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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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viel jünger aus als Lucky? Oder einfach nur verletzlich, wie seine Mutter sagte? Ein Denker, wie Lucky meinte. Diese Leni war jedenfalls bestens geeignet, ihn zu verletzen. Legte sie es darauf an?
    Theo öffnete das Fenster und sah zum alten Ellerbek, der seinen Korbsessel hervorgeholt hatte und im Garten saß. Ma und Pa warteten jedes Jahr lange damit, bis sie die drei alten Stühle aus weiß lackiertem Schmiedeeisen und den Tisch aus dem Keller in den kleinen Garten trugen. Ihnen schien jede Leichtigkeit schwerzufallen. Ihre bevorzugte Jahreszeit war der Winter, wenn sie die Türen schließen konnten und kein Außenleben von ihnen erwartet wurde.
    Jede Familie hatte ihre Macke. Auch bei Lucky war es nicht nur lustig.
    Luckys Vater war vor ein paar Jahren auf und davon gegangen und lebte irgendwo in Mecklenburg. Lucky war damals zwölf gewesen und Mia erst sieben. Max, der Älteste, machte seitdem nur Ärger. Hatte zwei Ausbildungen abgebrochen und hing auf St. Pauli herum.
    Dennoch atmete Theo auf, wenn er bei Lucky am großen Küchentisch saß, wo alle durcheinandersprachen und gelacht wurde. Lachen. Das geschah in seiner eigenen Familie selten.
    Wer war das Mädchen, das tot im Wald gelegen hatte?
    Sie tat ihm leid. Auch wenn man das Leben skeptisch betrachtete, wie er das tat, durfte es doch für Siebzehnjährige nicht einfach vorbei sein.
    Wie alt war Leni? So wie sie sich aufführte, konnte sie schon jenseits der Achtzehn sein. Zur Schule schien sie nicht mehr zu gehen. Sollte er Lucky ausquetschen? Theo wusste es nicht. Wusste nur, dass da etwas zog in der Herzgegend, wenn er an Leni dachte.

Der Kommissar
    L üttich hatte sich nicht danach gedrängt, Leiter dieser Soko zu werden.
    Er wurde es, weil er einmal eine kurze Zeit lang erfolgreich gewesen war, als es darum ging, den Mord an einer jungen Frau aufzuklären. Das war Jahre her und er hätte lieber die Sonderkommission Cannabis geleitet oder ein paar Bankräuber gejagt.
    Er stand in der Rechtsmedizin der Universitätsklinik und betrachtete den toten Körper, der einmal Sarah gewesen war, mit großer Sorgfalt.
    Keine andere Spur von Gewalt an ihr als die Male am Hals. Abdrücke von Daumen, die fest zugedrückt hatten, um ihr den Tod zu bringen.
    Ihre Fersen waren blutig gewesen, doch stand das in einem anderen Zusammenhang. Sarah hatte sie in den Fellstiefeln wund gelaufen, in denen ihre nackten Füße gesteckt hatten. Fellstiefel an einem der seltenen heißen Tage in dieser Stadt.
    Lüttich hatte keine Kinder. Dafür war er dankbar in diesem Augenblick, als er vor Sarah stand. Wie leicht sie abhandenkommen konnten.
    Dieses weizenblonde Kind, wer war ihm widerfahren?
    Er kehrte in sein Büro zurück und arbeitete sich durch die Aussagen und Beobachtungen, die seine Kollegen in den vergangenen vierundzwanzig Stunden zusammengetragen hatten. Und blieb bei einer Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung hängen. Max Oldelev. Einundzwanzig Jahre alt. Auch schon als Beteiligter an verschiedenen Prügeleien aufgefallen. Lüttich las die Notiz, die seine Kollegin hinzugefügt hatte. Oldelev lebte etwa zehn Minuten Fußweg von dem Wald entfernt. Obwohl diese Nähe gar nichts bedeuten musste. Sarah hatte am anderen Ende der Stadt gelebt. Überall in Hamburg konnte sie ihrem Mörder begegnet sein.
    Doch er würde sich Max Oldelev mal angucken.
    Sonst war die Gegend eher gewaltarm, wenn man von den Einbrüchen absah. Einige schwere Unfälle auf der Bundesstraße nach Kayhude. Ein Kind, das sich unglückselig auf einem Spielplatz mit der Kordel seiner Kapuze an einem Klettergerüst erhängt hatte. Schlägereien. Kaum etwas anderes war aktenkundig geworden. Doch. Beinah hätte er da etwas übersehen. Ein Mann hatte versucht, seine Frau zu erwürgen. Auch die beiden lebten nicht weit vom Wald.
    Seine Kollegin graste Harburg ab, dann würde er das mal mit dem nördlichen Rand von Hamburg tun.
    Lüttich stand auf und zog sein Jackett an, das über der Stuhllehne hing.
    Viel zu warm, das Tweedjackett. Der Sommer hielt sich schon ganze zwei Tage. Vielleicht sollte er mal seinen leichten Anzug lüften, ehe das gute Wetter vorbei war. Warum nur hatte Sarah Fellstiefel angehabt, um sich darin die Fersen blutig zu laufen?

Du meine Seele
    S eine Mutter war gestern Abend mit verweinten Augen aus der Kirche gekommen. Theo hatte noch in der Küche gesessen und es gesehen.
    »Sitzt er vor dem Fernseher?«, hatte sie gefragt, und ihr Ton war nicht freundlich gewesen. Theo nickte.

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