Vorstadtkrokodile
allein nicht möglich war, Kurt aus den Maschen zu befreien. Da kamen zum Glück die Invaliden vorbei und halfen ihnen Kurt zu befreien.
Ein Invalide sagte: »Ihr müsst besser aufpassen, da kann ja wer weiß was passieren.«
Hannes und Maria vergaßen in der Aufregung, sich bei den alten Männern zu bedanken.
Als sie weiterfuhren, sagte Maria: »So, dem werden wir es heimzahlen … so ein gemeiner Kerl, und so einen wollten wir schützen …«
»Nein, Maria, nicht ihn, Frank wollten wir schützen«, sagte Kurt.
»Jedenfalls kriegt er jetzt seine Abreibung«, rief Maria. Sie fragte: »Milchstraße, bis du stark genug für einen Spaziergang?«
Hannes verstand sofort, was sie vorhatte, und antwortete: »Klar, ich bin immer stark.«
Dann schoben sie Kurt weiter, am Minigolfplatz vorbei,
auf dem sie noch keinen Krokodiler sahen, in den Wald, den Wald hindurch zum Ziegeleigelände, am Ziegeleigelände vorbei in die Wilhelmstraße. Und als Kurt, der auf seine wiederholten Fragen von beiden keine Antwort erhalten hatte, endlich begriff, was ihr Ziel war, sagte er: »Nein, das dürft ihr nicht tun, das ist Frank gegenüber nicht fair.«
»Und was macht Egon mit dir?«, fragte Maria, als sie vor der Polizeiwache angekommen waren.
»Du bist verrückt«, sagte Kurt.
»Nein, ist sie nicht«, antwortete Hannes. »Wäre der Maschendraht nicht gewesen, dann wärst du wieder umgekippt … wie lange willst du dir das eigentlich noch gefallen lassen …«
»Und Frank? Was ist mit Frank?«, fragte Kurt.
Hannes zuckte mit den Schultern.
Maria lief in die Polizeiwache hinein, und kaum war sie drinnen, da kamen auch schon zwei Polizisten heraus, sie nahmen einfach Kurt mitsamt seinem Rollstuhl hoch und trugen ihn ohne ein Wort der Erklärung in die Wachstube. »Vielleicht sollten wir uns doch einmal eine Rampe neben der Treppe anbringen lassen«, sagte einer der Polizisten. Der beleibte Polizist hatte Sonntagsdienst. Er sah die Krokodiler an und sagte: »Na, dann mal los, ich wusste doch, das ihr mich angelogen habt.«
»Wir haben Sie nicht angelogen«, sagte Maria.
»Nein, das habt ihr nicht, nur habt ihr mir nicht alles erzählt, was ihr schon vor acht Tagen gewusst habt. Das kommt dann auf dasselbe heraus.«
Und dann erzählte Maria alles von Anfang an, von ihrer Hütte im Wald, von der Hütte in der Ziegelei, von der Entdeckung des Kellers und ihren späteren Beobachtungen, und dass im Grunde genommen Kurt alles herausgefunden hatte.
Wieder wurde ein Protokoll aufgenommen.
Als Maria fertig war, sagte der beleibte Beamte: »Und ihr habt nichts sagen wollen, weil ihr den Egon nicht anzeigen wolltet?«
»Nein, weil sein Bruder, der Frank, unser Freund ist, deshalb wollten wir nichts sagen.«
»Es wird nicht schwer sein, sie zu überführen. Wir haben Fingerabdrücke bei den Einbrüchen gefunden.«
Dann gab ihm Hannes noch einen Zettel. Der Beamte fragte ihn: »Was ist das?«
»Ich habe mir die Nummer von dem VW-Kastenwagen gemerkt und aufgeschrieben. Das ist das Auto, mit dem sie das Zeug weggeschafft haben.«
»Hast du gut gemacht«, sagte der Beamte, »ihr könnt jetzt nach Hause gehen.«
Am vorletzten Ferientag rückten auf dem alten Ziegeleigelände ein Bagger und ein Bulldozer an und eine fünf Mann starke Abbruchkolonne. Die alten Gebäude wurden abgerissen. Lastwagen, die von dem Bagger beladen wurden, fuhren Schutt und altes Mauerwerk vom Gelände. An einem Hydranten waren Schläuche angeschlossen, aus denen die Arbeiter Wasser in das Mauerwerk spritzten, damit es beim Abbruch nicht so staubte.
Der Bulldozer walzte alles nieder.
Die Invaliden, die den ganzen Tag über nichts anderes zu tun hatten, sahen zu. Auch die Krokodiler. Nur Frank nicht. Seitdem sein Bruder verhaftet worden war, hatte ihm sein Vater den Umgang mit den Krokodilern verboten. Egon und seine beiden Kumpane waren allerdings einen Tag nach ihrer Verhaftung wieder freigelassen worden. Sie waren ja noch Jugendliche. Sie warteten auf ihre Gerichtsverhandlung.
Der Bulldozer riss einen Holzpfeiler der Trockenhalle ein. Der Pfeiler knickte wie ein Streichholz zusammen und zugleich stürzte die lange Trockenhalle ein. Das niederbrechende Dach begrub alles unter sich.
»Jetzt müssen wir uns wieder im Wald eine Hütte bauen«, sagte Olaf.
»Ich will keine Hütte mehr«, erwiderte Maria.
Die anderen schwiegen und sahen den Abbrucharbeiten zu.
»Alles, was wir uns aufbauen, reißen sie wieder ein«, sagte Hannes.
Als der Wind drehte
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