Vorstandssitzung im Paradies
die wir aus einem etwa zwei Kilometer entfernten Flussbett holten. Gekocht schmeckten sie wirklich gut. Salz fehlte allerdings – wir wären bereit gewesen, alles für ein Kilo Salz zu bezahlen.
Eines Tages war ich zum Sammeln von Essbarem, aber auch zum Vergnügen mit unserer Küchenchefin Ingrid am Strand unterwegs. Ingrid war eine dunkel haarige junge Schwedin aus Luleå, sie war sehr nett. Wir plauderten über dies und das, sie erzählte von ihrer Familie daheim in Schweden und ich von der meinen in Finnland. Wir umarmten uns, und weil Ingrid die Spirale hatte, beließen wir es nicht dabei. Es gab keine angenehmere Beschäftigung.
Die Sonne strahlte vom Himmel, aus dem Dschungel waren das Gezwitscher der Vögel und das Geschrei der Affen zu hören, der Wind rauschte im dichten Laubwerk. Wir genossen das Leben, und die Zeit des Hungers unmittelbar nach dem Flugzeugabsturz schwand aus unserem Gedächtnis.
Wir hatten uns ziemlich weit vom Lager entfernt, waren in einer weiten, lagunenähnlichen Bucht gelandet. Der Sandstrand war breit wie ein Baseballplatz und bedeckt mit Spuren von Menschen und Schildkröten. Als Ingrid und ich gerade zum werweißwievielten Male baden wollten, schrie die junge Frau plötzlich auf, dass es mir in den Ohren gellte.
Sie hatte eine Schildkröte gesehen. Bald entdeckte auch ich das Tier.
Es hatte anscheinend vor unserer Ankunft am Rande des Dschungels gelegen und Blätter gefressen, und als es uns gesehen hatte, hatte es sich quer über den Strand zum rettenden Meer aufgemacht.
Die Schildkröte war riesig, sie hatte die Ausmaße eines großen Saunakessels und bewegte sich mit einem für ihre Gattung überraschenden Tempo.
Mich packte das Jagdfieber!
Ich rannte wie ein Berserker hinter ihr her und packte ihren knöchernen Schwanz. Sie machte einen Schwenker und schüttelte meine Hand ab, aber ich war nicht zu bremsen und folgte ihr mit dem gezückten Beil. Sie keuchte unter dem Panzer, der Sand flimmerte mir vor den Augen, als ich ihr mit dem Beil auf den uralten Kopf zu schlagen versuchte.
Plötzlich war das Meer vor mir. Die Schildkröte platschte in dem Moment ins Wasser, da ich ihren Kopf getroffen hatte. Großer Gott, wie das spritzte.
Das arme Tier war jedoch von dem einen Schlag nicht tot, sondern taumelte in dem flachen Wasser vorwärts. Ich schlug ihm immer wieder und wieder auf den Kopf, und während der ganzen Zeit bewegten wir uns ins tiefe Wasser. Bald spürte ich keinen Boden mehr unter den Füßen und musste schwimmen.
Jetzt wäre die Schildkröte entkommen, wenn sie nicht endlich ihren Geist aufgegeben hätte. Ihre Beine hörten auf zu zappeln, und die Wellen trugen uns beide ans Ufer zurück.
Ingrid und ich zogen die Beute mit aller Kraft am Schwanz aus dem Wasser, und als wir dann noch erfolgreich nach dem Beil getaucht waren, das mir bei dem Kampf entglitten war, konnten wir überglücklich feststellen, dass wir eine Schildkröte von mindestens zweihundert Kilo Gewicht gefangen hatten.
Eine tote Schildkröte sieht erbärmlich aus. Ich kam mir vor, als hätte ich meinen Schwiegervater erschlagen, und deshalb bat ich Ingrid, in ihrer Eigenschaft als ausgebildete Krankenschwester das Tier zu schlachten. Sie machte sich sofort an die Arbeit. Sie schlug den Panzer ab, ließ das Blut abfließen und zerteilte dann den Körper, natürlich, nachdem sie zuvor die Innereien entfernt hatte. Ich sah mir die blutige Aktion von weitem an und machte mich dann ins Lager auf, um Fleischträger zu holen.
Gegen Abend war die Last im Lager, und natürlich bereiteten wir sofort ein Schlemmermahl. Es gab reichlich Fleisch für jeden von uns, ja es blieb sogar noch einiges übrig.
Als ich Frau Sigurd ein Stück Schildkrötenfleisch reichte, sah sie mich wütend an und würgte dann ihre Portion hinunter. Es wirkte, als würde sie mich und nicht die Schildkröte essen.
Ich nahm Ingrid beiseite und fragte sie, woher diese herbe Frau eigentlich stammte. Ingrid erzählte, dass Frau Sigurd in der Nähe der norwegischen Grenze, nicht weit von Oslo, zu Hause war, offenbar wohnte sie in Trollhättan oder irgendwo in der Nähe, mehr wusste auch Ingrid nicht von ihr.
Diese Nacht verbrachte ich mit Ingrid. Wir waren gesättigt, und der niederprasselnde Regen störte uns nicht. Zum ersten Mal hatten wir das Gefühl, dass dieser einsame Erdenwinkel nicht nur ein öder, heimtückischer Ort war. Wir badeten nachts in den schaukelnden Wellen, es war herrlich.
12
Ala-Korhonen hatte
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