Vorstandssitzung im Paradies
ich.
Vanninen war überzeugt, dass die drei betrunken waren, eine andere Erklärung gab es nicht. Er vermutete, dass sie im Dschungel Schnaps herstellten, und fand, wir müssten das aufklären.
»Geht uns das wirklich etwas an?«, meinte ich zweifelnd. Andererseits war ich durchaus interessiert.
Wir beschlossen aufzupassen: Wenn die Männer das nächste Mal zu ihrem geheimnisvollen Ausflug in den Dschungel aufbrechen würden, wollten wir ihnen folgen.
Schon am nächsten Tag setzten sie sich in Marsch, unmittelbar nachdem sie vom Bäumefällen zurück waren. Sie gingen nach der schweren Arbeit nicht einmal baden, sondern stapften im Gänsemarsch in den Dschungel. Vanninen und ich machten uns an die Verfolgung.
Während die drei über den Pfad wanderten, unterhielten sie sich laut, aber nach etwa einem halben Kilometer verebbte das Gespräch. Die Männer hatten den Pfad verlassen und schlichen durchs Laub. Vanninen und ich verharrten und lauschten den Stimmen der Vögel und Affen – dadurch konnten wir den Weg unserer Opfer ins tiefe Dickicht verfolgen. Wir waren aufgeregt und schämten uns zugleich auch ein bisschen.
Bald waren die missbilligenden Schreie der Affen nur noch von einer bestimmten Stelle zu hören. Wir errieten, dass die Männer Halt gemacht hatten.
Es roch nach Rauch. Wir krochen durch den feuchten Dschungel nahe an die Stelle heran und hörten bald eine leise Unterhaltung, die wir jedoch nicht verstanden. Die Vögel und Affen hatten sich bereits beruhigt, und beim Heranschleichen fürchteten wir, von den Männern entdeckt zu werden. Aber diese Gefahr bestand nicht, die drei wiegten sich in Sicherheit. Bald konnten wir ihre Worte verstehen:
»Heute trinken wir nur jeder einen halben Liter«, sagte Lämsä. Die anderen lachten beifällig.
Bald waren wir so dicht herangekommen, dass wir sehen konnten, was vor sich ging.
Es war eine ganz gewöhnlich aussehende Schnapsbrennerei. Ein Kessel aus Leichtmetall hing über einem Feuer, aus dem grauer, dampfender Rauch aufstieg und nach oben ins dichte Laubwerk der Bäume schwebte. Das Feuer brannte nur kümmerlich, und die Männer knieten sich abwechselnd nieder und bliesen hinein, wobei ihre Augen von dem Rauch tränten.
Das Kühlsystem war pfiffig angelegt. In ausgehöhlter Baumrinde stand Wasser, und dort hinein führte ein Metallrohr, vermutlich ein Kerosinrohr, das sie aus der Tragfläche des Flugzeugs herausgeschlagen hatten. Das blecherne Kochgefäß hatten sie allem Anschein nach mithilfe von Kokosharz oder Ähnlichem zusammengefügt. Als Aufbau diente ein kleineres Gefäß, in dessen Deckel sich ein Holzzapfen, das Reserveventil, befand. Aus den Spalten um den Zapfen sprudelte Dampf. Aus der Baumrindenschale, also dem Kühltrog, ragte am anderen Ende der Produktionskopf des Rohrs, der fauchend Dampf und dazu eine Flüssigkeit ausstieß, bei der es sich eindeutig um Branntwein handelte.
»Ich möchte bloß wissen, wie sie die Schlempe hergestellt haben«, flüsterte mir Vanninen mit deutlicher Neugier in der Stimme zu.
Wir standen auf und traten zu den Männern. Lämsä war gerade dabei, das Auffanggefäß zu wechseln, und er war so verdattert, dass er das volle beinah umgestoßen hätte. Reeves und Lakkonen sahen uns entsetzt an.
Ich fand, dass die Situation haargenau an jene über raschenden Auftritte erinnerte, die die finnischen Landpolizeikomissare seit alters her den Schnapsbrennern in ihren Verstecken zu bieten pflegen.
Ich amüsierte mich und schämte mich zugleich. Schließlich sagte Reeves:
»Kann ich den Herren einen Drink anbieten?« Lämsä hielt uns beflissen zwei gefüllte Kokosbecher hin, und das Angebot erschien sowohl Vanninen als auch mir so unbedenklich und verlockend, dass wir sofort zugriffen.
Wir kosteten vorsichtig. Das Getränk brannte am Gaumen und im Rachen, sein Geschmack erinnerte an Fusel, vielleicht auch ein bisschen an Genever.
Vanninen leerte seinen Becher, wischte sich den Mund und sagte: »Dies ist ganz eindeutig ein destilliertes Alkoholgetränk.«
Die Schnapshersteller nickten eifrig. Es schien, als warteten sie auf weitere Bewertungen. Ich fragte:
»Die wievielte Ladung ist es?«
»Erst die zweite«, erwiderten die Männer rasch. »Vor her haben wir Kokoswein hergestellt, aber davon kriegte man Durchfall, wenn man größere Mengen trank.«
Die Männer erklärten den Herstellungsprozess. Im Dschungel gab es diverse Früchte, die sich für den Zweck eigneten und die sie gären ließen, indem sie
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