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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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nur knapp tausend Quadratmeter Rodefläche entfallen. Das entspricht etwa der Größe eines Stadtgrundstücks. Bei uns in Birmingham gibt es auch Grundstücke, die noch größer sind.«
    Das stimmte. Wir brauchten auf unseren Plan also nicht zu verzichten.
    Auf jeden Fall würden die Rodungsarbeiten mindestens ein halbes Jahr dauern.
    Aber müssten wir unbedingt in den Dschungel schreiben? Vielleicht kämen wir günstiger weg, wenn wir irgendein anderes Zeichen unserer Not auf den Boden malen würden – ein Kreuz, ein Dreieck, einen Kreis oder einfach nur einen geraden Strich?
    Das war jedoch kein guter Gedanke. Wir sagten uns, dass geometrische Figuren falsch interpretiert werden könnten, man würde sie vermutlich für Startbahnen von Flugplätzen oder Strandpromenaden von künstlichen Seen halten. Es lohnte sich nicht, stellten wir fest.
    Ein Hakenkreuz ließe sich allerdings leicht in den Dschungel roden, und es würde garantiert Aufmerksamkeit erregen. Trotzdem verzichteten wir auf diese Möglichkeit.
    »Man würde uns Bomben auf den Kopf schmeißen«, sagte Keast. Wir gingen ins Lager, um den Plan vorzustellen.

21
    Edward Keast und ich berichteten der schwarzen Hebamme und Vanninen von unserem Projekt. Die beiden waren total begeistert und beeilten sich, das ganze Lager zu informieren.
    Die Idee wurde geradezu jubelnd begrüßt. Die Leute staunten, dass uns ein solcher Gedanke – so unmöglich, aber doch auch wieder ganz vernünftig – in den Kopf gekommen war. Kaum einer zweifelte am Gelingen des Plans. Einige hingegen beklagten, dass sich die Rettung so lange hinauszögern würde – im schlimmsten Falle könnte sogar ein ganzes Jahr vergehen, ehe der Versuch zu einem Ergebnis führen würde.
    Aber in unserer Situation bedeutete der Plan trotzdem das Aufkeimen neuer Hoffnung, und das wirkte sich positiv auf alle aus. Die Stimmung im Lager stieg, die Leute dachten sich Details für den Plan aus, und es war unbestritten, dass er in die Tat umgesetzt werden würde.
    Jetzt, da klar schien, dass wir etwa ein Jahr auf der Insel bleiben würden, wurde die Frage nach einem Regierungssystem aktuell – bisher hatten ja Personen das Zepter in der Hand gehabt, die eher zufällig gewählt worden waren.
    Wir beschlossen, dass es von nun an im Lager alle zwei Wochen eine Mitgliederversammlung geben sollte, auf der jeder Lagerbewohner das Stimmrecht hatte – auch der Indonesier Janne. Die Aufgaben dieser Versammlung sollten die Wahl der Lagerleitung und der Gruppenleiter, die Annahme von Plänen, die Aufrechterhaltung der Ordnung, die Festlegung von Strafen und die Lösung anderer anfallender Probleme sein. Sie sollte das beschlussfassende Organ sein, vor dem sich sowohl die Lagerleitung als auch die einzelnen Kommissionen zu verantworten hätten.
    Wir stellten fest, dass wir solche Kommissionen tatsächlich brauchten. Es kam immer mal wieder zu kleinen Zwischenfällen, bei denen wir einheitliche Richtlinien für die Festlegung der Strafen brauchten – und so beschlossen wir also, ein paar gesetzesähnliche Bestimmungen zu definieren, die dann zu einem Statut zusammengefasst werden konnten. Wir vereinbarten zum Beispiel, dass wir im Lager nur ein bedingtes Recht auf Privateigentum gestatten wollten, damit es keine Anreize zu Eigentumsdelikten geben sollte. Wenn alles gemeinsamer Besitz wäre, dürfte niemand auf die Idee kommen, zu stehlen oder sich auf Kosten anderer eigene Reserven anzulegen.
    Die Erarbeitung des Statuts war ziemlich einfach, dafür reichten wenige Tage, und auf der ersten Mitgliederversammlung wurde es angenommen.
    Das Statut – eine Art Strafgesetzbuch also – beinhaltete das Verbot des Anhäufens von Besitz und die für eine Zuwiderhandlung zu verhängenden Strafen. Wir verzichteten auf die früheren körperlichen Züchtigungen (bisher waren ja männliche Delinquenten ausgepeitscht und weibliche ins Wasser getaucht worden) und entschieden uns für eine disziplinarische Maßnahme in Form der Ausweisung aus dem Lager. Kleinere Vergehen sollten mit verschärftem Arbeitseinsatz bestraft werden, bei größeren Vergehen sollte die betreffende Person für einen oder mehrere Tage aus dem Lager ausgestoßen werden, und die härteste Strafe, zum Beispiel für Mord, wäre die endgültige Vertreibung aus unserer Mitte.
    Auch die Fortbildung musste organisiert werden. Die erste Mitgliederversammlung, die gut einen Monat nach dem Flugzeugunglück und einige Tage nach dem Verkünden des SOS-Planes stattfand,

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