt.
»Du bist gut«, antwortete Peter, »wie lange sollen wir denn noch warten, verdammt noch mal.«
»Was ist denn los«, rief Kurt, »bei euch muss immer
alles auf Kommando gehen, bei euch muss immer alles gleich passieren … so was wie Geduld kennt ihr überhaupt nicht.«
»Geduld«, fragte Otto, »was ist denn das?«
»Eine Mehlspeise zum Umhängen«, antwortete Maria schlagfertig und alle lachten.
Otto lief auf dem heißen Boden barfuß.
»Um sieben muss ich zu Hause sein«, maulte Peter.
»Was denn«, antwortete Olaf, »aber doch heute nicht beim Waldfest … und Ferien sind auch. Wenn du mit deinen Eltern in Urlaub gefahren wärst, müsstest du auch nicht um sieben zu Hause sein.«
»Wir sind aber nicht in Urlaub gefahren«, widersprach Peter.
Olaf, der seinen Kassettenrecorder am Rahmenbau seines Fahrrads mitführte, brachte ihn in die Hütte. Es war heiß und die Hitze zum Schneiden, sie flimmerte auf dem Hof.
»Zum Trinken haben wir nichts mitgenommen«, sagte Maria.
»Geh doch rüber in den Keller«, antwortete Olaf, »da gibt’s genug, Schnaps und Wein und Bier …«
»Und vom Vater dann ein paar hinter die Ohren, wenn wir nach Hause kommen und nach Alkohol riechen«, erwiderte Maria.
»Stell doch die Musik leiser«, rief Kurt ungeduldig und holte sein Fernglas aus der Seitentasche des Rollstuhls.
Aber weit und breit war nichts zu sehen.
Doch plötzlich machte Kurt Armbewegungen, dass sie
sich alle still verhalten sollten, er hatte jemanden entdeckt, der auf einem Fahrrad den Zaun entlangfuhr. Er sah durch das Glas und sagte: »Es ist Frank.«
Kurt, Maria und Olaf sahen sich betreten an, auch Hannes senkte den Kopf.
»Wenn er bloß zu Hause geblieben wäre«, sagte Kurt leise, aber Peter hatte es doch gehört, er stieß ihn an und fragte: »Was ist denn los? Warum soll Frank denn nicht dabei sein?«
»Erkläre ich dir später«, antwortete Kurt. Und da
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