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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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raffte weitere mit den Händen. Nur der lange steife Schwanz ragte aus der Öffnung, während sich das kleine Wesen meines Eigentums bemächtigte.
    Ich schloss mit einer schnellen Handbewegung die Sacköffnung. Die Reaktion war gewaltig, ähnlich wie ich es als kleiner Junge auf dem Friedhof von Hietaniemi erlebt hatte. Wir waren in den Fünfzigerjahren einmal mit der Schulklasse dort, um die Heldengräber zu besuchen, und wir hatten Papiertüten mit Mandeln mitgenommen, um die Eichhörnchen zu füttern. Die Eichhörnchen auf dem Friedhof waren ebenfalls neugierig und fast zahm, und so konnten wir sie in der Papiertüte fangen, genauso wie ich es jetzt mit dem armen kleinen Äffchen gemacht hatte. Die Eichhörnchen erschraken und zappelten so furchtbar, dass die Papiertüten bald zerknallten und die Tiere mit flatternden Herzen flüchten konnten. Genauso eine grausame Falle war jetzt dieser Rettungswestensack – er zerriss allerdings nicht, obwohl das Äffchen alles versuchte, um herauszukommen. Es schrie jämmerlich und zappelte so sehr, dass ich beinah vom Baum gefallen wäre.
    Das Äffchen biss mir in seiner Angst durch den Stoff in die Finger, bis sie bluteten, aber ich schaffte es trotzdem, den Sack mit einem Bastband zuzubinden, dann hängte ich ihn mir ans Knie. Das Tier strampelte heftig, sodass mir der Sack mal gegen den Hintern und mal gegen die Wade schlug, außerdem schrie es durchdringend um Hilfe. Ich machte mich auf den Weg nach unten.
    Ich glaubte, dass die Affenjagd mit meinem Sieg geendet hatte und dass die anspruchsvollste Phase der ganzen Operation hinter mir lag.
    Ich irrte mich gewaltig.
    Die Mutter des Kleinen, ein ziemlich großes Affenweibchen, griff mich in dem Moment an, da ich die stabile Astgabel verlassen hatte und an den kleinen Zweigen nach unten klettern wollte. Das Tier stürzte mit weit aufgerissener Schnauze auf mich zu und schrie wütend. Ich erschrak womöglich noch mehr als vorhin meine Beute in dem Moment, als sich der Sack schloss. Ich suchte mir rasch ein paar stabilere Äste und brüllte das Weibchen entsetzt an. Es wich im letzten Augenblick zurück, und so rettete ich wahrscheinlich mein Leben. Ich hatte irgendwo gelesen, dass ein ausgewachsener wütender Affe ohne weiteres einem Mann den Garaus machen kann, besonders, wenn dieser auf dem Baum sitzt und sich nicht schützen kann.
    Ich riss einen vertrockneten Ast ab und schlug damit nach dem angreifenden Weibchen, mit der anderen Hand hielt ich mich so gut ich konnte am Stamm fest, damit ich nicht hinunterfiel und im Dschungel umkam. Das wütende Weibchen biss in den Stock, dass die Holzsplitter nach allen Seiten flogen – ich erschrak über die enorme Kraft ihrer Kiefer.
    Und die Angreiferin war flink! Auch wenn ich nach besten Kräften Gegenwehr leistete, gelang es ihr immer wieder irgendwie zuzubeißen: in meinen Hintern, die Schulter, das Ohr. Blut floss aus meinen Wunden. Ich schlug mit dem Stock um mich wie ein kitzeliger Jüngling, und dabei schrie ich, so laut ich konnte, und natürlich kletterte ich weiter nach unten, so schnell mir das meine anderen Aufgaben irgend erlaubten.
    Das Affenweibchen verfolgte mich bis an den Fuß des Baumes, und erst als ich auf der Erde war – die letzten paar Meter fiel ich –, ließ sie von mir ab. Auf der Erde war ich überlegen, und anscheinend wusste sie das.
    Ich untersuchte meine Wunden. Ich war über und über mit Blut beschmiert, aber die Knochen schienen heil sein. Die Bisse waren nicht sehr tief, aber sie schmerzten. Meine Kleidung war zerfetzt, in meinem Kopf rauschte es, mein Herz flatterte wie das eines alten Mutterschafes, das im Boot übergesetzt wird.
    Ich band den Affensack von meinem Knie los, warf ihn mir über die Schulter und rannte ins Lager. Aus dem zerbissenen Ohr floss mir Blut in die Augen, sodass ich mir immer wieder das Gesicht abwischen musste, damit ich beim Laufen sehen konnte. Die wütenden Schreie der Affenherde blieben hinter mir zurück, und auch im Sack schien es ruhiger zu werden.
    Schließlich traf ich am Strand ein, wo ich mit meinem blutigen Äußeren für allgemeines Entsetzen sorgte.
    Vanninen und die schwarze Hebamme verbanden mich. Maj-Len kam ebenfalls, um meine Wunden zu pflegen, und erst da fiel den Leuten ein zu fragen, was ich denn da in dem blutbeschmierten Sack mit mir trug.
    »Das ist unser neues Haustier«, sagte ich müde. Einen Affen zu fangen, ist gar nicht so leicht.

29
    Dies geschah zu der Zeit, da Frau Sigurd im dritten

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