Vorstandssitzung im Paradies
Hebamme und Vanninen mit einem wichtigen Anliegen zu mir.
»Wie es scheint, müssen wir hier noch mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen ausharren, ehe wir gerettet werden«, sagte die Hebamme. »Doktor Vanninen und ich haben uns gedacht, dass es wohl am klügsten wäre, wenn wir wenigstens den jüngsten Frauen Spiralen einsetzen, da hier im Lager so viele Männer sind.« Die schwarze Hebamme sagte das in völlig sachlichem Ton. Sie wirkte wie eine Mitarbeiterin der kommunalen Für sorge, die eine kinderreiche Mutter vom Nutzen der Verhütung zu überzeugen versucht. Ich stimmte ihr und Vanninen sofort zu.
Wir berieten uns eine Weile und beschlossen, dass wir die Frauen nicht drängen wollten, sich das Ding einsetzen zu lassen, aber den Interessierten wollten wir dazu Gelegenheit geben. Vor Einbruch der Dunkelheit kündigten wir im Lager an, dass am nächsten Tag im Dschungel eine Verhütungsklinik eingerichtet würde, ihre Dienste stünden den Frauen des Lagers für den nächsten Monat frei zur Verfügung. Die Spiralen mussten ja in einer bestimmten Phase des Menstruationszyklus eingesetzt werden, sodass wir mit keinem Massenandrang rechneten.
Wir machten die Frauen noch darauf aufmerksam, dass ungewollte Schwangerschaften unter den gegenwärtigen Bedingungen sicher unangenehm wären, und zurück in der Heimat könnte es dann richtig große Schwierigkeiten geben, denn die meisten von uns hatten dort natürlich Ehepartner oder lebten zumindest in irgendwelchen Beziehungen.
Am nächsten Morgen gingen unsere Ärzte, Vanninen, Olsen und Kristiansen, in den Dschungel, begleitet von der schwarzen Hebamme und beladen mit einer der beiden Spiralenkisten. Auch das Beil und den Dolch nahmen sie mit.
Sie schlugen im Dschungel eine kleine Lichtung frei und errichteten darüber ein Schutzdach, das sie aus dem Stoff der Rettungswesten gefertigt hatten. Dann bauten sie ein provisorisches Bett, das eher wie eine Trage aussah und das an einem Ende Vertiefungen für die Füße hatte, sodass die Patientinnen, wenn sie sich niederlegten, die Beine breit machen mussten. Die zahllosen Bänder der Rettungswesten waren bei diesen Vorbereitungen von unschätzbarem Nutzen – es gab ja keine Seile oder Nägel, mit denen die Ärzte ihre gynäkologischen Vorrichtungen sonst hätten anfertigen können.
Anschließend leerten sie die metallene Werkzeugkiste, füllten sie mit Wasser und hängten sie über das Feuer. Sie kochten das Wasser ab, um es so zu sterilisieren. Dann rissen sie ein paar weitere Rettungswesten in Streifen.
Taylor holte die interessierten Frauen zusammen. Das bereitete keine Probleme, die Frauen hatten ja die ganze Nacht über Zeit gehabt, sich zu entscheiden, und elf von ihnen meldeten sich für den Eingriff. Bei den anderen erlaubte der Menstruationszyklus noch kein Einsetzen der Spirale.
Die Frauen stellten sich am Rande des Dschungels in einer Art Schlange auf. Die Operation ging hinter dem schützenden Laubwerk schnell vonstatten. Nach einer Stunde hatten alle elf Frauen ihre Spirale bekommen.
Frau Sigurd verweigerte sich dem Eingriff und versuchte ihre Mitschwestern ebenfalls auf ihre Seite zu ziehen. Sie sprach mit jeder einzeln, fast den ganzen Morgen, aber der Druck fruchtete nicht viel. Wir Männer registrierten das mit Zufriedenheit.
Während des ganzen Vorgangs trieben wir uns in einiger Entfernung am Strand herum, ungefähr so wie Dorfburschen, die vor der Toilette auf die Mädchen warten, mit denen sie tanzen gehen wollen.
10
Das Einsetzen der Verhütungsspiralen half in keiner Weise gegen den Hunger.
Dank strenger Rationierung hatten wir immer noch europäisches Essen. Wir beschlossen, die Lunchportionen eine Weile aufzusparen – sie waren in Plastik verpackt, sodass sich die Brathähnchen gut hielten. Wir versuchten, uns von den spärlichen Gaben zu ernähren, die uns die Natur bot.
In der zweiten Woche nach der Havarie versanken einige Mitglieder unserer Gruppe in Apathie und waren schnell gereizt, andere ließen ihren Ärger an uns drei Anführern aus. Frau Sigurd schimpfte über jede Kleinigkeit, aber wir waren bereits daran gewöhnt, dass sie mit nichts und niemandem zufrieden war. Doch als die Unzufriedenheit auch alle anderen erfasste, gerieten wir in Sorge.
Es tauchten noch weitere Schwierigkeiten auf. Viele Leute hatten keine Lust zu arbeiten. Wenn wir Gruppen in den Dschungel schicken wollten, fanden sich durch aus nicht immer Freiwillige, nicht einmal durch gutes Zureden. Oft mussten
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